Die Sanierung des Mittenza-Gebäudes in Muttenz wird deutlich teurer als ursprünglich geplant. Am Dienstag entscheidet die Gemeindeversammlung über einen zusätzlichen Kredit von 4,7 Millionen Franken. Das Projekt sorgt für erhebliche Diskussionen, da es auch eine Steuererhöhung zur Folge haben könnte.
Die jährlichen Betriebskosten des erneuerten Zentrums werden auf rund 1,3 Millionen Franken geschätzt. Um diese Ausgaben zu decken, stellt der Gemeinderat eine Anhebung des Steuerfusses um 1,5 bis 2 Prozentpunkte in Aussicht. Angesichts eines bereits bestehenden Defizits in der Gemeindekasse wächst der Widerstand.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Gemeindeversammlung in Muttenz stimmt über einen Nachtragskredit von 4,7 Millionen Franken ab.
- Die Gesamtkosten für die Mittenza-Sanierung steigen damit auf über 29 Millionen Franken.
- Zur Deckung der Betriebskosten wird eine Steuererhöhung von bis zu 2 Prozentpunkten erwartet.
- KMU Muttenz hat eine Petition gegen das Projekt gestartet und 600 Unterschriften gesammelt.
Ein Projekt mit wachsenden Kosten
Das Vorhaben zur Sanierung und Umnutzung des Mittenza-Gebäudes, das 1970 erbaut wurde, steht vor einer entscheidenden Hürde. Ursprünglich hatte die Gemeindeversammlung im Juni 2023 einem Kredit von 24,6 Millionen Franken zugestimmt. Die Idee, die verschiedenen Standorte der Musikschule in einem zentralen Gebäude zusammenzuführen und Teile der Verwaltung dort unterzubringen, fand damals breite Unterstützung.
Nach einer detaillierteren Planung stellte sich jedoch heraus, dass die budgetierten Mittel nicht ausreichen. Der nun beantragte Nachtragskredit von 4,7 Millionen Franken ist laut Gemeinderat notwendig, um das Projekt wie vorgesehen umzusetzen.
Hintergrund des Projekts
Die ursprüngliche Idee zur Umnutzung der Mittenza wurde 2020 vom damaligen Gemeinderat Thomi Jourdan (EVP) vorgestellt. Ziel war es, durch die Zentralisierung der Musikschule andere Liegenschaften der Gemeinde zu verkaufen und Synergien zu schaffen. Nach seinem Wechsel in den Baselbieter Regierungsrat übernahm Doris Rutishauser (FDP) das Dossier.
Neues Betriebskonzept für das Erdgeschoss
Ein wesentlicher Punkt der neuen Planung betrifft das Erdgeschoss. Private Betreiber zeigten nur Interesse, wenn die Gemeinde eine vollständige Defizitgarantie übernehmen würde. Dies lehnte der Gemeinderat ab. "Eine solche Garantie konnten wir nicht akzeptieren", erklärte Gemeinderätin Doris Rutishauser gegenüber der Basler Zeitung.
Stattdessen soll nun eine gemeinnützige Trägerschaft den Betrieb von Bistro, Saal und weiteren Räumen für Vereine und Veranstaltungen übernehmen. Diese Trägerschaft wird von der Gemeinde einen Leistungsauftrag und eine Defizitabdeckung erhalten, was als finanziell risikoärmer gilt.
Finanzielle Belastung für die Gemeinde
Die zusätzlichen Kosten sind nicht die einzige Herausforderung für die Gemeinde Muttenz. Die finanzielle Lage ist angespannt. Für das Jahr 2024 weist das Budget ein Defizit von rund sieben Millionen Franken auf. Die geplante Sanierung der Mittenza würde die Finanzen weiter belasten.
Die Zahlen im Überblick
- Ursprünglicher Kredit (2023): 24,6 Millionen CHF
- Nachtragskredit (Antrag): 4,7 Millionen CHF
- Geschätzte Betriebskosten pro Jahr: 1,3 Millionen CHF
- Mögliche Steuererhöhung: 1,5 bis 2 Prozentpunkte
- Defizit der Gemeinde (2024): ca. 7 Millionen CHF
Der Gemeinderat kommuniziert offen, dass die jährlichen Betriebskosten von etwa 1,3 Millionen Franken ohne eine Steuererhöhung nicht zu finanzieren sind. Die angekündigte Anhebung um 1,5 bis 2 Prozentpunkte stösst bei Teilen der Bevölkerung und der lokalen Wirtschaft auf Kritik.
Doris Rutishauser räumte zudem ein, dass möglicherweise weitere finanzielle Mittel aufgrund des allgemeinen Kostendrucks benötigt werden könnten. Diese wären in der Steuererhöhung für den Mittenza-Betrieb noch nicht enthalten.
Widerstand aus der Wirtschaft formiert sich
Angesichts der steigenden Kosten und der drohenden Steuererhöhung hat der Verein KMU Muttenz eine Petition lanciert. Ziel sei es, "ein starkes Signal" gegen das aus ihrer Sicht überdimensionierte Projekt zu setzen.
"Es wurden in den letzten Jahren sicherlich genug Erfahrungen mit der Nutzung des Mittenza-Gebäudes gesammelt. Da liesse sich sicher ein besseres Konzept erarbeiten."
Markus Oberholzer, der Präsident des Vereins, betonte, dass für eine finanziell angeschlagene Gemeinde kostengünstigere Alternativen geprüft werden müssten. Innerhalb von nur drei Wochen sammelte die Petition rund 600 Unterschriften, was den Unmut in der Bevölkerung verdeutlicht.
Kontroverse um die Musikschule
Zusätzliche Brisanz erhielt die Debatte durch eine Äusserung von Gemeinderätin Doris Rutishauser. Sie hatte im Zusammenhang mit dem Projekt von der "teuersten Musikschule der Schweiz" gesprochen. Diese Formulierung sorgte für Verärgerung, insbesondere beim Musikschulrat.
André Bucher vom Musikschulrat wehrte sich gegen diese Darstellung. "Die Gemeindeversammlung hat sich in der Vergangenheit gegen einen Abriss und für die Sanierung des Gebäudes ausgesprochen", erklärte er. Es sei nicht fair, die hohen Kosten nun allein der Musikschule anzulasten. Er stellte klar: "Schliesslich ist die Gemeinde Muttenz auf die Musikschule zugekommen, nicht umgekehrt."
Rutishauser hat ihre Wortwahl inzwischen bedauert. "Ich würde es heute anders sagen", sagte sie. Dennoch hat die Bemerkung die Diskussion weiter angeheizt und die Fronten verhärtet.
Wie geht es weiter?
Der Zeitplan für das Projekt sieht einen Baubeginn Mitte 2026 vor, der Bezug der neuen Räumlichkeiten ist für Ende 2028 geplant. Ob dieser Zeitplan eingehalten werden kann, hängt massgeblich vom Ausgang der Abstimmung am Dienstagabend ab.
Die Gemeindeversammlung wird ironischerweise im Mittenza-Gebäude selbst stattfinden. Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger von Muttenz müssen entscheiden, ob sie die Mehrkosten und die damit verbundene finanzielle Belastung tragen wollen oder ob das Grossprojekt neu überdacht werden muss.