Seit Oktober 2023 führt die deutsche Bundespolizei systematische Kontrollen in der Tramlinie 8 durch, die von Basel nach Weil am Rhein führt. Diese Massnahme zielt darauf ab, die illegale Migration einzudämmen. Die Kontrollen beeinflussen auch Schweizer Einkaufstouristen, die sich jedoch zunehmend an die Situation gewöhnt haben. Die Zahlen zeigen einen Rückgang der illegalen Grenzübertritte im Jahr 2024, wobei die genauen Ursachen noch unklar sind.
Wichtige Erkenntnisse
- Deutschland kontrolliert seit Oktober 2023 systematisch die Grenze zur Schweiz, insbesondere die Tramlinie 8.
- Die Zahl illegaler Grenzübertritte sank im Jahr 2024 um 28 Prozent.
- Einkaufstouristen aus Basel akzeptieren die Ausweiskontrollen weitgehend.
- Die Bundespolizei arbeitet mit Lagebildern, um verdächtige Personen zu identifizieren.
- Die BVB sieht sich durch die Kontrollen mit Herausforderungen beim Fahrplan konfrontiert.
Verstärkte Grenzkontrollen: Ein Überblick
Die deutsche Bundespolizei hat ihre Präsenz an der Grenze zur Schweiz seit dem Sommer 2022 verstärkt. Seit dem 16. Oktober 2023 werden die Grenzkontrollen systematisch durchgeführt. Diese Massnahme betrifft insbesondere die Tramlinie 8, die Basel mit Weil am Rhein verbindet. Beamte fordern Passagiere, darunter viele Einkaufstouristen aus der Schweiz, zur Ausweiskontrolle auf.
Die Einführung dieser Kontrollen basiert auf der Begründung, dass eine Gefahr für die innere Sicherheit Deutschlands besteht. Dies ist im Rahmen des Schengen-Abkommens erlaubt. Berlin begründet die fortlaufende Verlängerung der Massnahme mit der gestiegenen illegalen Migration, hauptsächlich durch junge Männer.
Faktencheck: Rückgang der illegalen Einreisen
- Im Jahr 2024 sank die Zahl der illegalen Grenzübertritte um beachtliche 28 Prozent.
- Vor der Verschärfung der Kontrollen stieg die Zahl der unerlaubten Einreisen von Asylsuchenden von etwa 200 bis 300 Personen pro Monat auf über 2000.
Der Hotspot Tramlinie 8
Die Tramlinie 8 hat sich als bevorzugter Weg für Migranten erwiesen, um die Grenze zu überqueren. Polizeihauptkommissarin Katharina Kessler, die seit 2004 bei der deutschen Bundespolizei arbeitet, erklärt:
„Die Endstation des Trams liegt nicht weit weg vom Polizeirevier Weil am Rhein. Zu Beginn klingelten die Migranten beim Polizeirevier, um sich anzumelden, in der Hoffnung aufgenommen zu werden.“
Kessler verfügt über langjährige Erfahrung mit Grenzkontrollen, auch aus der Zeit vor der Einführung von Schengen im Jahr 2008. Die Kontrollen wurden verschärft, als die Anzahl unerlaubter Einreisen sprunghaft anstieg. Ob der Rückgang der unerlaubten Einreisen in den letzten Jahren direkt mit den Grenzkontrollen zusammenhängt, ist jedoch nicht eindeutig belegbar.
Reaktionen der Passagiere und Herausforderungen für die BVB
Anfängliches Murren unter den Schweizer Einkaufstouristen hat sich gelegt. Viele haben sich an die regelmässigen Ausweiskontrollen gewöhnt. Jakob, ein 66-jähriger Pendler, der regelmässig mit der 8er-Tramlinie fährt, erklärt:
„Die Kontrollen stören mich nicht. Es hat bis jetzt praktisch nie länger als fünf Minuten gedauert. Wer nichts zu verbergen hat, hat nichts zu befürchten.“Er zeigt Verständnis für die deutschen Massnahmen.
Auch die 15-jährigen Freundinnen Emilie und Flavia, die oft in Weil am Rhein einkaufen, sehen kein Problem darin, ihren Ausweis zu zeigen. Alexandra, 46, schmunzelt und sagt:
„Die Zöllner machen ja auch nur ihren Job.“Sie betont, dass die Kontrollen auch samstags, wenn die Trams voll sind, relativ schnell ablaufen.
Herausforderungen für die BVB
Für die Basler Verkehrs-Betriebe (BVB) stellen die Grenzkontrollen eine logistische Herausforderung dar. Die BVB führt regelmässige Gespräche mit den zuständigen Schweizer und deutschen Behörden, um die Abläufe zu optimieren. Fahrgäste werden per Durchsage gebeten, ihre Ausweisdokumente bereitzuhalten, um die Kontrollen zu beschleunigen.
Trotz der Massnahmen kommt es immer wieder zu spürbaren Verspätungen. Der Zeitverlust wird zwar in den Aufenthaltszeiten der Kurse in Weil am Rhein eingeplant. Überschreitet eine Kontrolle jedoch sechs Minuten, müssen einzelne Kurse umgeleitet werden, um den Fahrplan wieder einzuholen.
Identifizierung und Bearbeitung von Verdächtigen
Die Bundespolizei nutzt eigene Lagebilder sowie Informationen von nationalen und internationalen Behörden, um potenzielle illegale Einreisen zu erkennen. Polizeihauptkommissarin Kessler erläutert:
„Wir orientieren uns anhand von eigenen Lagebildern sowie denen von anderen in- und ausländischen Behörden.“Dazu gehören Analysen, aus welchen Ländern aktuell viele Migranten versuchen, nach Deutschland zu gelangen.
Praktische Erfahrung zeigt, dass Personen, die ihren Ausweis nicht sofort zeigen, verdächtig wirken können. Passagiere ohne Ausweise werden zunächst in einen der beiden weissen Container beim Zoll in Weil am Rhein gebracht. Anschliessend erfolgt die Überstellung zum Bundespolizeirevier.
Bearbeitungsprozess
- Befragung der Person
- Durchsuchung
- Erkennungsdienstliche Behandlung
Umgang mit abgewiesenen Personen
Entscheidet die Bundespolizei, eine Person nicht aufzunehmen, wird diese den Schweizer Behörden angekündigt. Das Schweizer Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) übernimmt in der Regel jedoch nur unbegleitete Minderjährige sowie Personen mit einem Einreiseverbot für Deutschland. Was mit den anderen abgewiesenen Personen geschieht, ist oft unklar.
Kessler erklärt das Vorgehen:
„Wir bringen sie zurück an den Grenzübergang und dann heisst es: ‚Einmal Richtung Schweiz, bitte‘.“Das BAZG schreibt dazu:
„Wenn die Schweiz einer Übergabe nicht zustimmt, kann sie auch nicht die Verantwortung für die Person übernehmen.“Weder deutsche noch Schweizer Behörden fühlen sich in diesen Fällen zuständig. Auch der gemeinnützige Verein Schwarzer Peter weiss nicht, wo diese Menschen unterkommen.
Ausnahmen und Vorfälle
Widerstand bei den Kontrollen ist laut Kessler selten. Sie erinnert sich an einen Fall, bei dem ein junger Mann ein Tramfenster einschlug, um in Richtung Hafen zu flüchten, wo er schliesslich festgenommen wurde. Dies sei jedoch eine Ausnahme.
Im August 2024 versuchten an einem einzigen Tag 35 Personen unerlaubt nach Deutschland einzureisen. 31 davon stammten aus Syrien. Darunter befanden sich auch mehrere Kinder und Minderjährige im Alter von 1 bis 16 Jahren, wie die Bundespolizeiinspektion Weil am Rhein berichtete.
Wirkung der Grenzkontrollen und europäischer Trend
Die Wirksamkeit der Grenzkontrollen ist umstritten. Die Zahl der illegalen Einreisen nach Deutschland ist im Jahr 2024 stark gesunken. Dieser Trend setzte sich auch im Sommer fort. Die Gründe für diesen Rückgang sind jedoch komplex. Kessler betont:
„Allein an unseren Kontrollen liegt es nicht.“
Europäischer Kontext
Ein Blick in die Statistik der europäischen Grenzschutzagentur Frontex zeigt einen allgemeinen Rückgang irregulärer Grenzübertritte in die EU bzw. den Schengenraum. Im Jahr 2024 sanken diese um knapp 40 Prozent, womit der niedrigste Stand seit 2021 erreicht wurde. Damals war die Migration noch stark von der Covid-Pandemie beeinflusst.
Im ersten Halbjahr 2025 setzte sich dieser Trend fort. Dank eines deutlichen Rückgangs auf den Routen im östlichen Mittelmeer und in Westafrika gingen die irregulären Grenzübertritte um 20 Prozent auf 75.900 zurück.
Ein Besuch der Basel Zeitung bestätigte diesen Trend: Während gut zweier Stunden, in denen Trams die Brücke überquerten, fand die Bundespolizei keinen einzigen Verdächtigen. Dies deutet darauf hin, dass die verstärkten Massnahmen und die allgemeine Entwicklung zu einer Verringerung der illegalen Grenzübertritte beigetragen haben könnten.
Ausblick
Die Grenzkontrollen bleiben ein fester Bestandteil des Alltags für Pendler und Einkaufstouristen zwischen Basel und Weil am Rhein. Trotz der anfänglichen Bedenken haben sich viele an die Situation angepasst. Die Behörden setzen ihre Bemühungen fort, die illegale Migration einzudämmen, während sie gleichzeitig versuchen, den regulären Grenzverkehr so reibungslos wie möglich zu gestalten.
Die Zusammenarbeit zwischen deutschen und Schweizer Behörden ist entscheidend, um die Herausforderungen der Grenzsicherung und der Migrationspolitik zu bewältigen. Die Entwicklung der Zahlen wird weiterhin genau beobachtet, um die Wirksamkeit der Massnahmen zu beurteilen und gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen.