In der Stadt Zürich hat die Bevölkerung kürzlich entschieden, den Preis für Jahresabonnements der städtischen Verkehrsbetriebe (VBZ) deutlich zu senken. Künftig kostet das Abo für alle Einwohner nur noch 365 Franken pro Jahr, statt bisher rund 809 Franken. Dieser Entscheid hat eine Debatte über ähnliche Subventionen in anderen Schweizer Städten ausgelöst, insbesondere in Basel und Luzern, wo bereits konkrete Forderungen nach vergünstigten ÖV-Abos bestehen.
Wichtige Erkenntnisse
- Zürich hat ein 365-Franken-ÖV-Abo für städtische Verkehrsbetriebe eingeführt.
- In Basel-Stadt wird eine kantonale Initiative für ein 365-Franken-Abo für den gesamten Tarifverbund Nordwestschweiz vorangetrieben.
- Luzern prüft ebenfalls die Einführung eines vergünstigten Abos nach Zürcher Modell.
- Bern und St. Gallen zeigen sich aufgrund angespannter Stadtfinanzen zurückhaltend gegenüber solchen Subventionen.
- Genf zeigt, dass die Kosten für vergünstigte ÖV-Angebote leicht unterschätzt werden können.
Zürichs Entscheidung setzt ein Signal
Die Abstimmung in Zürich am Sonntag war eindeutig. 63,1 Prozent der Stimmberechtigten befürworteten die Initiative der Sozialdemokratischen Partei (SP) für das 365-Franken-Abo. Diese Massnahme reduziert die Kosten für ein Jahresabonnement für die VBZ von 809 Franken auf 365 Franken. Die Stadt Zürich rechnet mit jährlichen Ausgaben von bis zu 140 Millionen Franken für diese Subvention.
Dieser Entscheid gilt als wegweisend. Er zeigt, dass ein grosser Teil der Bevölkerung den öffentlichen Verkehr als wichtigen Bestandteil der urbanen Mobilität betrachtet und dessen Zugänglichkeit fördern möchte. Die Auswirkungen auf das Verkehrsaufkommen und die Umwelt in Zürich werden nun genau beobachtet.
Zahlen und Fakten zum Zürcher Abo
- Kostenreduktion: Von 809 Franken auf 365 Franken pro Jahr.
- Bevölkerungszustimmung: 63,1 Prozent Ja-Stimmen.
- Geschätzte jährliche Kosten für die Stadt: Bis zu 140 Millionen Franken.
Basel-Stadt: Linke Parteien treiben Initiative voran
In Basel-Stadt ist die Diskussion um ein vergünstigtes ÖV-Abo nicht neu. Die Partei der Arbeit (PdA) hat bereits vor einigen Wochen eine kantonale Volksinitiative mit dem Titel «U-Abo für alle» lanciert. Diese Initiative zielt darauf ab, ein 365-Franken-Abo für den Tarifverbund Nordwestschweiz einzuführen. Der Tarifverbund umfasst dabei nicht nur den Kanton Basel-Stadt, sondern auch Teile der Kantone Basel-Landschaft, Aargau und Solothurn.
Aktuell profitieren in Basel bereits Jugendliche von einem 365-Franken-Abonnement. Für Erwachsene belaufen sich die Kosten für ein Jahresabo auf 824 Franken. Eine Reduzierung auf 365 Franken würde für viele Pendler und Stadtbewohner eine erhebliche finanzielle Entlastung bedeuten.
«Das Anliegen, den öffentlichen Verkehr für alle zugänglich und möglichst günstig zu machen, teilen wir klar.»
SP Basel-Stadt zeigt Sympathie
Die Sozialdemokratische Partei (SP), die grösste Partei im Kanton Basel-Stadt, signalisiert Sympathie für die Initiative der PdA. Julia Baumgartner, Parteipräsidentin der SP Basel-Stadt, äusserte sich dazu. Sie betonte die Wichtigkeit, den öffentlichen Verkehr für alle zugänglich und erschwinglich zu gestalten. Die Partei sieht die Zukunft der Mobilität im Ausbau des öffentlichen Verkehrs und in sicheren Veloverbindungen.
Eine definitive Position zur PdA-Initiative muss die SP Basel-Stadt jedoch noch finden. Baumgartner kündigte an, dass die Initiative, für die derzeit Unterschriften gesammelt werden, innerhalb der Partei noch diskutiert wird. Dies zeigt, dass die konkrete Umsetzung und Finanzierung noch offene Fragen aufwerfen.
Hintergrund: Tarifverbund Nordwestschweiz
Der Tarifverbund Nordwestschweiz (TNW) ist ein Zusammenschluss mehrerer Transportunternehmen. Er ermöglicht die Nutzung von Bussen, Trams und Zügen in den Kantonen Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Aargau und Solothurn mit einem einzigen Fahrschein oder Abonnement. Ein 365-Franken-Abo für diesen Verbund würde die Mobilität in der gesamten Region erheblich erleichtern und fördern.
Luzern fordert ebenfalls vergünstigtes Abo
Auch in der Stadt Luzern wird die Idee des 365-Franken-Abos aufgegriffen. Die Fraktion der Grünen forderte in einer Medienmitteilung, dass Luzern dem Zürcher Vorbild rasch folgen solle. Die Grünen argumentieren, dass ein vergünstigtes Abo insbesondere Familien, Studierende und Menschen mit geringem Einkommen entlasten würde. Sie sehen die Stadt Luzern, die finanziell solide aufgestellt sei, in der Lage, ein solches Angebot problemlos zu tragen.
Die Forderung in Luzern unterstreicht den überregionalen Charakter der Debatte. Städte mit stabilen Finanzen prüfen aktiv, wie sie den öffentlichen Verkehr für ihre Bürger attraktiver und zugänglicher machen können. Das Zürcher Modell dient hierbei als Referenzpunkt.
Unterschiedliche Reaktionen in Bern und St. Gallen
Nicht alle Schweizer Städte zeigen sich gleichermassen offen für die Idee eines stark subventionierten ÖV-Abos. In der Stadt Bern gibt sich die SP zurückhaltend, obwohl sie das Zürcher Ergebnis begrüsst. Lena Allenspach, Co-Präsidentin der SP Bern, betonte, dass das Signal der Zürcher Bevölkerung klar sei: Der öffentliche Verkehr solle für alle bezahlbar sein. Allerdings seien die Stadtfinanzen in Bern nicht mit denen Zürichs vergleichbar.
Aus diesem Grund ist in Bern derzeit keine solche Initiative seitens der SP geplant. Allenspach fordert stattdessen, dass Kanton und Bund Massnahmen gegen steigende ÖV-Preise ergreifen. Gleichzeitig solle die Stadt Bern prüfen, welche Entlastungen zur Stärkung der Kaufkraft der Bevölkerung möglich sind. Dies zeigt eine differenzierte Betrachtung der finanziellen Machbarkeit.
Finanzielle Lage beeinflusst Entscheidungen
Ähnliche Vorbehalte gibt es in St. Gallen. Lydia Wenger, SP-Co-Fraktionspräsidentin, äusserte Sympathie für die Zürcher Idee und kündigte an, die Entwicklung genau zu verfolgen und Ideen für eine angepasste Umsetzung in St. Gallen zu prüfen. Doch auch in St. Gallen gibt es Vorbehalte aufgrund der städtischen Finanzlage.
Wenger geht davon aus, dass in der aktuellen Situation der Stadt St. Gallen keine parlamentarische Mehrheit für ein solches Angebot zu finden wäre. Die Reaktionen aus Bern und St. Gallen verdeutlichen die unterschiedliche finanzielle Ausgangslage der Schweizer Städte und wie stark insbesondere Zürich finanziell positioniert ist, um solche Massnahmen umzusetzen.
Genf als Beispiel für unkalkulierbare Kosten
Ein Blick nach Genf zeigt die potenziellen Risiken einer solchen Subventionierung. Seit Anfang 2025 ist der öffentliche Verkehr dort für junge Erwachsene bis 25 Jahre kostenlos. Der Kanton stellte dafür zunächst 32 Millionen Franken bereit. Die Kosten wurden jedoch massiv unterschätzt.
Die Attraktivität des Gratis-ÖV führte zu einem unerwartet hohen Ansturm. Bereits nach sechs Monaten lagen die Ausgaben 10 bis 15 Millionen Franken über dem geplanten Budget. Mit 73.000 Nutzern im ersten Quartal wurde die Nachfrage deutlich unterschätzt. Es wird erwartet, dass die Kosten bis Ende des Jahres auf 60 Millionen Franken ansteigen könnten.
Dieser Fall in Genf verdeutlicht, dass trotz starker politischer Signale wie dem Zürcher Ja oder der Basler Initiative die finanziellen Folgen leicht unterschätzt werden können. Eine ungenaue Prognose der Nutzungszahlen kann schnell zu einer neuen Finanzierungsdebatte führen. Eine sorgfältige Kosten-Nutzen-Analyse ist daher unerlässlich, um die Nachhaltigkeit solcher Angebote zu gewährleisten.
Genf: Unterschätzte Kosten des Gratis-ÖV
- Zielgruppe: Junge Erwachsene bis 25 Jahre.
- Ursprüngliches Budget: 32 Millionen Franken.
- Mehrkosten nach 6 Monaten: 10 bis 15 Millionen Franken.
- Geschätzte Kosten bis Jahresende: Anstieg auf 60 Millionen Franken.
- Nutzerzahl im ersten Quartal: 73.000 Personen.
Fazit und Ausblick
Die Entscheidung in Zürich hat eine landesweite Diskussion über die Attraktivität und Finanzierbarkeit des öffentlichen Verkehrs angestossen. Während Basel und Luzern konkrete Schritte zur Einführung ähnlicher Modelle prüfen, zeigen Bern und St. Gallen finanzielle Vorbehalte.
Der Fall Genf mahnt zur Vorsicht und unterstreicht die Notwendigkeit einer realistischen Kostenkalkulation und einer fundierten Analyse der potenziellen Nachfrage. Die Zukunft wird zeigen, welche Städte dem Zürcher Beispiel folgen können und wie sie die Herausforderungen der Finanzierung bewältigen werden.
Die Debatte um subventionierte ÖV-Abos wird die Schweizer Politik und Gesellschaft in den kommenden Monaten weiter beschäftigen. Es geht nicht nur um die Entlastung der Bürger, sondern auch um die Förderung einer nachhaltigeren Mobilität und die Stärkung des öffentlichen Verkehrs als Rückgrat urbaner Infrastruktur.