Das Theater Basel feiert das 50-jährige Bestehen seines Neubaus an der Theaterstrasse mit einem besonderen Tag der offenen Tür. Am Samstag erhielten Besucher die seltene Gelegenheit, durch einen speziell gestalteten Parcours die verborgenen Bereiche des Hauses zu erkunden. Von den Werkstätten bis zu den Künstlergarderoben wurde die Komplexität und Handwerkskunst sichtbar, die hinter jeder Aufführung steckt.
Der Jubiläumsparcours führte die Gäste durch ein Labyrinth von Gängen und Räumen, die dem Publikum normalerweise verschlossen bleiben. Dabei wurde deutlich, wie viele spezialisierte Abteilungen zusammenarbeiten, um Theatermagie zu schaffen. Kleine künstlerische Einlagen entlang des Weges gaben einen lebendigen Eindruck vom kreativen Geist des Hauses.
Das Wichtigste in Kürze
- 50-Jahr-Jubiläum: Das Theater Basel feiert ein halbes Jahrhundert seines ikonischen Neubaus.
- Tag der offenen Tür: Ein Jubiläumsparcours ermöglichte Einblicke in Werkstätten, Maske und Requisitenlager.
- Handwerkskunst im Fokus: Besucher erlebten hautnah die Arbeit von Maskenbildnern, Schreinern und Theatermalern.
- Architektonische Vision: Der 1975 eröffnete Bau wurde bewusst funktional und ohne Zierrat gestaltet, um den Fokus auf die Kunst zu legen.
Einblicke in die kreativen Werkstätten
Der Rundgang begann mit einem tiefen Einblick in die Bereiche, in denen die visuellen Elemente einer Produktion entstehen. Diese Werkstätten sind das Herzstück der theatralischen Illusion und erfordern ein hohes Mass an handwerklichem Geschick und Kreativität.
Die Kunst der Verwandlung in der Maske
Besonders grosses Interesse weckte die Maskenbildnerei. Der Raum, gefüllt mit Perückenköpfen, Haarteilen und Schminkutensilien, bot einen faszinierenden Anblick. Eine Maskenbildnerin erklärte den aufwendigen Prozess der Perückenherstellung.
Mindestens 40 Stunden Handarbeit
Die Herstellung einer einzigen Echthaarperücke ist ein Prozess, der mindestens 40 Arbeitsstunden in Anspruch nimmt. Jedes Haar wird einzeln in den feinen Tüll geknüpft. Diese detailreiche Arbeit wird vollständig im Haus, direkt im Theater Basel, ausgeführt.
Für die kommende Produktion „Grand Finale Musical“, die Anfang November Premiere feiert, stand das Team vor einer besonderen Herausforderung. Eine Hauptrolle ist doppelt besetzt, und für beide Schauspielerinnen musste eine identische, aufwendige blonde Langhaarperücke angefertigt werden. „Die beiden Darstellerinnen haben sehr unterschiedliche Kopfformen, was eine exakte Duplizierung der Perücke erforderte“, so die Expertin.
Von der Schreinerei bis zum Malsaal
Nur wenige Schritte entfernt befindet sich die Schreinerei. Aktuell dominieren hier Särge das Bild, die als zentrale Bühnenelemente für das „Grand Finale Musical“ dienen, dessen Handlung in einem Bestattungsinstitut angesiedelt ist. Diese Kulissen werden von Grund auf neu gebaut und präzise an die Anforderungen des Stücks angepasst.
Im Malsaal arbeitet eine angehende Theatermalerin an einer überdimensionalen Teetasse für die Inszenierung von „Alice im Wunderland“. Hier werden Kulissen bemalt, Requisiten farblich gestaltet und ganze Welten auf Leinwand erschaffen. Die Grösse des Saals erlaubt es, auch an grossflächigen Bühnenbildern zu arbeiten.
Lebendiges Theater auf dem ganzen Areal
Der Jubiläumsparcours war mehr als nur eine Besichtigung von leeren Räumen. An verschiedenen Stationen überraschten kleine, unerwartete Darbietungen die Besucher und machten den Theatergeist im ganzen Gebäude spürbar.
Diese spontanen Einlagen verwandelten den Rundgang in ein interaktives Erlebnis und zeigten, dass Kunst im Theater Basel nicht nur auf den Hauptbühnen stattfindet, sondern in jedem Winkel des Hauses lebendig ist.
Unerwartete Begegnungen
In einem Raum, der ausschliesslich mit Stühlen gefüllt war, empfing ein exzentrischer, buckliger Designer die Gäste. Er philosophierte über die Form und Funktion von Sitzmöbeln und beklagte sich theatralisch über ein gewöhnliches Bürostuhlmodell. Kopfschüttelnd fragte er ins Publikum: „Muss ein Stuhl fahren können? Ich verstehe das nicht.“
„Während einer Liftfahrt zwischen den Stockwerken stimmte plötzlich einer der Darsteller aus dem beliebten Stück ‚Dämonen‘ den Miley-Cyrus-Song ‚Wrecking Ball‘ an. Die Besucher waren sichtlich begeistert und applaudierten spontan.“
Diese Momente unterstrichen die Vielseitigkeit der Künstler und die kreative Atmosphäre, die das gesamte Gebäude durchdringt. Sie boten einen direkten und persönlichen Kontakt zu den Schauspielern abseits der Bühne.
Ein Bauwerk mit Geschichte und Vision
Der heutige Theaterbau hat eine bemerkenswerte Entstehungsgeschichte. Er ersetzte das alte Stadttheater, das nach der Fertigstellung des Neubaus einer kontrollierten Sprengung weichen musste.
Die Sprengung des alten Stadttheaters
Am 6. August 1975, um Punkt fünf Uhr morgens, wurde das alte Stadttheater mit 230 Kilogramm Dynamit gesprengt. Zu diesem Zeitpunkt stand der von den Architekten Schwarz & Gutmann entworfene Neubau bereits fertig zur Verfügung und markierte den Beginn einer neuen Ära für die Basler Theaterszene.
Die Architektur des neuen Gebäudes war von Anfang an auf Funktionalität und Purismus ausgelegt. Die Verantwortlichen verzichteten bewusst auf prunkvolle Verzierungen, um den Fokus ganz auf die darstellende Kunst zu lenken.
Das Theater selbst beschreibt seine architektonische Philosophie wie folgt: „Kein Plüsch, kein Zierrat, keine Gesimse – nur Raum. Raum, um zu spielen, um beim Spielen dabei zu sein.“ Diese Vision prägt das Gebäude bis heute und macht es zu einer der bedeutendsten Bühnen der Schweiz.
Der Jubiläumstag bot somit nicht nur einen Blick hinter die Kulissen der aktuellen Produktionen, sondern auch eine Hommage an ein Gebäude, das seit 50 Jahren ein zentraler Ort für Kultur und künstlerische Entfaltung in Basel ist.





