Der Abschlussabend der 40. Baloise Session bot ein Programm der Kontraste. Während die amerikanischen Schwestern von Larkin Poe mit energiegeladenem Southern Blues-Rock das Publikum begeisterten, sorgte der irische Sänger Dermot Kennedy mit tiefgründiger Melancholie für Gänsehautmomente. Ein Abend, der die musikalische Bandbreite des Festivals eindrucksvoll unter Beweis stellte.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Schlussabend der 40. Baloise Session stand unter dem Motto «Northern Heart & Southern Blues».
- Larkin Poe, bestehend aus den Schwestern Rebecca Bryant und Megan Seal, lieferten eine energiegeladene Show mit Southern Rock und Blues.
- Dermot Kennedy aus Irland schuf mit seinen emotionalen und schwermütigen Liedern eine intime Atmosphäre.
- Beide Auftritte zeigten trotz ihrer Gegensätzlichkeit höchste musikalische Qualität und Hingabe.
Feuer aus dem Süden: Larkin Poe entfesselt den Blues
Der Abend begann mit einer Welle purer Energie aus den Südstaaten der USA. Die Schwestern Rebecca Bryant (34) und Megan Seal (36), bekannt als Larkin Poe, betraten die Bühne und liessen von der ersten Sekunde an keinen Zweifel daran, was das Publikum erwarten würde: lauter, grooviger und meisterhaft gespielter Gitarrenrock mit tiefen Wurzeln im Blues.
Rebecca, die Leadsängerin, dominierte mit ihrer E-Gitarre und erinnerte an Legenden wie Lynyrd Skynyrd oder The Allman Brothers. Ihre Schwester Megan entlockte ihrer Lap-Steel-Gitarre klagende, aber kraftvolle Töne, die den Sound der Band unverwechselbar machen. Unterstützt von einer präzisen Rhythmusgruppe aus Bass, Keyboard und Schlagzeug, lieferten sie einen Sound, der sowohl modern als auch tief in der Tradition verwurzelt ist.
Musikalische Prägung im Elternhaus
Zwischen den Songs gab Rebecca Bryant Einblicke in ihre musikalische Sozialisation. Obwohl beide Schwestern als Kinder klassischen Geigenunterricht erhielten, war es die Musiksammlung ihres Vaters, die sie nachhaltig prägte. „In unserem Familien-Minivan lief immer Hardrock“, erzählte sie dem Publikum. Diese Einflüsse sind unüberhörbar und erklären die rohe Kraft in ihrer Musik, die sich auch in Titeln wie „AC/DC“ und einer Hommage an Ozzy Osbourne manifestiert.
Frauenpower auf und hinter der Bühne
Ein besonders persönlicher Moment entstand, als Rebecca über ihre neue Rolle als Mutter sprach. Sie ist erst diesen Sommer zum ersten Mal Mutter geworden. Um die Europatournee dennoch bestreiten zu können, reist ihre eigene Mutter mit und kümmert sich um das Baby, während die Töchter auf der Bühne stehen. „Das ist echte Frauenpower“, betonte sie stolz und lebte diese auf der Bühne eindrucksvoll aus.
Mitten im Set wechselten Larkin Poe zu einem akustischen Teil, der eine andere Facette ihres Könnens zeigte. Mit Banjos und Kontrabass schufen sie eine Atmosphäre, die an traditionelle amerikanische Folk-Musik erinnerte und einen willkommenen Kontrast zum sonst so lauten Programm bot.
Melancholie aus dem Norden: Dermot Kennedys Seelenklang
Nach der energiegeladenen Darbietung von Larkin Poe änderte sich die Stimmung im Saal grundlegend. Der Ire Dermot Kennedy (33) betrat die Bühne und mit ihm eine spürbare Schwere und Nachdenklichkeit. Seine Musik ist das genaue Gegenteil des zuvor Gehörten: leise, getragen und von einer tiefen Emotionalität durchdrungen.
Kennedys Lieder handeln von den grossen Themen des Lebens: Liebeskummer, Herzschmerz und die Suche nach dem eigenen Platz in der Welt. Er wirkte dabei ebenso authentisch wie die Schwestern vor ihm, nur auf eine völlig andere Weise. Seine Performance war keine laute Show, sondern ein intimer Einblick in seine Gefühlswelt. Er leidet an der Welt, am Leben und manchmal auch am eigenen Erfolg, und er verwandelt diesen Schmerz in ergreifende Musik.
Autobiografische Texte
In seinem Song „Let Me In“ aus dem Jahr 2025 verarbeitet Kennedy stark autobiografische Erlebnisse. Zeilen wie „Dieses Leben ist ein wenig zu viel für mich“ oder „zeig mir den Weg zur Tür“ verdeutlichen das Bedürfnis nach einem Rückzugsort, einem Raum, an dem man glücklich sein kann. Diese verletzliche Offenheit schuf eine starke Verbindung zum Publikum.
Ein Abschluss, der unter die Haut ging
Obwohl Kennedy grösstenteils auf elektronisch verstärkte Instrumente verzichtete, setzte sein Bassist Kieran Jones gelegentlich gezielt Synthesizer-Klänge und elektronische Beats ein, was den modernen Charakter seiner Folksongs unterstrich. Ein besonderes musikalisches Detail des Abends war die Anwesenheit des Basler Pianisten Benjamin Leuenberger in Kennedys Band – eine lokale Verbindung, die auf positives Echo stiess.
Der absolute Höhepunkt und Abschluss seines Auftritts war die Interpretation des irischen Traditionals „Carrickfergus“. Mit noch mehr Gefühl und einer atemberaubenden stimmlichen Präsenz sang Kennedy dieses herzzerreissende Lied und hinterliess ein tief berührtes Publikum. Es war ein Moment purer Emotion, der noch lange nachklang.
Ein würdiges Jubiläum findet seinen Abschluss
Der letzte Abend war der perfekte Abschluss für die 40. Ausgabe der Baloise Session. Die bewusste Gegenüberstellung von „Northern Heart & Southern Blues“ zeigte die Vielfalt und Qualität, die das Festival seit Jahrzehnten auszeichnet. Beatrice Stirnimann, CEO der Baloise Session, zog eine positive Bilanz.
„Es war ein Fest der Emotionen. Die Jubiläumsedition ist ein Meilenstein, der nur dank der Treue und Begeisterung unseres Publikums sowie der grosszügigen Unterstützung unserer Sponsoren und Gönnerinnen und Gönner möglich wurde.“
Stirnimann betonte, dass das Festival, das 1986 klein begann, heute ein Ort sei, „an dem Herzen im Takt schlagen und magic Moments entstehen, die bleiben.“ Der letzte Abend war der beste Beweis dafür.





