Die umfassende Sanierung des Neuweilerplatzes in Basel führt zu erheblichen Beeinträchtigungen für die dort ansässigen Geschäfte. Besonders kleinere Betriebe sehen sich mit sinkenden Umsätzen und erschwertem Zugang konfrontiert, was ihre Existenz gefährden kann.
Wichtige Punkte
- Die Neuweilerplatz-Sanierung dauert voraussichtlich ein Jahr.
- Geschäfte am Platz berichten von deutlichen Umsatzeinbussen.
- Ein Tabaklädeli verzeichnet einen Umsatzrückgang von bis zu 66 Prozent.
- Eine parlamentarische Motion fordert einen Entschädigungsfonds für betroffene Kleinunternehmen.
- Grössere Geschäfte mit Stammkundschaft sind weniger stark betroffen.
Umfassende Bauarbeiten am Neuweilerplatz
Seit Juni laufen am Neuweilerplatz in Basel umfangreiche Bauarbeiten. Ziel ist eine Totalsanierung des Platzes. Erneuert werden dabei die Tramgleise und Haltestellen sowie die in die Jahre gekommenen unterirdischen Leitungen. Auch die Oberfläche des Platzes wird komplett neu gestaltet. Zusätzlich erhalten mehrere Liegenschaften einen Anschluss an das Fernwärmenetz.
Die Arbeiten sind auf eine Dauer von etwa einem Jahr angesetzt. Diese Grossprojekt verändert das Erscheinungsbild und die Zugänglichkeit des Neuweilerplatzes erheblich. Die Baustelle prägt den Alltag der Anwohner und Geschäftsinhaber.
Fakten zur Baustelle
- Dauer: Rund 1 Jahr (seit Juni 2024)
- Umfang: Erneuerung von Tramgleisen, Haltestellen, unterirdischen Leitungen und Platzoberfläche.
- Zusätzlich: Anschluss von Liegenschaften an das Fernwärmenetz.
Verkehrsführung und Zugänglichkeit
Die Baustelle hat massive Auswirkungen auf den Verkehr. Der Kreisel am Neuweilerplatz ist bis Jahresende nur in Fahrtrichtung Allschwil befahrbar. Der Verkehr aus Allschwil sowie von und nach Binningen und via Holeestrasse wird grossräumig umgeleitet. Auch die Buslinie 36 ist betroffen; ihre Haltestellen am Platz wurden aufgehoben und durch provisorische Stopps an der General-Guisan-Strasse und am Laupenring ersetzt.
Das 8er-Tram verkehrt derzeit noch ohne Einschränkungen. Im Januar 2026 ist jedoch der Ersatz der Tramgleise geplant. Dies wird den Betrieb des 8er-Trams für voraussichtlich drei Wochen unterbrechen. Ein Busersatzdienst soll während dieser Zeit die Verbindung sicherstellen.
Hintergrundinformationen
Das Bau- und Verkehrsdepartement (BVD) teilte im Vorfeld mit, dass der Zugang zu den Geschäften während der Bauarbeiten gewährleistet sei. Die Realität vor Ort zeigt jedoch, dass die Situation für viele Kunden und Lieferanten komplexer ist als erwartet.
Existenzielle Sorgen für kleinere Geschäfte
Ein Vierteljahr nach Baubeginn zeigen sich die Auswirkungen deutlich. Besonders das traditionelle Tabaklädeli an der Neubadstrasse 149 leidet unter der Situation. Ladenbesitzerin Leyla Aydemir drückt ihre Frustration mit Plakaten aus, die Slogans wie «Heute im Angebot: Staub und Lärm» oder «Ohne kleine Läden stirbt das Quartier» tragen.
«Wenn es so weitergeht, muss ich zumachen», erklärt Leyla Aydemir vom Tabaklädeli. «Um durchzukommen, brauche ich einen Umsatz von rund 3000 Franken pro Tag. Im Augenblick sind es oft nur noch 1000 Franken.»
Dieser massive Umsatzrückgang von etwa 66 Prozent ist existenzbedrohend. Aydemir berichtet, dass viele ältere Kunden Schwierigkeiten haben, den Platz zu überqueren und sich in den Absperrungen zurechtzufinden. Obwohl ihr Kundenstamm aus Allschwil und Oberwil ihr Treue zugesichert hatte, blieben viele aus.
Umsatzeinbussen
- Tabaklädeli: Umsatzrückgang von 3000 CHF auf 1000 CHF pro Tag.
- Prozentual: Etwa 66% weniger Umsatz.
Forderung nach Entschädigung
Leyla Aydemir wurde schriftlich mitgeteilt, dass sie kein Recht auf Entschädigung habe. Das Tiefbauamt beruft sich auf eine «entschädigungslose Duldungspflicht». Es gibt jedoch Ausnahmen, etwa bei einer Immissionsdauer von länger als sechs Monaten mit aussergewöhnlich hohen Belastungen. Ob diese auf den Fall zutreffen, ist unklar.
Eine parlamentarische Motion von LDP-Grossrat Alex Ebi, die von 30 Grossrätinnen und Grossräten aller Parteien unterzeichnet und am 15. Oktober eingereicht wurde, fordert die Einführung eines Entschädigungsfonds für baustellengeplagte Kleinunternehmen. Aktuell müssen für eine Entschädigung eine mindestens sechs Monate andauernde, direkte und ununterbrochene Beeinträchtigung sowie ein Umsatzrückgang von 20 bis 30 Prozent nachgewiesen werden.
«Diese Hürden sind zu hoch. Auch eine Baustelle, welche Kundenkontakte erschwert, die weniger lang als sechs Monate dauert, kann die Existenz eines Betriebs gefährden», so Alex Ebi in der Motion.
Ebi betont, dass wirtschaftliche Folgen auch durch Erschwernisse für Zulieferer, verlorene Sichtbarkeit, Änderungen der Passantenwege und ausbleibende Laufkundschaft entstehen. Ein staatlicher Fonds könnte hier schnelle Abhilfe schaffen.
Unterschiedliche Auswirkungen auf Geschäfte
Nicht alle Geschäfte am Neuweilerplatz sind gleichermassen betroffen. Frank Augenoptik, direkt neben dem Tabaklädeli, spürt die Auswirkungen weniger stark. Augenoptikermeisterin Pamela Frank berichtet von nur unwesentlich weniger Kunden.
«Wir haben generell wenig Laufkundschaft, sondern viele Stammkunden. Diese finden auch unter erschwerten Bedingungen den Weg zu uns», erklärt Pamela Frank.
Für ältere Kunden sei der Weg über den Platz zwar schwierig, und Parkmöglichkeiten für Autofahrer seien weggefallen. Frank Augenoptik verweist diese Kunden jedoch an ihr Optikgeschäft Schneider am Spalenring. Dies zeigt, dass eine starke Stammkundschaft und alternative Standorte die Auswirkungen abfedern können.
Anpassungsstrategien der Geschäfte
Die Buchhandlung Olymp & Hades, gegenüber dem Tabaklädeli, trotzt den Beeinträchtigungen erfolgreich. Inhaberin Yvonne Peyer berichtet, die Situation sei nicht so dramatisch wie erwartet. Der schon vor der Baustelle existierende Lieferdienst habe sich bewährt, ebenso wie ein monatlicher Brunch für die Kundschaft.
Ein wichtiger Faktor ist der freie Zugang zum Laden. «Der Grossteil der Bauarbeiten findet auf der anderen Strassenseite statt», so Peyer. Sie ist auch am Conceptstore Wonderland beteiligt, der auf der stärker betroffenen Seite liegt, und dort bemerkt sie einen Umsatzrückgang.
Peyer lobt die Freundlichkeit der Bauarbeiter und des Kroo-Verkehrsdienstes, die älteren Kunden helfen, sich auf dem Platz zurechtzufinden. Dennoch sei die geringere Frequenz durch die verlegte Haltestelle der Buslinie 36 spürbar.
Sicht des Quartiervereins
Der Neutrale Quartierverein Neubad (NQVN) sieht die Bauarbeiten als notwendig an. Präsident Christoph Wydler betont die Wichtigkeit der Fernwärme, der Anpassungen für Behinderte und der besseren Trottoirs.
«Dass diese für grosse Nachteile sorgen, war klar», so NQVN-Präsident Christoph Wydler. Er kritisiert jedoch die späte Information an die Geschäfte.
Ob eine Aufteilung in mehrere Etappen besser gewesen wäre, bezweifelt Wydler. Er meint, die Beeinträchtigungen hätten insgesamt wohl länger gedauert. Der Verein unterstützt die Notwendigkeit der Massnahmen, fordert aber eine bessere Kommunikation und Unterstützung für die betroffenen Betriebe.
Wichtigkeit der Sanierung
- Modernisierung: Fernwärmeanschluss für Liegenschaften.
- Barrierefreiheit: Anpassungen für Menschen mit Behinderungen.
- Infrastruktur: Erneuerung von Leitungen und Trottoirs.
Die Sanierung des Neuweilerplatzes ist ein komplexes Projekt mit weitreichenden Folgen für die lokale Wirtschaft. Während die langfristigen Vorteile der Infrastrukturverbesserung unbestreitbar sind, stellt die aktuelle Phase eine grosse Belastung für viele Geschäftsinhaber dar. Die Diskussion um Entschädigungen und Unterstützungsmassnahmen bleibt daher weiterhin aktuell.