Die Kantone Basel-Stadt und Baselland haben ihre Opferhilfe massiv ausgebaut. Seit November 2025 steht Betroffenen von Gewalt ein 24-Stunden-Service zur Verfügung. Diese Neuerung stellt einen wichtigen Schritt in der Unterstützung von Opfern dar und trägt zur Umsetzung der Istanbul-Konvention bei, die den Schutz von Frauen vor Gewalt zum Ziel hat. Fachleute begrüssen den erweiterten Dienst, da viele Opfer gerade ausserhalb der üblichen Bürozeiten Hilfe suchen.
Wichtige Punkte
- Die Opferhilfe in Basel-Stadt und Baselland ist seit November 2025 rund um die Uhr erreichbar.
- Der Ausbau dient der Umsetzung der Istanbul-Konvention zum Schutz vor Gewalt an Frauen.
- Die Kantone investieren jährlich 170'000 Franken in den 24-Stunden-Dienst.
- Schweizweit soll die Notrufnummer 142 erst ab Mai 2026 für Gewaltopfer verfügbar sein.
- Die Opferhilfe bietet emotionale Unterstützung und Rechtsberatung, ergänzend zur Polizeiarbeit.
Ein offenes Ohr, wenn es am dringendsten ist
Für viele Opfer beginnt die eigentliche Auseinandersetzung mit traumatischen Erlebnissen oft in der Nacht. Das sogenannte «Kopfkino» macht keine Pause, nur weil die Büros geschlossen sind. Beat John, der Geschäftsleiter der Opferberatung beider Basel, betont die Wichtigkeit eines sofortigen Zugangs zu Hilfe in solchen Momenten.
Er erklärt, dass es entscheidend ist, dass Betroffene anrufen können und sofort eine Antwort erhalten, wenn sie nachts im Bett liegen und die Sorgen am grössten sind. Diese direkte Erreichbarkeit kann den Unterschied ausmachen, ob ein Opfer sich allein fühlt oder Unterstützung findet.
Faktencheck
- Start des 24-Stunden-Dienstes: November 2025
- Kosten: 170'000 Franken jährlich, getragen von Basel-Stadt und Baselland
- Beteiligte Organisationen: Opferhilfe beider Basel und Dargebotene Hand
Opferhilfe als erste Anlaufstelle
Ein Anruf bei der Polizei ist für viele Opfer eine grosse Hürde. Bettina Bühler vom Frauenhaus beider Basel berichtet, dass sich besonders Opfer häuslicher Gewalt oft schämen, die Behörden einzuschalten. In solchen Fällen ist es von grossem Vorteil, wenn sie sich zuerst jemandem anvertrauen können, ohne sofort offizielle Schritte einleiten zu müssen.
Die Opferhilfe bietet genau diesen geschützten Raum. Hier können Betroffene ihre Erlebnisse schildern und sich emotional verarbeiten, bevor sie den Mut finden, weitere Schritte zu unternehmen. Dies ist ein entscheidender Unterschied zur Rolle der Polizei.
«Dann ist es gut, wenn sie zuerst einfach einmal erzählen können, bevor wir offizielle Behörden wie die Polizei einschalten», sagt Bettina Bühler vom Frauenhaus beider Basel.
Unterschiedliche Schwerpunkte: Opferhilfe und Polizei
Die Aufgabenbereiche von Opferhilfe und Polizei ergänzen sich, überschneiden sich aber nicht vollständig. Die Opferhilfe klärt Betroffene über ihre Rechte auf und vermittelt an die notwendigen Stellen. Sie bietet zudem essenzielle emotionale Unterstützung bei der Verarbeitung des Geschehenen.
Toprak Yerguz, Sprecher der Kantonspolizei Basel-Stadt, bestätigt diese Einschätzung. Er betont, dass die Polizei zwar ebenfalls um das Opfer besorgt ist, der Fokus der Kantonspolizei aber primär auf der Gefahrenabwehr und der Verfolgung der Täter liegt. Die Opferhilfe hingegen stellt die Dienstleistung für die Betroffenen in den Vordergrund, etwa durch umfassende Informationen über weiterführende Hilfsangebote.
Die Istanbul-Konvention
Die Istanbul-Konvention ist ein Übereinkommen des Europarates, das Frauen und Mädchen vor verschiedenen Formen von Gewalt schützen soll. In der Schweiz trat sie 2018 in Kraft. Ihre Kernziele umfassen:
- Prävention und Reduzierung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt.
- Angemessener Schutz und Unterstützung für Gewaltopfer.
- Verfolgung von Gewaltstraftaten und Verantwortlichkeit der Täter.
- Umfassende und koordinierte Umsetzung auf allen föderalen Ebenen unter Einbezug der Zivilgesellschaft.
Die Schweiz hat sich mit der Unterzeichnung dieser Konvention verpflichtet, aktiv gegen Gewalt an Frauen vorzugehen und entsprechende Hilfsangebote auszubauen.
Basel als Vorreiter im nationalen Kontext
Obwohl die Schweiz die Istanbul-Konvention unterzeichnet hat und sich zur Einrichtung einer rund um die Uhr erreichbaren Hilfsnummer verpflichtet hat, geht die Umsetzung schweizweit nur langsam voran. Die Einführung der nationalen Kurznummer 142 für Gewaltopfer ist erst für Mai 2026 geplant.
Die beiden Basel haben sich entschieden, nicht so lange zu warten. Sie sind bereits seit Anfang November 2025 mit einem eigenen 24-Stunden-Dienst aktiv. Die Opferhilfe beider Basel und die Dargebotene Hand arbeiten hierfür eng zusammen.
Die Kantone Basel-Stadt und Baselland zeigen mit dieser Investition von jährlich 170'000 Franken ihr Engagement für den Opferschutz. Sie setzen damit ein wichtiges Zeichen und ermöglichen Betroffenen einen früheren Zugang zu dringend benötigter Unterstützung.
Bedeutung für die Betroffenen
Der Ausbau der Opferhilfe ist ein klares Signal an alle, die von Gewalt betroffen sind: Sie sind nicht allein. Die Möglichkeit, jederzeit professionelle Hilfe zu erhalten, kann das Gefühl der Isolation mindern und den ersten Schritt zur Bewältigung erleichtern.
Besonders die psychologische und emotionale Unterstützung ist oft der erste und wichtigste Schritt, bevor rechtliche oder polizeiliche Massnahmen in Betracht gezogen werden. Die Basler Initiative ist somit ein Modell für andere Regionen in der Schweiz.
Wichtige Zahlen
- Nationale Kurznummer 142: Einführung geplant für Mai 2026
- Start 24-Stunden-Dienst Basel: November 2025
- Jährliche Kosten für Basel: 170'000 Franken
Fazit: Ein wichtiger Schritt für den Opferschutz
Der neue 24-Stunden-Service der Opferhilfe in Basel-Stadt und Baselland ist ein bedeutender Fortschritt im Opferschutz. Er bietet eine dringend benötigte Anlaufstelle, die jederzeit erreichbar ist, und unterstützt die Umsetzung internationaler Vereinbarungen wie der Istanbul-Konvention. Dieser proaktive Ansatz der beiden Kantone ist ein klares Bekenntnis zum Schutz und zur Unterstützung von Gewaltopfern und zeigt, wie wichtig schnelle und unkomplizierte Hilfe in Krisensituationen ist.
Die Zusammenarbeit zwischen der Opferhilfe und der Dargebotenen Hand schafft eine umfassende Unterstützung für Betroffene. Sie gewährleistet, dass niemand mit seinen Sorgen und Ängsten allein gelassen wird, egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit.





