Der Verein Starke Schule beider Basel hat zwei neue Volksinitiativen lanciert, die das Bildungssystem im Kanton grundlegend verändern könnten. Eine Initiative zielt darauf ab, den Fremdsprachenunterricht neu zu organisieren und das Frühfranzösisch abzuschaffen. Die zweite fordert ein flächendeckendes Verbot von persönlichen digitalen Geräten an Primarschulen.
Die Vorschläge, angeführt vom pensionierten Lehrer und ehemaligen Landrat Jürg Wiedemann, sollen die Belastung für Primarschüler reduzieren und den Fokus wieder stärker auf Kernfächer wie Deutsch und Mathematik legen. Die Unterschriftensammlung für beide Begehren soll in Kürze beginnen.
Das Wichtigste in Kürze
- Fremdsprachen-Initiative: Englisch soll erst ab der 5. Klasse und Französisch erst in der Sekundarschule unterrichtet werden.
- Digitalisierungs-Initiative: Persönliche Handys, Tablets und Laptops sollen an Primarschulen verboten werden.
- Begründung: Die Initianten argumentieren, dass zwei Fremdsprachen viele Kinder überfordern und die exzessive Bildschirmzeit die Lernfähigkeit beeinträchtigt.
- Initiant: Hinter den Vorschlägen steht der Verein Starke Schule beider Basel unter der Leitung von Jürg Wiedemann.
Weniger Fremdsprachen für stärkere Grundkompetenzen
Die erste Initiative befasst sich mit dem Fremdsprachenunterricht an den basellandschaftlichen Primarschulen. Geht es nach dem Willen der Initianten, soll das bisherige Modell angepasst werden. Konkret fordert der Verein, dass Englisch erst ab der fünften Klasse unterrichtet wird. Der Französischunterricht soll komplett aus der Primarschule verschwinden und erst in der Sekundarstufe beginnen.
Jürg Wiedemann, die treibende Kraft hinter dem Verein, begründet diesen Schritt mit der Überforderung vieler Schüler. „Zwei Fremdsprachen sind für viele Kinder in der Primarschule einfach zu viel“, erklärte er gegenüber den Medien. Die dadurch gewonnene Zeit solle stattdessen in die Stärkung der Grundkompetenzen in Deutsch und Mathematik investiert werden.
Das umstrittene Frühfranzösisch
Im Zentrum der Kritik steht das sogenannte Frühfranzösisch, dessen Nutzen in den letzten Jahren schweizweit immer wieder infrage gestellt wurde. Wiedemann vertritt eine klare Haltung: „Das Konzept ist gescheitert.“ Seiner Ansicht nach bringt der frühe Beginn des Französischunterrichts nicht die erhofften Ergebnisse und schafft unnötigen Druck.
Nationale Debatte um Sprachenunterricht
Die Forderung aus Baselland ist Teil einer grösseren, nationalen Diskussion. In mehreren Deutschschweizer Kantonen gibt es Bestrebungen, das Fremdsprachenkonzept zu überarbeiten. Demgegenüber steht die Position des Bundesrates. SP-Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider hat angedeutet, dass sie die Kantone verpflichten könnte, eine zweite Landessprache bereits auf Primarstufe zu unterrichten. Der Ausgang dieses politischen Tauziehens ist noch offen.
Trotz der unklaren Rechtslage auf Bundesebene will die Starke Schule nun Fakten schaffen und den Druck auf die Politik erhöhen. Die Initianten sind zuversichtlich, dass sie mit ihrem Anliegen auf breite Zustimmung in der Bevölkerung stossen werden.
Digitale Geräte sollen aus den Schulzimmern verschwinden
Die zweite Initiative richtet sich gegen die fortschreitende Digitalisierung in den Klassenzimmern der Jüngsten. Sie fordert ein Verbot für persönliche digitale Geräte wie Handys, Tablets oder Laptops an den Primarschulen des Kantons. Ziel ist es, eine flächendeckende und einheitliche Regelung zu schaffen.
„Heute beträgt die Bildschirmzeit vieler Jugendlicher sechs bis zehn Stunden pro Tag. Die Schule sollte nicht zusätzlich dazu beitragen.“ - Jürg Wiedemann, Starke Schule beider Basel
Wiedemann argumentiert, dass die Schule für kleine Kinder „kein IT-Arbeitsplatz“ sein dürfe. Er verweist auf Studien, die belegen, dass analoges Lernen, also das Arbeiten mit Büchern, Stift und Papier, nachhaltiger sei und die kognitive Entwicklung besser fördere.
Zunehmende Bildschirmzeit bei Kindern
Laut verschiedenen Studien hat die durchschnittliche Bildschirmzeit bei Kindern und Jugendlichen in den letzten Jahren stark zugenommen. Experten warnen vor möglichen negativen Folgen wie Konzentrationsschwierigkeiten, Haltungsschäden und einer Abnahme der sozialen Interaktion. Einige Primarschulen im Kanton Baselland haben bereits auf eigene Faust Handyverbote eingeführt.
Ein moderater Ansatz
Obwohl die Forderung nach einem Verbot streng klingt, betont Wiedemann den moderaten Ansatz der Initiative. So soll ein eingeschränkter und pädagogisch begleiteter Einsatz von schuleigenen Laptops oder Tablets ab der fünften Klasse weiterhin möglich sein. Das Hauptziel sei es, die ständige Ablenkung durch private Geräte zu unterbinden und einen bewussteren Umgang mit digitalen Medien zu fördern.
Politisches Timing und Reaktionen
Die Lancierung der beiden Initiativen fällt mitten in den Wahlkampf um die Nachfolge in der Baselbieter Bildungsdirektion. Wiedemann stellt jedoch klar, dass der Zeitpunkt nicht als politisches Druckmittel oder „Drohung“ gegen bestimmte Kandidaten zu verstehen sei.
Nach eigenen Angaben hat er alle drei Kandidierenden – Caroline Mall (SVP), Markus Eigenmann (FDP) und Sabine Bucher (GLP) – im Vorfeld über die Anliegen informiert. Die Reaktionen seien positiv gewesen. „Alle drei haben durchaus Sympathien dafür gezeigt“, so Wiedemann. Dies deutet darauf hin, dass die Themen im politischen Diskurs des Kantons bereits verankert sind und auf offene Ohren stossen könnten.
Mit den beiden Volksbegehren meldet sich der Verein Starke Schule beider Basel nach mehreren Jahren wieder mit einem markanten politischen Vorstoss zurück und sorgt dafür, dass die Bildungspolitik im Kanton Baselland auch in den kommenden Monaten ein zentrales Thema bleiben wird.