Die Journalistin Ajita Chowhan hat in Basel eine englischsprachige Nachrichtenplattform namens «Neighbourhood News» ins Leben gerufen. Das Projekt soll der wachsenden internationalen Gemeinschaft helfen, sich im lokalen Alltag zurechtzufinden. Vor einem Jahr verliess Chowhan ihre Stelle beim Agrochemiekonzern Syngenta, um sich vollständig diesem Vorhaben zu widmen, das sie aus eigenen Ersparnissen finanziert.
Die Plattform bietet wöchentlich einen Newsletter, Podcasts und Artikel, die praktische Informationen über das Leben in der Region vermitteln. Ziel ist es, eine Brücke zwischen den zugezogenen Fachkräften und der lokalen Bevölkerung zu bauen und so die Integration zu erleichtern.
Das Wichtigste in Kürze
- Ajita Chowhan, eine ehemalige Syngenta-Mitarbeiterin, gründete die englischsprachige Medienplattform «Neighbourhood News» in Basel.
- Das Angebot richtet sich an Expats und die internationale Gemeinschaft und bietet praktische Alltagstipps und lokale Nachrichten auf Englisch.
- Chowhan finanziert das Projekt, das vor einem Jahr startete, aus eigenen Mitteln, um die Integration von Zugezogenen zu fördern.
- Die Plattform will die Informationslücke für die über 12 % englischsprachigen Einwohner in Basel-Stadt schliessen.
Eine Brücke für die internationale Gemeinschaft
Viele internationale Fachkräfte, die für Konzerne wie Roche oder Novartis nach Basel ziehen, fühlen sich zu Beginn isoliert. Obwohl Englisch in vielen Unternehmen die Arbeitssprache ist, bleiben lokale Nachrichten, politische Entscheide und kulturelle Gepflogenheiten oft eine Hürde. Genau hier setzt Ajita Chowhan mit ihrem Projekt «Neighbourhood News» an.
«Ich möchte die Brücke sein zwischen den Inseln», erklärt Chowhan ihre Motivation. Sie kennt das Gefühl der Entfremdung aus eigener Erfahrung, da sie bereits in Afrika, Asien und Lateinamerika gelebt und gearbeitet hat. Mit ihrer Plattform will sie den Zugezogenen Informationen an die Hand geben, die sie direkt im Alltag nutzen können – «News that people can use», wie sie es nennt.
Wer sind Expats?
Der Begriff «Expat» ist eine Abkürzung für «Expatriate». Er bezeichnet typischerweise eine Fach- oder Führungskraft, die von einem international tätigen Unternehmen für eine befristete Zeit an einen ausländischen Standort entsandt wird. In Basel sind dies oft Mitarbeitende der grossen Pharma- und Chemiekonzerne.
Vom Konzern zur Ein-Frau-Redaktion
Der Schritt in die Selbstständigkeit war für Ajita Chowhan eine bewusste Entscheidung. Nach vier Jahren in Basel und einer Karriere in der Unternehmenskommunikation bei Syngenta, einem Konzern mit rund 60'000 Mitarbeitenden weltweit, kündigte sie ihren Job. Nun betreibt sie «Neighbourhood News» als Ein-Frau-Unternehmen und lebt von ihren Ersparnissen. Ihre Firma «The Glocal Media by Ajita Chowhan» ist seit Februar 2025 im Handelsregister in Riehen (BS) eingetragen.
Chowhan, die einen Master in Massenkommunikation und einen Bachelor in Kreativem Schreiben von der Universität Oxford besitzt, wollte schon immer in den Journalismus zurückkehren. Obwohl sie noch keine genauen Nutzerzahlen nennt, da das Projekt noch jung sei, sieht sie grosses Potenzial. «Ein gutes Zeichen ist, dass wir auch viele lokale Abonnenten haben», sagt sie.
Praktische Hilfe statt nur Schlagzeilen
Der Inhalt von «Neighbourhood News» ist bewusst auf praktische Lebenshilfe ausgerichtet. Der wöchentliche Newsletter, der jeden Donnerstag erscheint, informiert über eine Vielzahl von Themen, die für Neuzugezogene relevant sind.
Dazu gehören Erklärungen zu alltäglichen Dingen wie der korrekten Müllentsorgung mit dem «Bebbisagg» oder die Bedeutung lokaler Feiertage. Aber auch komplexere Themen werden behandelt:
- Lokale Politik: Berichte über wichtige Abstimmungen und politische Entwicklungen in der Stadt.
- Verkehr: Informationen über Änderungen im Tram- und Busverkehr.
- Veranstaltungen: Hinweise auf lokale Ereignisse wie Volksläufe oder Hundemessen.
- Umwelt: Informationen über kantonale Zuschüsse für die private Begrünung von Gärten und Balkonen.
Zusätzlich führt Chowhan Interviews mit wichtigen Persönlichkeiten aus Basel, etwa mit Regierungsratsmitgliedern oder der Leiterin der Kulturabteilung. Diese Gespräche sind als Podcasts verfügbar und bieten Einblicke in die Funktionsweise der Stadt.
Basels internationale Bevölkerung
Laut dem Statistischen Amt des Kantons Basel-Stadt waren im Jahr 2023 gut 12 Prozent der Wohnbevölkerung über 15 Jahren englischsprachig. Eine Studie aus dem Jahr 2011 schätzte die Zahl der Expats in den Kantonen Basel-Stadt und Baselland auf rund 36'000 Personen. Etwa ein Drittel der Bevölkerung in der Region ist zugezogen.
Die Nische in der Basler Medienlandschaft
Angesichts bestehender Expat-Plattformen, offizieller Behördeninformationen und fortschrittlicher Übersetzungsprogramme stellt sich die Frage nach dem Bedarf für ein solches Angebot. Chowhan ist jedoch überzeugt, eine wichtige Lücke zu füllen. «Entscheidend ist der zwischenmenschliche Kontakt», betont sie. Ihre Plattform biete mehr als anonyme Kantonsbroschüren oder touristische Portale.
«Das schafft die Verbindung zur Community und zur Nachbarschaft. Verschiedene Gruppen von Menschen zusammenzubringen, das schafft auch künstliche Intelligenz nicht.»
Sie sieht ihre Arbeit als einen Beitrag zum Zusammenleben in einer Stadt, die sie für ihre Offenheit schätzt. «Das Mindset hier ist, dass alle zusammen sein können», sagt sie über Basel. Mit «Neighbourhood News» möchte sie aus Dankbarkeit etwas an die Gemeinschaft zurückgeben und den interkulturellen Austausch fördern.