Die Frage nach Basels Zukunft in einer sich wandelnden Welt beschäftigt Wissenschaft, Politik und Bevölkerung. Angesichts globaler Herausforderungen wie der Klimakrise, technologischem Fortschritt und demografischem Wandel suchen viele nach neuen Perspektiven für das urbane Leben. Eine interaktive Ausstellung im Rahmen des Interfinity-Festivals lädt Bürger ein, ihre Visionen einer postapokalyptischen Welt zu teilen.
Wichtige Erkenntnisse
- Die Ausstellung «After the Deluge» von Michael Schindhelm regt zur Reflexion über Basels Zukunft nach einer globalen Flut an.
- Besucher können persönliche Gegenstände und Pflanzen einbringen, die in einer neuen Welt wertvoll wären.
- Experten und Bürger teilen unterschiedliche Visionen: von grünen, autofreien Städten bis zu einer Rückbesinnung auf Menschlichkeit und Solidarität.
- Die Beiträge der Öffentlichkeit werden Teil der Ausstellung im Kreislaufgebäude auf dem Franck-Areal.
«After the Deluge»: Eine interaktive Zukunftsvision
Das Interfinity-Festival präsentiert die Ausstellung «After the Deluge» von Michael Schindhelm. Diese Schau befasst sich mit der hypothetischen Frage: «Stell dir vor, es kommt eine grosse Flut – und danach entsteht eine neue Welt.» Die Ausstellung dient als Plattform, um kritisch über aktuelle Ansätze zur Stadtökologie und den Umgang mit der Natur nachzudenken. Sie zeigt alternative Perspektiven für die urbane Lebensgestaltung der Zukunft auf.
Ein zentrales Element der Ausstellung ist ein Raum, in dem Besucher ihre eigenen Pflanzen und Gegenstände abgeben können. Diese Objekte sollen symbolisieren, was für sie in einer postapokalyptischen Welt von Wert wäre. Die gesammelten Beiträge der Bajour-Leserinnen und -Leser werden direkt in die Ausstellung integriert und sind somit Teil der öffentlichen Diskussion. Die Ausstellung läuft vom 14. Oktober bis zum 4. November im Kreislaufgebäude auf dem Franck-Areal.
Ausstellungsdaten
- Name: «After the Deluge»
- Künstler: Michael Schindhelm
- Ort: Kreislaufgebäude, Franck-Areal
- Dauer: 14. Oktober bis 4. November
Grüne Städte und menschliche Werte: Visionen von Experten
Verschiedene Persönlichkeiten aus Architektur, Literatur und Tourismus haben ihre Gedanken zur Zukunft Basels geteilt. Diese reichen von optimistischen Bildern einer nachhaltigen Stadt bis hin zu kritischen Reflexionen über die Rolle des Menschen nach einer Katastrophe.
Barbara Buser: Eine Zeit der Menschlichkeit
Barbara Buser, Architektin und Stadtentwicklerin, stellt sich ein grünes Basel ohne Autos vor. In ihrer Vision nimmt der Verkehr nur noch ein Viertel des Strassenraums ein. Elektrische, selbstfahrende Kabinen sind überall bestellbar. Bäume und Sträucher an Strassen, Fassaden und Dächern produzieren essbare Früchte, Blätter oder Wurzeln. Alle Prozesse werden zu Kreisläufen umgestaltet, um Ressourcen zu schonen und Abfälle zu minimieren.
«Das Leben après le déluge wird auf Menschlichkeit hin optimiert und nicht wie avant le déluge auf Zeit, Geld und Bequemlichkeit.»
– Barbara Buser, Architektin und Stadtentwicklerin
Buser schlägt vor, dass Menschen nur noch vier Stunden pro Tag für Geld arbeiten. Die gewonnene Zeit könnten sie für die Produktion und Verarbeitung von Lebensmitteln, die Herstellung von Kleidung und die Pflegearbeit nutzen. Die Pflegearbeit soll von allen geleistet und nicht mehr monetarisiert werden. Dies würde zu einem Leben führen, das auf menschliche Werte ausgerichtet ist.
Benjamin von Wyl: Nach jedem Regen glitzert das Moos
Der Schriftsteller und Journalist Benjamin von Wyl beschreibt ein Basel, das sich an die Katastrophe erinnert. Die Flut hinterlässt eine graue Linie auf den Fassaden. Geflohene kehren zurück und entdecken eine Stadt, in der sich die Natur ihren Raum zurückerobert. Schulklassen streuen Eicheln auf dem Marktplatz in Asphalt-Risse. Dies dient als Gedenken und Mahnung zugleich.
Von Wyls Vision umfasst Fahrradüberwege, die den Stadtverkehr vom Boden entkoppeln. Ein System aus schmalen Strecken bietet Schatten und Sicherheit. Eine waghalsige Strecke führt dem Rhein entlang über das Dach des Trois Rois bis zum Petersplatz. Dies erfordert statische Innovationen, gibt den Baslerinnen und Baslern aber mehr Raum und Sicherheit. Die Eichen wachsen mit den Kindern, reissen den Boden auf und schaffen neues Grün. Ein neues Ritual, das an den Totentanz erinnert, geht in den Fasnachtskalender ein. Die Luft ist sauber, eine Überraschung für die Industriestadt.
Hintergrund: Interfinity-Festival
Das Interfinity-Festival ist bekannt für seine interdisziplinären Ansätze und die Verbindung von Kunst, Wissenschaft und Gesellschaft. Es schafft Räume für Dialog und Experimente, um drängende Zukunftsfragen zu beleuchten.
Alain Claude Sulzer: Abwarten und Beobachten
Der Schriftsteller Alain Claude Sulzer nimmt eine skeptischere Haltung ein. Er betont die geringe Grösse des Kantons Basel-Stadt im Vergleich zur gesamten Erdoberfläche. Basel-Stadt umfasst etwa 37 Quadratkilometer, was nur 0,00000725 % der Erde ausmacht. Sulzer argumentiert, dass der Einfluss der restlichen Welt auf Basel immens ist.
«Wer im Wissen um diese Verteilung Prognosen anzustellen wagt, muss über viel Fantasie verfügen oder ein Scharlatan sein. Warten wir es also ab.»
– Alain Claude Sulzer, Schriftsteller
Er rät zur Zurückhaltung bei Zukunftsprognosen und plädiert dafür, die Entwicklungen abzuwarten.
Optimismus und Zusammenhalt: Weitere Perspektiven
Neben den detaillierten Visionen gibt es auch Stimmen, die sich auf grundlegende Werte und positive Entwicklungen konzentrieren.
Letizia Elia: Mutig nach vorne schauen
Letizia Elia, Direktorin von Basel Tourismus, träumt von einem Basel, das Offenheit und Dialog lebt. Sie wünscht sich eine Stadt, die Innovationen für mehr Lebensqualität nutzt und die Natur als Lebensader schützt und integriert. Ein Basel, in dem Kinder gerne und sicher leben, und das mutig in die Zukunft blickt.
Valerie Wendenburg: Solidarität und Zusammenhalt
Redaktorin Valerie Wendenburg betont die Bedeutung von Solidarität nach einer Katastrophe. Die Überlebenden der Flut besinnen sich auf ihr gemeinsames Schicksal. Nationalität, Hautfarbe, ethnische Herkunft und Religion verlieren an Bedeutung. Statt Diskriminierung und Ausgrenzung herrschen Solidarität und Zusammenhalt. Nur gemeinsam sei es möglich, neues Leben in Basel zu schaffen.
Ueli Keller: Paradigmenwechsel braucht Zeit
Ueli Keller zitiert Jane Goodall und betont die Notwendigkeit fundamentaler Paradigmenwechsel. Goodalls Lebenswerk, das von Mut und Vertrauen in die Lebenskraft geprägt war, inspiriert Generationen. Keller unterstreicht, dass ein echter Wandel in Wissenschaft, Gesellschaft und Politik komplex ist und Zeit braucht. Es gehe darum, auf allen Ebenen umzudenken und umzulenken, um eine gute Welt für alle zu schaffen.
Zitate zur Inspiration
- Jane Goodall: «Was du tust, macht einen Unterschied. Und du musst entscheiden, welchen Unterschied du machen willst.»
Johannes Sieber: Basels kleine Welt
Johannes Sieber wünscht sich eine neue Welt, die in den Köpfen der Menschen nicht an der Stadtgrenze endet. Er sieht die Notwendigkeit einer umfassenderen Denkweise, unabhängig von einer Flutkatastrophe.
Benedikt Meyer: Wenn Elche Purzelbäume machen
Der Kabarettist und Autor Benedikt Meyer liefert eine humorvolle, aber tiefgründige Vision. Nach der Flut ist die Stadt verschwunden, übrig bleiben holländische Frachtschiffe und Rheinschwimmer. Zolli-Fische schwimmen im Rhein, obwohl sie Salzwasserfische sind. Ein Zackenbarsch erklärt, dass Süss- und Salzwasser nur eine Konvention seien. Bäume wachsen in unerwartete Höhen. Ein Elch rollt vorbei und erklärt, dass auch die Vorstellung, Elche könnten keine Purzelbäume machen, nur eine Konvention sei. Er ermutigt die Menschen, sich von solchen Konventionen zu befreien.
«Ist übrigens mega befreiend, sich mal davon zu befreien! Warum probiert ihr Menschen es nicht auch mal? Es wäre grad nicht der schlechteste Moment...»
– Elch in Benedikt Meyers Vision
Diese vielfältigen Beiträge zeigen, dass die Zukunft Basels viele Facetten haben könnte. Von ökologischer Transformation über soziale Neuausrichtung bis hin zu einer grundsätzlichen Neubewertung menschlicher Konventionen – die Diskussion ist offen und lebendig.