Nach dem Wintereinbruch im November 2024, der weite Teile der Schweiz lahmlegte, haben die städtischen Verkehrsbetriebe in Basel, Bern, Luzern und Zürich umfassende Massnahmen ergriffen. Ziel ist es, ein erneutes Verkehrschaos bei starkem Schneefall zu verhindern. Die Anpassungen reichen von neuen Notfallstäben bis hin zur Anschaffung spezieller Fahrzeuge und Schneeketten.
Wichtigste Erkenntnisse
- Basel richtet Notfallstab für Extremereignisse ein.
- Bernmobil stattet alle Busse mit Schneeketten aus.
- Luzern präzisiert interne Abläufe und setzt auf bewährte Enteisungsfahrten.
- Zürich investiert in neue Zweiwegefahrzeuge und setzt auf Nachtwächtertrams.
- Die Verantwortung für die Strassenräumung bleibt bei den Städten, nicht bei den Verkehrsbetrieben.
Lehren aus dem Schneechaos 2024
Der Wintereinbruch vom 21. auf den 22. November 2024 traf die Schweizer Städte unerwartet hart. In Luzern fielen bis zu 42 Zentimeter Schnee, in Basel, Bern und Zürich waren es rund 25 Zentimeter. Dies führte zu einem Stillstand im öffentlichen Verkehr, der Pendler und Reisende stark beeinträchtigte. Busse und Trams konnten vielerorts nicht mehr fahren.
Die Verkehrsbetriebe haben das vergangene Jahr genutzt, um eine detaillierte Analyse der Ereignisse durchzuführen. Aus dieser Analyse resultieren nun konkrete Massnahmen, die die Widerstandsfähigkeit der städtischen Infrastruktur gegenüber extremen Wetterlagen verbessern sollen. Die Priorität liegt auf der Aufrechterhaltung des Betriebs, auch unter schwierigen Bedingungen.
Faktencheck: Schneefall 2024
- Luzern: Gut 40 cm Neuschnee
- Basel, Bern, Zürich: Rund 25 cm Neuschnee
- Folge: Kompletter Stillstand des ÖV in einigen Städten
Basler Verkehrsbetriebe (BVB) setzen auf Notfallstab
In Basel haben die BVB auf die Erfahrungen von 2024 reagiert, indem sie einen neuen Notfallstab für Extremereignisse geschaffen haben. Dieser Stab soll bei künftigen starken Schneefällen oder anderen aussergewöhnlichen Wetterlagen zusammenkommen. Er verfügt über mehr Personal, um schnell und effektiv auf die Situation reagieren zu können.
Ein interessanter Ansatz ist die Übernahme des Konzepts der Nachwächtertrams, das sich in Zürich bereits bewährt hat. Dabei fahren Trams auch nachts, um die Gleise freizuhalten und Eisbildung vorzubeugen. Dies soll verhindern, dass der Betrieb am Morgen komplett zum Erliegen kommt.
"Für absolute Ausnahmeereignisse kann man sich nicht rüsten", erklärt BVB-Direktor Bruno Stehrenberger. "Dennoch tun wir alles, um die Auswirkungen zu minimieren." Die BVB prüften auch den Kauf von speziellen Schneeräumungsfahrzeugen für Tramgleise. Die Kosten von über einer Million Franken pro Fahrzeug wurden jedoch als zu hoch für die seltene Nutzung (zweimal in 20 Jahren) erachtet. Stattdessen setzt man auf organisatorische und personelle Verstärkung.
Bernmobil rüstet Busflotte auf
Bernmobil hat nach dem letztjährigen Chaos ebenfalls gehandelt. Ein zentraler Punkt ist die Ausstattung aller Busse mit Schneeketten. Dafür wurden rund 130'000 Franken investiert. Bisher fuhren die Berner Busse hauptsächlich mit Ganzjahresreifen, was sich bei den starken Schneefällen als unzureichend erwies.
Zusätzlich testet Bernmobil derzeit Winterreifen mit einem speziellen "Klötzchenprofil", wie sie auch von Postauto-Fahrzeugen verwendet werden. Diese Reifen bieten eine bessere Traktion auf verschneiten und eisigen Strassen. Auch zur Vermeidung von Vereisungen an Tram-Fahrleitungen werden neue Lösungen erprobt. Ein spezieller Aufsatz für ein bestehendes Fahrzeug soll die manuelle Enteisung durch Mitarbeitende ersetzen oder ergänzen.
Hintergrund: Die Rolle der Schneeräumung
Die Verkehrsbetriebe sind in der Schweiz primär für die Räumung ihrer eigenen Gleisabschnitte zuständig. Die Schneeräumung auf den Strassen, einschliesslich der Bushaltestellen, fällt in den Aufgabenbereich der städtischen Reinigungsdienste. Diese Aufgabenteilung kann bei extremen Schneefällen zu Herausforderungen führen, da ungeräumte Strassen den Busbetrieb behindern können, selbst wenn die Busse technisch ausgerüstet sind.
Luzern präzisiert Abläufe
Luzern war 2024 am stärksten betroffen. Die Verkehrsbetriebe Luzern (VBL) haben "intern gewisse Abläufe präzisiert". Dazu gehören neue Merkblätter und Weisungen für das Fahrdienstpersonal. Diese sollen sicherstellen, dass die Mitarbeitenden bei Schneefall und Eisbildung noch besser vorbereitet sind und einheitlich handeln.
Die VBL betonen, dass sich ihre bestehenden Prozesse wie die nachts durchgeführten Fahrten zur Enteisung der Fahrleitungen grundsätzlich bewährt hätten. Dies zeigt, dass präventive Massnahmen wichtig sind. Ein Hauptproblem in Luzern war jedoch, wie in anderen Städten, die Schneeräumung auf den Strassen und insbesondere bei Haltestellen. Die "Schneeberge sorgten teilweise für schwierige Einstiegssituationen sowie Schäden an unseren Fahrzeugen", berichten die VBL.
Zürich setzt auf neue Zweiwegefahrzeuge
Die Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ) hatten mit ihren Trams 2024 weniger Probleme. Dies führen sie auf ihre etablierten Nachtwächtertrams zurück. Bei diesem Konzept fahren mehrere Trams in der Nacht das gesamte Netz ab, auch wenn der öffentliche Verkehr ruht. Werden dabei Probleme wie Eisbildung oder blockierte Passagen entdeckt, kann gezielt eingegriffen werden.
Trotzdem investieren die VBZ in neues Material: Drei Unimog-Zweiwegefahrzeuge wurden angeschafft. Diese Fahrzeuge können sowohl auf der Strasse als auch auf der Schiene fahren. Zwei davon lassen sich mit Schneepflügen ausrüsten und ersetzen die in die Jahre gekommenen Tram-Schneepflüge. Diese Flexibilität soll die Effizienz der Räumungsarbeiten steigern.
- Nachtwächtertrams: Fahren nachts zur Prävention von Eis und Blockaden.
- Neue Unimogs: Drei Zweiwegefahrzeuge für Strasse und Schiene, zwei davon mit Pflügen.
Kosten der Massnahmen
Allein Bernmobil investierte rund 130'000 Franken in Schneeketten für alle Busse. Die Kosten für die drei neuen Unimog-Zweiwegefahrzeuge in Zürich liegen bei über einer Million Franken pro Fahrzeug.
Grenzen der Vorbereitung
Alle Verkehrsbetriebe sind sich einig: Eine absolute Vermeidung von Ausfällen ist bei extremen Wetterereignissen nicht möglich. Die Verantwortung für die Schneeräumung der Strassen liegt weiterhin bei den jeweiligen Stadtreinigungen. Dies kann zu Situationen führen, in denen Buslinien eingestellt werden müssen, weil die Strassen nicht rechtzeitig geräumt sind, selbst wenn die Fahrzeuge der Verkehrsbetriebe einsatzbereit wären.
Bruno Stehrenberger von den BVB fasst es zusammen: "Für absolute Ausnahmeereignisse kann man sich nicht rüsten." Das bedeutet, dass es trotz aller Investitionen und Massnahmen bei einem extremen Wintereinbruch weiterhin zu Einschränkungen im öffentlichen Verkehr kommen kann. Die Städte und ihre Verkehrsbetriebe sind jedoch besser vorbereitet als je zuvor, um die Auswirkungen solcher Ereignisse zu mildern und die Normalität schneller wiederherzustellen.





