Ein Forschungsteam am Departement Physik der Universität Basel hat einen prestigeträchtigen Synergy Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC) erhalten. Die Fördersumme von rund 11,5 Millionen Euro unterstützt ein internationales Projekt, das die Entwicklung von leistungsfähigeren Quantencomputern vorantreiben soll. Davon fliessen etwa 2,5 Millionen Euro direkt nach Basel.
Das Projekt mit dem Namen PHOQUS zielt darauf ab, eine grundlegende Hürde in der Quantentechnologie zu überwinden: die Skalierbarkeit. In Zusammenarbeit mit Partnern in Bochum und Kopenhagen wollen die Basler Physiker eine neue Generation von Recheneinheiten entwickeln, die auf miteinander verschränkten Lichtteilchen, sogenannten Photonen, basieren.
Die Grenzen heutiger Quantentechnologie
Quantencomputer versprechen, komplexe Probleme zu lösen, die für klassische Computer unerreichbar sind. Eine Schlüsselrolle spielen dabei Photonen. Diese Lichtteilchen können als Quantenbits, kurz Qubits, dienen – die grundlegenden Informationseinheiten eines Quantencomputers. Zudem eignen sie sich ideal für die abhörsichere Übertragung von Informationen über grosse Distanzen in der Quantenkommunikation.
Bisherige Ansätze stossen jedoch an ihre Grenzen. Meist werden einzelne Photonen in spezielle Chips eingespeist. „Dieser Ansatz stösst jedoch auf erhebliche Hürden, wenn statt weniger viele Qubits verwendet werden sollen“, erklärt Professor Dr. Richard J. Warburton vom Departement Physik der Universität Basel. Mit steigender Anzahl der Qubits wachsen die Anforderungen an die Hardware exponentiell, was die Entwicklung grosser, leistungsfähiger Quantencomputer erschwert.
Was ist Quantenverschränkung?
Die Quantenverschränkung ist ein Phänomen, bei dem zwei oder mehr Teilchen auf eine Weise miteinander verbunden sind, dass der Zustand eines Teilchens sofort den Zustand des anderen beeinflusst, egal wie weit sie voneinander entfernt sind. Albert Einstein nannte dies „spukhafte Fernwirkung“. In der Quanteninformatik ermöglicht die Verschränkung die Durchführung komplexer paralleler Berechnungen.
Genau hier setzt das PHOQUS-Projekt an. Anstatt auf einzelne, unabhängige Photonen zu setzen, will das internationale Team sogenannte photonische Ressourcenzustände schaffen. Dabei handelt es sich um ein Netzwerk von mindestens drei Photonen, die miteinander verschränkt sind. Ein solcher Verbund agiert als eine einzige, leistungsfähige Recheneinheit und soll die Skalierungsprobleme umgehen.
Ein europäisches Team für eine globale Herausforderung
Der Erfolg des Projekts hängt von der engen Zusammenarbeit dreier spezialisierter Forschungsgruppen ab. Der interdisziplinäre Ansatz vereint führende Expertise aus der Materialwissenschaft, Halbleiterphysik, Quantenoptik und Quanteninformationstheorie.
Die Aufgabenverteilung innerhalb des Konsortiums ist klar definiert:
- Ruhr-Universität Bochum: Das deutsche Team ist für die Entwicklung der Hardware-Grundlage zuständig. Sie stellen nanoskalige Halbleiter her, sogenannte Quantenpunkte, die als Quelle für die verschränkten Photonen dienen.
- Universität Basel: Die Gruppe um Professor Warburton wird diese neuartigen Quantenpunkte testen und erste Prototypen von Geräten bauen, die die Ressourcenzustände erzeugen können. Basel bildet somit die Brücke zwischen Materialentwicklung und Anwendung.
- Universität Kopenhagen: Die dänischen Partner werden die in Basel entwickelten Prototypen weiter optimieren und die theoretischen Grundlagen für die präzise Steuerung der komplexen Quantenzustände schaffen.
Diese Synergie ist der Kern des Projekts. Nur durch die Kombination dieser unterschiedlichen Fähigkeiten kann die komplexe Herausforderung bewältigt werden, eine stabile und skalierbare Quelle für verschränkte Photonen zu schaffen, die mit bestehenden Chip-Technologien kompatibel ist.
Zahlen und Fakten zum PHOQUS-Projekt
- Fördermittel Gesamt: ca. 11,5 Millionen Euro
- Anteil für Universität Basel: ca. 2,5 Millionen Euro
- Förderprogramm: ERC Synergy Grant im Rahmen von „Horizon Europe“
- Partner: Universität Basel (Schweiz), Ruhr-Universität Bochum (Deutschland), Universität Kopenhagen (Dänemark)
- Technologie: Quantenpunkte zur Erzeugung verschränkter Photonen
Der Weg zu sicherer Kommunikation und schnelleren Computern
Sollte das PHOQUS-Team seine Ziele erreichen, könnten die Ergebnisse die Quantentechnologie revolutionieren. Eine effiziente Methode zur Erzeugung von verschränkten Photonengittern wäre ein entscheidender Baustein für mehrere Zukunftsfelder.
Im Bereich des Quantencomputings würde eine verbesserte Skalierbarkeit den Bau von Computern mit Tausenden oder gar Millionen von Qubits ermöglichen. Solche Maschinen könnten die Entwicklung neuer Medikamente beschleunigen, komplexe Klimamodelle berechnen oder die Finanzmärkte optimieren.
Auch die Quantenkommunikation würde profitieren. Die Übertragung von Informationen mittels verschränkter Photonen ist von Natur aus abhörsicher. Jede Messung durch einen Dritten würde den Zustand der Teilchen verändern und sofort bemerkt werden. Eine skalierbare Quelle für solche Zustände ist der Schlüssel zur Realisierung eines globalen, sicheren Quanteninternets.
„Die Verbesserung der Skalierbarkeit von photonischen Quantentechnologien ist ein Schlüsselfaktor für die weitere Entwicklung der Quantenkommunikation und des Quantencomputings“, heisst es in der Projektbeschreibung.
Das Projekt adressiert direkt das Problem, wie sich diese komplexen Ressourcenzustände nicht nur effizient erzeugen, sondern auch direkt in photonische Chips einspeisen lassen. Dieser Schritt ist entscheidend für die praktische Anwendung.
Stärkung des Forschungsstandorts Basel
Die Vergabe des hochdotierten ERC Synergy Grants ist nicht nur ein Erfolg für das Forschungsteam, sondern auch eine wichtige Anerkennung für die Universität Basel. Sie unterstreicht die führende Rolle der Stadt in der Quantenphysik und festigt ihren Ruf als Exzellenzzentrum in der europäischen Forschungslandschaft.
Die Investition von 2,5 Millionen Euro in den Basler Teil des Projekts wird die lokale Infrastruktur stärken und es ermöglichen, talentierte Nachwuchsforscher anzuziehen. Langfristig sichert die Teilnahme an solch wegweisenden Projekten die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz in einem der wichtigsten Technologiefelder des 21. Jahrhunderts.





