Im Kanton Basel-Landschaft sorgt ein neues Design der Wahlunterlagen für erhebliche Kritik und Verunsicherung. Für die bevorstehende Nachwahl des Regierungsrates am 30. November erhalten die Stimmberechtigten einen Wahlzettel, auf dem die Namen der Kandidierenden fehlen. Stattdessen verweist ein QR-Code auf eine Webseite mit den entsprechenden Informationen.
Dieser Schritt, der als Modernisierung gedacht war, stösst bei politischen Parteien und in der Bevölkerung auf breites Unverständnis. Kritiker befürchten, dass die Hürde zur Teilnahme an der Wahl unnötig erhöht wird und insbesondere ältere oder digital weniger versierte Bürgerinnen und Bürger benachteiligt werden könnten.
Das Wichtigste in Kürze
- Für die Regierungsrats-Nachwahl am 30. November im Kanton Basellandschaft werden Wahlzettel ohne Kandidatennamen versendet.
- Ein QR-Code auf den Unterlagen führt zu den Informationen über die Kandidierenden.
- Das neue Vorgehen hat eine Welle der Kritik ausgelöst, da es als undemokratisch und bürgerunfreundlich empfunden wird.
- Besonders die Zugänglichkeit für ältere und digital unerfahrene Personen wird in Frage gestellt.
Ein QR-Code statt Namen: Ein umstrittener Entscheid
Die Entscheidung der Landeskanzlei, bei der wichtigen Nachwahl für einen Sitz in der Kantonsregierung auf gedruckte Namen zu verzichten, markiert einen Bruch mit der bisherigen Praxis. Die Stimmberechtigten müssen nun aktiv werden: Entweder scannen sie den QR-Code mit ihrem Smartphone oder sie suchen die Informationen auf der offiziellen Webseite des Kantons. Alternativ bleibt die Möglichkeit, den Namen des gewünschten Kandidaten von Hand auf den leeren Zettel zu schreiben.
Die Behörden begründen den Schritt mit Effizienz und der Anpassung an digitale Gewohnheiten. Doch dieser Ansatz wird von vielen als realitätsfern kritisiert. Die Sorge ist gross, dass die Wahlbeteiligung unter diesem Vorgehen leiden könnte. Ein politischer Prozess, der auf maximale Zugänglichkeit angewiesen ist, dürfe keine digitalen Hürden aufbauen, so der Tenor aus verschiedenen politischen Lagern.
Hintergrund der Nachwahl
Die Nachwahl am 30. November ist notwendig geworden, um einen freien Sitz im fünfköpfigen Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft neu zu besetzen. Solche Wahlen sind oft von grosser politischer Bedeutung, da sie die Mehrheitsverhältnisse in der Exekutive verschieben können. Eine niedrige Wahlbeteiligung oder eine hohe Anzahl ungültiger Stimmen aufgrund von Verwirrung könnten das Ergebnis massgeblich beeinflussen.
Kritik aus Politik und Gesellschaft
Kaum waren die Wahlunterlagen in den Briefkästen, wurden die ersten kritischen Stimmen laut. Vertreter von mehreren Parteien äusserten öffentlich ihr Unverständnis. Sie argumentieren, dass Wahlen so einfach und direkt wie möglich sein müssen. Der Verzicht auf die Namen der Kandidierenden sei ein Rückschritt in Sachen Bürgerfreundlichkeit.
Ein Landrat einer bürgerlichen Partei, der namentlich nicht genannt werden möchte, äusserte sich besorgt: „Wir erschweren den Leuten die Ausübung ihres wichtigsten politischen Rechts.“ Er befürchtet, dass viele Stimmberechtigte, die kein Smartphone besitzen oder unsicher im Umgang mit dem Internet sind, von der Wahl abgehalten werden könnten.
Die Sorge um die ältere Generation
Besonders im Fokus der Kritik steht die potenzielle Benachteiligung älterer Menschen. Für viele von ihnen ist der Umgang mit QR-Codes und Webseiten keine Selbstverständlichkeit. Der traditionelle Wahlzettel mit den Namen der Kandidierenden bot eine klare und verständliche Grundlage für die Stimmabgabe. Der neue, leere Zettel könnte hingegen abschreckend wirken.
„Es ist eine Zumutung, von allen zu erwarten, dass sie erst online recherchieren müssen, um wählen zu können. Demokratie muss barrierefrei sein, und das schliesst auch digitale Barrieren mit ein.“
Diese Aussage einer Vertreterin einer Seniorenorganisation fasst die Bedenken vieler zusammen. Die Forderung nach einer Rückkehr zum bewährten System wird lauter. Man müsse sicherstellen, dass alle Bevölkerungsgruppen gleichermassen am politischen Prozess teilhaben können.
Wahlen in der digitalen Welt
Die Digitalisierung hat viele Bereiche des öffentlichen Lebens verändert. Bei Wahlen und Abstimmungen ist die Schweiz jedoch traditionell zurückhaltend. Projekte zum E-Voting wurden nach Sicherheitsbedenken in mehreren Kantonen gestoppt oder pausiert. Der aktuelle Fall im Baselbiet zeigt, wie schwierig die Balance zwischen Modernisierung und der Gewährleistung eines zugänglichen und sicheren Wahlprozesses ist.
Mögliche Folgen für die Wahl
Die Verwirrung um die neuen Wahlzettel könnte konkrete Auswirkungen auf den Wahlausgang am 30. November haben. Politische Beobachter sehen mehrere Risiken:
- Niedrigere Wahlbeteiligung: Verunsicherte oder frustrierte Bürger könnten darauf verzichten, ihre Stimme abzugeben.
- Anstieg ungültiger Stimmen: Falsch oder unleserlich ausgefüllte Zettel könnten für ungültig erklärt werden. Auch das Eintragen von nicht wählbaren Personen ist eine Möglichkeit.
- Verzerrung des Ergebnisses: Wenn bestimmte Bevölkerungsgruppen (z.B. ältere Menschen) überproportional von der Wahl abgehalten werden, könnte dies das Ergebnis zugunsten von Kandidaten mit einer jüngeren, digital affinen Wählerschaft verschieben.
Die Landeskanzlei hat auf die Kritik reagiert und betont, dass alle notwendigen Informationen öffentlich zugänglich seien. Man verweist auf die offizielle Webseite und die Möglichkeit, sich telefonisch zu informieren. Ob diese Massnahmen ausreichen, um die entstandene Verunsicherung zu beseitigen, wird sich am Wahltag zeigen.
Ein Weckruf für die Behörden?
Der Vorfall im Kanton Basel-Landschaft könnte als Weckruf dienen. Er zeigt deutlich, dass technologische Neuerungen im demokratischen Prozess mit grosser Sorgfalt und unter Einbezug aller Bevölkerungsgruppen eingeführt werden müssen. Was in der Verwaltung als Effizienzsteigerung erscheint, kann beim Bürger als Hindernis ankommen.
Die Diskussion über die leeren Wahlzettel wird wohl auch nach dem 30. November weitergehen. Es steht die grundlegende Frage im Raum, wie Wahlen in Zukunft gestaltet werden sollen, um sowohl modern als auch inklusiv zu sein. Für viele im Baselbiet ist die Antwort klar: Die Namen der Kandidierenden gehören unmissverständlich auf den Wahlzettel.





