Die Schweizer Pharmaindustrie, eine tragende Säule der nationalen Wirtschaft, verzeichnet eine zunehmende Verlagerung von Investitionen ins Ausland. Trotz ihrer entscheidenden Rolle für das Wirtschaftswachstum und den Arbeitsmarkt der Schweiz, zeigen aktuelle Zahlen, dass große Investitionsprojekte vermehrt außerhalb des Landes realisiert werden.
Diese Entwicklung wirft Fragen zur zukünftigen Wettbewerbsfähigkeit und zur Attraktivität des Standorts Schweiz für pharmazeutische Großprojekte auf. Insbesondere die Verschiebung von Netto-Investitionen in Milliardenhöhe stellt eine signifikante Veränderung dar, die langfristige Auswirkungen haben könnte.
Wichtige Erkenntnisse
- Die Pharmaindustrie ist der größte Exportsektor der Schweiz.
- Sie ist für 40 Prozent des Wirtschaftswachstums der letzten zehn Jahre verantwortlich.
- Über 250.000 Menschen sind direkt oder indirekt in der Branche beschäftigt.
- Jährliche F&E-Investitionen übersteigen 9,6 Milliarden Franken.
- Zwischen 2018 und 2023 flossen netto 560 Milliarden Franken an Investitionen ins Ausland ab.
Die Pharmaindustrie als Wirtschaftsmotor der Schweiz
Die Pharmaindustrie spielt eine zentrale Rolle für die Schweizer Wirtschaft. Sie ist nicht nur die größte Exportbranche des Landes, sondern auch ein bedeutender Arbeitgeber. Mehr als eine Viertelmillion Menschen sind direkt oder indirekt in diesem Sektor beschäftigt.
In den letzten zehn Jahren war die Pharmabranche für rund 40 Prozent des gesamten Wirtschaftswachstums in der Schweiz verantwortlich. Dies unterstreicht ihre herausragende Bedeutung für die nationale Ökonomie.
Faktencheck: Pharma-Wertschöpfung
Im Jahr 2024 erwirtschaftete die Pharmaindustrie laut Angaben des Branchenverbands Interpharma direkt 5,8 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP). Unter Einbezug von Zulieferern und Dienstleistungen erreichte der Wertschöpfungsanteil sogar 9,8 Prozent, was einem Betrag von 74,5 Milliarden Franken entspricht.
Wertvolle Arbeitsplätze und hohe Produktivität
Die Wertschöpfung pro Pharma-Arbeitsplatz war im Jahr 2022 besonders hoch. Sie lag bei über 900.000 Franken. Dieser Wert ist fünfmal höher als der Durchschnitt aller anderen Jobs in der übrigen Wirtschaft. Dies zeigt die hohe Produktivität und den Wert, den jeder Arbeitsplatz in der Pharmabranche generiert.
Mit Exporten im Umfang von 114,5 Milliarden Franken trug die Pharmabranche zudem 40,5 Prozent zu den Gesamtausfuhren des Landes bei. Damit war sie die wichtigste Exportindustrie der Schweiz.
USA als Schlüsselmarkt und Achillesferse
Ein Großteil des Handelsüberschusses der Schweizer Pharmabranche, etwa die Hälfte, entfällt auf die Vereinigten Staaten von Amerika. Konzerne wie Roche und Novartis tragen damit maßgeblich zum Schweizer Handelsbilanzüberschuss mit den USA bei.
Dieser Überschuss führte zuletzt zu Strafzöllen von 39 Prozent. Raiffeisen-Chefökonom Fredy Hasenmaile urteilte jüngst, die USA seien damit gleichzeitig
„Schlüsselmarkt und Achillesferse“für die Schweizer Pharmaindustrie. Diese Abhängigkeit birgt Risiken, bietet aber auch große Chancen.
Hohe Investitionen in Forschung und Entwicklung
Für den Arbeitsmarkt spielen die Pharmafirmen ebenfalls eine zentrale Rolle. Rund 50.600 Personen waren direkt in der Pharma beschäftigt. Weitere 250.200 Stellen entstanden in anderen Branchen entlang der Wertschöpfungskette.
Die Interpharma-Mitgliedsfirmen investieren jährlich über 9,6 Milliarden Schweizer Franken in Forschung und Entwicklung (F&E) in der Schweiz. Dieser Betrag ist fast doppelt so hoch wie der Umsatz, den sie in der Schweiz generieren. Über 12.000 Forscher sind in diesem Bereich tätig.
Standorte und Entwicklung
Pharma-Angestellte sind an mehr als 50 Standorten in der ganzen Schweiz tätig. Diese Standorte umfassen Forschung und Entwicklung, Produktion und Vertrieb. Neben dem Pharma-Hotspot Basel sind auch die Regionen Genfersee, Zug und Zürich wichtige Pharmastandorte.
Seit Mitte der 1990er-Jahre, dem Beginn des Aufstiegs der Branche, ist die Zahl der Beschäftigten um mehr als 30.000 Personen gestiegen. Im Gegensatz dazu kam es in der restlichen Industrie im gleichen Zeitraum zu einem Jobabbau von 13.700 Personen.
Verlagerung von Investitionen ins Ausland
Trotz der bisherigen Erfolge und hohen Investitionen in F&E in der Schweiz ist in den letzten Jahren ein Trend zur Verlagerung von Investitionen festzustellen. Das Beschäftigungswachstum blieb aus.
Große Investitionsprojekte werden zunehmend im Ausland realisiert. Zwischen 2018 und 2023 flossen laut Interpharma netto 560 Milliarden Franken an Investitionen aus der Schweiz ab. Diese Entwicklung ist signifikant und deutet auf eine Veränderung in der globalen Investitionsstrategie der Pharmakonzerne hin.
Die Gründe für diese Verlagerung sind vielfältig und könnten unter anderem höhere Produktionskosten, regulatorische Rahmenbedingungen oder die Nähe zu neuen Wachstumsmärkten umfassen. Die Schweizer Regierung und die Branchenverbände beobachten diese Entwicklung genau, um die Attraktivität des Standorts Schweiz langfristig zu sichern.
Die Investitionsentscheidungen großer Pharmaunternehmen haben weitreichende Konsequenzen für die Wirtschaft, den Arbeitsmarkt und die Forschungslandschaft der Schweiz. Es bleibt abzuwarten, wie sich dieser Trend in den kommenden Jahren fortsetzen wird und welche Maßnahmen ergriffen werden, um die Wettbewerbsfähigkeit des Landes zu erhalten.