Der Bundesrat plant eine umfassende Anpassung der Bankengesetzgebung in der Schweiz. Nach der Krise der Credit Suisse sollen systemrelevante Banken höhere Eigenmittel halten und die Befugnisse der Finanzmarktaufsicht FINMA erweitert werden. Diese Vorschläge stossen jedoch auf Widerstand. Balz Stückelberger, Bankenfachmann und FDP-Landrat, äussert Bedenken bezüglich der vorgeschlagenen Massnahmen und warnt vor negativen Folgen für den Finanzplatz Schweiz. Er betont, dass die Ursachen der CS-Krise in Managementfehlern und ungenügender Nutzung bestehender Aufsichtsinstrumente lagen, nicht primär in einer fehlenden Regulierung.
Wichtigste Erkenntnisse
- Die geplante Bankenregulierung des Bundesrats sieht strengere Eigenkapitalvorschriften für systemrelevante Banken und erweiterte FINMA-Kompetenzen vor.
- Balz Stückelberger kritisiert die Massnahmen als überzogen und potenziell schädlich für die Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Finanzplatzes.
- Er fordert eine Regulierung mit Augenmass, die kleine und mittlere Banken entlastet und sich an internationalen Standards orientiert.
- Die Kosten für die UBS könnten sich auf über 20 Milliarden Franken belaufen, was die Bank international benachteiligen würde.
- Die Diskussion über die Regulierung vernachlässigt den Aspekt der Arbeitsplätze, die in der Schweizer Bankenbranche geschaffen werden.
Schweiz im globalen Umfeld
Die Schweiz ist als kleines Land stark von globalen Entwicklungen abhängig. Ihre Wirtschaft ist exportorientiert. Aktuelle geopolitische Spannungen, wirtschaftliche Unsicherheiten und zunehmender Protektionismus sind besorgniserregend. Die US-Zollpolitik stellt derzeit das grösste Problem für die Schweizer Wirtschaft dar.
In dieser Situation ist es wichtig, dass die Schweiz ihre Stärken nutzt. Dazu gehören Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit. Ein wirtschaftsfreundliches Regulierungsumfeld ist entscheidend. Zusätzliche, hausgemachte Belastungen für die Wirtschaft wären schädlich.
Faktencheck
Die Schweiz ist eine der globalisiertesten Volkswirtschaften. Etwa 70% ihres Bruttoinlandprodukts (BIP) hängt direkt oder indirekt vom Aussenhandel ab. Dies macht sie besonders anfällig für internationale Handelskonflikte und geopolitische Veränderungen.
Diskussion um verschärfte Bankenregulierung
Als Reaktion auf die Credit-Suisse-Krise will der Bundesrat die Bankenregulierung verschärfen. Ein Massnahmenpaket wurde vorgelegt. Es enthält zum Beispiel strengere Eigenkapitalvorschriften. Balz Stückelberger versteht die Absicht des Bundesrats. Er betont jedoch, dass bei der Aufarbeitung einer Krise die richtigen Schlüsse gezogen werden müssen. Voreilige Überreaktionen sollten vermieden werden.
Für ihn ist klar: Ein «Fall Credit Suisse» darf sich nicht wiederholen. Die Bank geriet jedoch nicht wegen ungenügender Regulierung in Schwierigkeiten. Ursachen waren grobe Managementfehler. Zudem nutzte die Aufsichtsbehörde ihren Handlungsspielraum nicht aus.
«Die Bank ist nicht wegen ungenügender Regulierung ins Straucheln geraten, sondern wegen grober Managementfehler und weil die Aufsichtsbehörde ihren Handlungsspielraum nicht ausgenutzt hat.»
Hintergrund zur CS-Krise
Die Credit Suisse erlebte im März 2023 eine schwere Krise, die schliesslich zur Übernahme durch die UBS führte. Auslöser waren Vertrauensverlust und Liquiditätsprobleme. Der Bund griff mit Notrecht ein, um eine Systemkrise zu verhindern. Dies führte zu einer intensiven Debatte über die Rolle der Bankenregulierung und der Aufsichtsbehörden.
Sinnvolle Punkte und Kritik
Stückelberger stellt eine verstärkte Regulierung nicht grundsätzlich infrage. Er begrüsst sinnvolle Punkte. Dazu gehört das Senior-Management-Regime. Dieses Regime soll klare Verantwortlichkeiten für Top-Entscheidungsträger festlegen. Bei Fehlverhalten sollen die verantwortlichen Personen identifiziert werden können. Es darf nicht sein, dass eine Bank scheitert und niemand die Verantwortung übernimmt.
Dieses Problem der unklaren Verantwortlichkeiten betrifft hauptsächlich grosse Banken. Daher fordert Stückelberger eine Umsetzung mit Augenmass. Kleine Banken sollen Erleichterungen erhalten. Zwei Drittel der rund 230 Banken in der Schweiz sind KMU. Dort sind Verantwortlichkeiten meist klar. Es ist nicht sinnvoll, diese nicht systemrelevanten Banken mit unnötigen Auflagen zu belasten. Solche Auflagen verursachen nur Kosten und Bürokratie ohne Mehrwert. Er lehnt es ab, dass alle Banken für einen Einzelfall büssen müssen.
Schweizer Bankenlandschaft
Die Schweizer Bankenlandschaft ist vielfältig. Sie umfasst grosse Universalbanken, Kantonalbanken, Regionalbanken und Privatbanken. Viele davon sind kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Eine pauschale Regulierung könnte die Vielfalt und Wettbewerbsfähigkeit dieser kleineren Akteure gefährden.
Kompetenzen der FINMA
Ein weiterer Teil des Regulierungspakets betrifft die Kompetenzen der Aufsichtsbehörde FINMA. Der PUK-Bericht zur CS-Krise hat gezeigt, dass die FINMA ihren Handlungsspielraum und ihr bestehendes Instrumentarium nicht ausgeschöpft hat. Bevor über neue Kompetenzen diskutiert wird, sollte analysiert werden, welche Kompetenzen bisher fehlten.
Neue Kompetenzen auf Vorrat, ohne Bezug zur Credit-Suisse-Krise, lehnt Stückelberger ab. Er plädiert dafür, zuerst die bestehenden Instrumente zu evaluieren und deren Nutzung zu optimieren. Eine Erweiterung der Befugnisse sollte nur erfolgen, wenn ein klarer Bedarf nachgewiesen ist, der direkt aus den Lehren der Krise resultiert.
Die Rolle der FINMA
Die FINMA ist die unabhängige Schweizer Finanzmarktaufsichtsbehörde. Sie schützt Gläubiger, Anleger und Versicherte. Sie sorgt für das Funktionieren der Finanzmärkte. Ihre Aufgaben umfassen die Bewilligung, Überwachung und Durchsetzung von Finanzmarktregeln. Im Rahmen der CS-Krise geriet ihre Rolle jedoch in die Kritik, insbesondere bezüglich der Durchsetzung bestehender Vorschriften.
Eigenkapitalvorschriften für Auslandsbeteiligungen
Ein zentraler Punkt des Regulierungspakets ist die Eigenkapitalunterlegung für Auslandsbeteiligungen. Systemrelevante Banken sollen künftig ihre Auslandsbeteiligungen mit 100 Prozent Eigenkapital unterlegen müssen. Stückelberger hält diese Massnahme für «brandgefährlich».
Diese Vorschrift würde bei der UBS, der letzten global systemrelevanten Grossbank der Schweiz, zu Mehrkosten von über 20 Milliarden Franken führen. Damit wäre die Bank international nicht mehr konkurrenzfähig. Kein anderes Land der Welt kennt derart rigide Eigenkapitalanforderungen. Das gesamte Massnahmenpaket des Bundes würde bedeuten, dass die UBS rund 50 Prozent mehr Eigenkapital halten müsste als ihre globalen Konkurrenten. Dies ist unverhältnismässig.
Die Schweiz sollte sich an internationalen Regulierungsstandards orientieren. Ein Überschiessen über diese Standards hätte fatale Folgen für die einheimischen Banken. Die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Finanzinstitute könnte massiv leiden.
Internationale Standards
Internationale Standards wie Basel III (und dessen Finalisierung) legen globale Mindestanforderungen an die Eigenkapitalausstattung von Banken fest. Ziel ist es, die Stabilität des globalen Finanzsystems zu erhöhen. Nationale Regulierungen können darüber hinausgehen, müssen aber die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Finanzinstitute berücksichtigen.
Gefahren für den Finanzplatz Schweiz
Die Frage nach einem möglichen Wegzug der UBS aus der Schweiz bei Umsetzung der Massnahmen wird gestellt. Stückelberger kann nicht für die UBS sprechen. Er ist aber nahe genug an der Bank, um zu wissen, dass sie alles tun wird, um in der Schweiz zu bleiben. Er erwartet von der Politik, dass sie ihre Verantwortung wahrnimmt. Die Rahmenbedingungen müssen so gesetzt werden, dass eine Diskussion über einen Wegzug überflüssig wird.
Ein Wegzug hätte schwerwiegende Konsequenzen. Stückelberger vermisst in der Diskussion den Aspekt der Arbeitsplätze. Die Banken in der Schweiz bieten über 120'000 attraktive Arbeitsplätze. Jährlich bilden sie mehr als 3'000 Lernende aus. Dafür brauchen sie ein Umfeld, das erfolgreiche Geschäftstätigkeit in der Schweiz ermöglicht.
Der Verband Arbeitgeber Banken warnt davor, dass die Regulierungsvorschläge Arbeitsplätze kosten werden. Diese Bedenken teilen auch die Bankgewerkschaften.
Die Relevanz von Arbeitsplätzen
Die Finanzbranche ist ein wichtiger Arbeitgeber in der Schweiz. Sie trägt erheblich zum Bruttoinlandsprodukt bei. Ein Verlust von Arbeitsplätzen in diesem Sektor hätte weitreichende Auswirkungen auf die Wirtschaft und den Wohlstand des Landes.
Rolle des Verbands Arbeitgeber Banken
Balz Stückelberger ist FDP-Politiker. Das Regulierungspaket stammt von seiner Parteikollegin, Bundesrätin Karin Keller-Sutter. Dies überrascht ihn. Sein Verband, die Arbeitgeber Banken, ist einer der grössten Branchenarbeitgeberverbände der Schweiz. Er vertritt die Interessen der Banken als Arbeitgeber.
Neben der Beratung der Banken ist der Verband vor allem im Hintergrund aktiv. Er tauscht sich mit Behörden, Politik und Gewerkschaften aus. Die Botschaft ist dabei immer die gleiche: «Die Wirtschaft» ist kein abstraktes Gebilde. Dahinter stehen Menschen – Arbeitgeber und Arbeitnehmende. Sie setzen sich gemeinsam für gute Arbeitsplätze ein. So tragen sie zum Wohlstand der Schweiz bei.
Gerichtliche Entscheidung zum CS-Abschreiber
Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass es keine Rechtsgrundlage für den Abschreiber von 16,5 Milliarden Franken gab. Dieser wurde der Credit Suisse 2023 von der FINMA mit Zustimmung des Bundesrats auferlegt. Dabei wurden Hochrisiko-Anleihen der Bank für wertlos erklärt. Dies war eine Bedingung für die Übernahme durch die UBS. Die Gläubiger der CS klagten, da sie schlechter behandelt wurden als die Aktionäre. Sie argumentieren, ein staatlich befohlener Abschreiber sei nur bei einer staatlichen Rettung zulässig. Das Bundesgericht wird das letzte Wort in dieser Frage haben.
Fazit und Ausblick
Die Debatte um die Bankenregulierung in der Schweiz ist komplex. Sie erfordert ein sorgfältiges Abwägen zwischen Stabilität, Wettbewerbsfähigkeit und den Lehren aus der Vergangenheit. Eine überzogene Regulierung könnte den Schweizer Finanzplatz schwächen und Arbeitsplätze gefährden. Eine ausgewogene Lösung, die internationale Standards berücksichtigt und die Besonderheiten der Schweizer Bankenlandschaft würdigt, ist notwendig. Die Politik steht vor der Herausforderung, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, um die Stabilität des Finanzsystems zu gewährleisten, ohne die Wirtschaft unnötig zu belasten.