Der Grosse Rat Basel-Stadt entscheidet in seiner Oktobersitzung über mehrere zentrale Vorlagen. Dazu gehören der Bebauungsplan für das Roche Südareal, der Leistungsauftrag und Globalbeitrag für die Universität Basel sowie die Volksinitiative «Keine Steuerschulden dank Direktabzug». Auch das alters- und niveaudurchmischte Lernen an Volksschulen und die Weiterführung von Staatsbeiträgen an den Verein Agglo Basel stehen zur Debatte. Die Entscheidungen betreffen die Stadtentwicklung, Bildung, Steuerpolitik und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit.
Wichtige Punkte der Sitzung
- Roche Südareal: Debatte über den Erhalt von Bau 52 und öffentliche Zugänglichkeit des Parks.
- Universität Basel: Erhöhte Finanzierung für 2026–2029, Diskussion über paritätische Lastenverteilung.
- Volksinitiative «Keine Steuerschulden»: Vorschlag für Direktabzug vom Lohn, Gegenvorschläge zur Vermeidung von Steuerschulden.
- Alters- und niveaudurchmischtes Lernen: Ausweitung der Möglichkeit für alle Volksschulen.
Entwicklung des Roche Südareals im Fokus
Das Pharmaunternehmen Roche plant, den südlichen Teil seines Areals zwischen der Grenzacherstrasse und der Solitude-Promenade in Basel weiterzuentwickeln. Der Regierungsrat beantragt dem Grossen Rat die notwendigen planungsrechtlichen Grundlagen für dieses Vorhaben. Ziel ist es, mehrere bestehende Forschungs- und Bürogebäude zurückzubauen. Dadurch soll Platz für einen grosszügigen Park sowie ein neues Gebäude für Besuchende und Mitarbeitende entstehen.
Ein weiterer Aspekt des Bebauungsplans betrifft die Sicherung der Rahmenbedingungen für einen dritten Turm, bekannt als Bau 3. Eine Realisierung dieses bis zu 221 Meter hohen Turms ist derzeit noch nicht konkret geplant, wurde aber in der Vorberatung bereits gutgeheissen. Die Bau- und Raumplanungskommission (BRK) hat den Bebauungsplan im Vorfeld intensiv beraten. Eine knappe Mehrheit von 7 zu 6 Stimmen schlägt Anpassungen vor.
Fakten zum Roche Südareal
- Geplante Höhe Bau 3: Bis zu 221 Meter.
- Arealgrösse: Südlicher Teil zwischen Grenzacherstrasse und Solitude-Promenade.
- Ziel: Schaffung von Parkflächen und Neubau für Besuchende und Mitarbeitende.
Kontroverse um Bau 52 und Parkzugang
Die Mehrheit der BRK fordert, das Hochhaus Bau 52 aus dem Jahr 1960 nicht abzureissen. Dieses Gebäude wird als Symbol für den architektonischen und industriellen Fortschritt zwischen den 1960er-Jahren und heute betrachtet. Darüber hinaus verlangt die BRK-Mehrheit, den neuen Park durch einen Fussweg öffentlich zugänglich zu machen. Weitere Forderungen umfassen eine Verbreiterung der Solitude-Promenade und konkrete Vorgaben zur Minimierung der Treibhausgasemissionen beim Bau und Betrieb neuer Gebäude.
«Bau 52 zeigt sinnbildlich den Quantensprung, der architektonisch und industriell zwischen den 1960er-Jahren und heute liegt. Sein Erhalt ist wichtig für das kulturelle Erbe Basels.»
Die Minderheit der Kommission spricht sich hingegen klar für den vorgeschlagenen Bebauungsplan aus. Sie betont die hohe Bedeutung des Unternehmens Roche für den Wirtschaftsstandort Basel. Ausserdem verweist sie auf Roches vorbildliche Rolle in Bezug auf Nachhaltigkeit und andere Zukunftsthemen. Der Erhalt des energetisch veralteten Baus 52 wird von der Minderheit als unverhältnismässig angesehen. Bezüglich des neuen Parks argumentiert die Minderheit, dass das Areal Privateigentum von Roche sei. Für die Umgestaltung der Solitude-Promenade vertraut sie auf Zusagen von Roche, gemeinsam mit dem Kanton eine gute Lösung zu finden.
Finanzierung und Entwicklung der Universität Basel
Die Universität Basel steht vor strategischen Weiterentwicklungen, während sie gleichzeitig mit Herausforderungen wie Teuerung, sinkenden Beiträgen anderer Kantone und stagnierenden Bundesbeiträgen konfrontiert ist. Für die Jahre 2026 bis 2029 schlagen die Regierungen der beiden Basel einen Globalbeitrag von 1,504 Milliarden Franken vor. Davon sind gut 1 Milliarde Franken für Lehre und Forschung vorgesehen, während 438 Millionen Franken in den Immobilienbereich fliessen sollen.
Im Vergleich zur Vorperiode 2022–2025 bedeutet dies eine Erhöhung der Mittel für Lehre und Forschung um 10 Prozent und für die Infrastruktur um 13,3 Prozent. Zusätzlich sind 40 Millionen Franken für Folgekosten von Bauprojekten, insbesondere des Biozentrums, eingeplant. Der Anteil von Basel-Stadt am Trägerbeitrag beläuft sich für die kommenden vier Jahre auf insgesamt 770,8 Millionen Franken.
Hintergrund: Universität Basel
Die Universität Basel ist eine der ältesten Universitäten der Schweiz und ein wichtiger Forschungs- und Bildungsstandort. Sie wird von den Kantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft gemeinsam getragen und finanziert.
Diskussion über Finanzierungsmodell
Die Bildungs- und Kulturkommission (BKK) befürwortet den Leistungsauftrag und den Globalbeitrag für die Universität Basel einstimmig. Sie äussert jedoch Bedenken hinsichtlich der paritätischen Finanzierung. Insbesondere das Ausgabenwachstum und die finanzielle Situation des Kantons Basel-Landschaft führen nach Ansicht der BKK zunehmend zu einer Schieflage. Die Kommission betont, dass Basel-Stadt nicht bereit oder in der Lage sei, Ausfälle des Partnerkantons unbegrenzt aufzufangen.
Die BKK erwartet unter anderem, dass den stetig steigenden Folgekosten im Immobilienbereich begegnet wird. Kritisch bewertet sie zudem, dass lediglich die beiden Trägerkantone für die Vollkosten ihrer Studierenden aufkommen. Sie fordert eine strategische Neuausrichtung bezüglich der Studiengebühren für ausserkantonale und ausländische Studierende. Diese Massnahmen sollen zur Stabilisierung der Universitätsfinanzen beitragen.
Alters- und niveaudurchmischtes Lernen an Schulen
Seit 2014 wird in Basel-Stadt an drei Schulstandorten das alters- und niveaudurchmischte Lernen erprobt. Diese Erfahrungsschulen sind die Primarstufen Rittergasse und Schoren sowie die Sekundarschule Sandgruben. Die Bewilligung für diese Pilotprojekte läuft Ende des Schuljahres 2026/27 aus. Zwischenzeitliche Evaluationen haben weitestgehend positive Ergebnisse geliefert.
Aufgrund dieser positiven Erfahrungen beantragt der Regierungsrat eine Änderung des Schulgesetzes. Ziel ist es, allen Volksschulen die Möglichkeit zu geben, Unterrichtsmodelle mit alters- und niveaudurchmischtem Lernen einzuführen. Die BKK hat der Gesetzesänderung mit 10 Stimmen bei drei Enthaltungen zugestimmt. Einige Kommissionsmitglieder hätten sich jedoch konkretere Aussagen zu den Pilotprojekten gewünscht. Ein Teil der Mitglieder äussert zudem Zweifel, ob sich viele weitere Schulstandorte für dieses Modell entscheiden werden.
Volksinitiative «Keine Steuerschulden dank Direktabzug»
Die Volksinitiative «Keine Steuerschulden dank Direktabzug» schlägt vor, dass Arbeitgebende einen Teil des Lohns ihrer Mitarbeitenden direkt an die Steuerverwaltung überweisen. Der Regierungsrat empfiehlt dem Grossen Rat, die Initiative ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung. Er sieht den Nutzen als zu gering und den administrativen Aufwand für Arbeitgebende und Steuerverwaltung als zu hoch an.
Auch eine Mehrheit der Wirtschafts- und Abgabekommission (WAK) lehnt einen obligatorischen Direktabzug ab. Mit 7 zu 6 Stimmen präsentiert die WAK jedoch einen Gegenvorschlag. Dieser sieht vor, dass der Staat mindestens einmal jährlich eine provisorische Steuerrechnung verschickt. Für verschuldete Personen sollen monatliche Teilzahlungen möglich sein. Zudem sollen Betroffene niederschwellige Beratungsangebote erhalten.
Vorschläge zur Steuerschuldenprävention
- Initiative: Obligatorischer Direktabzug vom Lohn.
- WAK-Mehrheit: Provisorische Jahresrechnung, monatliche Teilzahlungen für Schuldner, Beratungsangebote.
- WAK-Minderheit: Vereinfachter Direktabzug (pauschal 10% oder 5%), Opt-Out-Lösung.
Gegenvorschlag der WAK-Minderheit
Die Minderheit der WAK unterstützt das Grundanliegen der Initiative und legt einen eigenen Gegenvorschlag vor. Dieser setzt auf einen vereinfachten Direktabzug. Dabei soll ein pauschaler Abzug von 10 Prozent (in Riehen und Bettingen 5 Prozent) automatisch vom Lohn einbehalten werden. Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitenden wären von dieser Pflicht ausgenommen, könnten sich aber freiwillig beteiligen. Die Initiative selbst sieht die Schwelle für den freiwilligen Abzug bereits bei 10 Mitarbeitenden vor. Wie die Initiative schlägt die Minderheit eine Opt-Out-Lösung für alle Arbeitnehmenden vor. Diese könnten also aktiv auf den automatischen Direktabzug verzichten.
Weitere Beschlüsse und Vorlagen
Verein Agglo Basel
Der Verein Agglo Basel, ein Zusammenschluss von acht Gebietskörperschaften aus Deutschland, Frankreich und der Schweiz (Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Aargau, Solothurn, Saint-Louis Agglomération, Région Grand Est, Landkreis Lörrach, Baden-Württemberg), koordiniert die grenzüberschreitende Siedlungs- und Verkehrsentwicklung. Er ist für das Agglomerationsprogramm Basel zuständig, welches alle vier Jahre beim Bund zur Mitfinanzierung eingereicht wird. Zudem plant der Verein die trinationale S-Bahn Basel. Die Regiokommission unterstützt die Weiterführung der Staatsbeiträge an den Verein in Höhe von 3,9 Millionen Franken für die Jahre 2026–2029 einstimmig.
Sanierung der ehemaligen Hauptpost
Die ehemalige Hauptpost an der Gerbergasse/Freie Strasse wird derzeit saniert und umgestaltet. Das historische Gebäude liegt in einer Schutzzone und ist im Denkmalverzeichnis eingetragen. Erhaltungs- und Restaurierungsmassnahmen können daher mit einem kantonalen Beitrag gefördert werden. Der Regierungsrat beantragt eine Finanzhilfe von 856'500 Franken für die Sanierung und Restaurierung. Dazu gehören der Erhalt und die Restaurierung der Sandsteinfassaden sowie der Dekorationsmalerei und Wandbilder in der Schalterhalle. Der Bund wird sich mit einem ähnlich hohen Betrag an den Kosten beteiligen. Die BRK hat der Finanzhilfe einstimmig zugestimmt.
Legislaturplan und parlamentarische Vorstösse
Der Regierungsrat legt dem Grossen Rat den Legislaturplan 2025–2029 zur Kenntnisnahme vor. Dieser wird im Grossen Rat direkt behandelt. Die politische Planung des Regierungsrates konzentriert sich auf drei Schwerpunkte: Innovation und Wettbewerbsfähigkeit, Sicherheit und Zusammenhalt sowie Klimaschutz und lebenswerter Stadtraum. Der Grosse Rat wird ausserdem parlamentarische Vorstösse diskutieren. Dazu gehört die Stellungnahme der Regierung zur Motion, die einen sofortigen Stopp des Kaskadenmodells bei Fussballspielen fordert. Der Regierungsrat beantragt hier eine Überweisung als weniger verpflichtenden Anzug. Auch die Motion, die eine Entschädigung der Umkleidezeit aller Verwaltungsmitarbeitenden mit Zeit- statt Geldpauschalen verlangt, möchte er als Anzug entgegennehmen.