Die Heimreise von Korsika nach Basel entwickelte sich für eine Schweizer Passagierin von Easyjet zu einem 32-stündigen «Horrortrip». Anstatt der geplanten 90 Minuten dauerte die Rückkehr aufgrund von Flugstreichungen, mangelnder Information und einem Motorschaden an einer Ersatzmaschine über einen Tag. Der Vorfall wirft Fragen zum Service von Low-Cost-Airlines und den Rechten von Fluggästen auf.
Wichtige Punkte
- Easyjet-Flug von Ajaccio nach Basel wurde gestrichen, ursprüngliche Flugzeit 90 Minuten.
- Passagierin Priska W. erlebte eine 32-stündige Heimreise statt 3 Stunden.
- Easyjet begründete die Annullierung mit einem Vogelschlag, was von einem Experten angezweifelt wird.
- Die Passagierin musste einen Ersatzflug für 352 Franken buchen und weitere Kosten tragen.
- Kritik an mangelndem Service und fehlender Verpflegung durch Easyjet.
Ein unerwarteter Start in den Rückreisetag
Für Priska W. (53) sollte die Heimreise von einem verlängerten Wochenende auf Korsika reibungslos verlaufen. Der Easyjet-Flug von Ajaccio nach Basel war für 11:30 Uhr angesetzt und sollte nur 90 Minuten dauern. Doch bereits am Flughafen begann die Odyssee. Der Flug wurde wiederholt verschoben, ohne klare Kommunikation seitens der Airline.
Die Passagierin schildert die Situation als äusserst frustrierend. «Während der ganzen Warterei gab es weder etwas zu essen noch zu trinken. Wir mussten alles selbst bezahlen», kritisiert W. die Zustände am Flughafen. «Und das Schlimmste: Informationen vonseiten Easyjet gab es keine.» Diese mangelnde Kommunikation führte zu Unsicherheit und Ärger bei den wartenden Fluggästen. Priska W. ist beruflich für Ringier tätig, möchte aber ihren vollen Namen nicht veröffentlicht sehen.
Faktencheck
Die ursprüngliche Flugzeit von Ajaccio nach Basel beträgt etwa 1 Stunde und 30 Minuten. Priska W. benötigte stattdessen 32 Stunden für ihre Rückreise.
Flugstreichung und die Suche nach Alternativen
Nach acht Stunden Wartezeit strich Easyjet den Flug komplett. Als Grund wurde ein Vogelschlag angegeben. Die Passagiere erhielten eine SMS-Benachrichtigung mit einem Link zur Umbuchung auf mögliche Easyjet-Flüge. Das Angebot war jedoch schnell vergriffen. «Wenn ich mich nicht selber darum gekümmert hätte, wäre ich in zehn Tagen noch auf der Insel gesessen», so W. Sie wirft Easyjet ein «komplettes Versagen» vor.
Unter Zeitdruck forderte Priska W. eine Rückerstattung für den annullierten Rückflug, da sie nicht zehn Tage auf der Insel warten konnte. Die 180 Franken für den Rückflug erhielt sie nach wenigen Tagen zurück. Dies war jedoch nur ein kleiner Trost angesichts der weiteren Herausforderungen, die vor ihr lagen.
Hintergrund: Fluggastrechte
Gemäss EU-Verordnung 261/2004 haben Passagiere bei Flugstreichungen oder grossen Verspätungen bestimmte Rechte. Dazu gehören das Recht auf Betreuung (Mahlzeiten, Getränke, Hotelunterkunft bei Bedarf) und unter Umständen eine finanzielle Entschädigung, sofern der Vorfall nicht auf aussergewöhnliche Umstände zurückzuführen ist. Vogelschläge gelten oft als solche aussergewöhnlichen Umstände.
Der zweite Anlauf und ein Motorschaden
Für den Folgetag buchte Priska W. einen Rückflug mit Air France. Dieser Flug beinhaltete einen Zwischenstopp in Paris und kostete 352 Franken. Damit fielen für sie 172 Franken mehr an als der ursprüngliche Easyjet-Rückflug. Zudem musste sie eine zusätzliche Übernachtung auf Korsika bezahlen und fiel einen Tag bei der Arbeit aus. «Ich hoffe, dass mir Easyjet die Differenz bezahlt», äussert W. ihre Erwartung.
Doch die Erleichterung über den Ersatzflug währte nicht lange. Kaum in der Luft, meldete die Maschine einen Motorschaden. Das Flugzeug musste umkehren und nach Korsika zurückfliegen. Dies bedeutete eine weitere Verzögerung und erneuten Stress für die Passagiere.
«Der Service von Air France war sensationell – der Service von Easyjet dagegen nicht existent.»
Endlich zu Hause: Eine lange Ankunft
Mit der nächsten Air France-Maschine gelangte Priska W. schliesslich nach Paris. Doch der Anschlussflug war inzwischen weg. Ihr zweiter Rückreiseversuch dauerte insgesamt 17 Stunden, bis sie endlich zu Hause ankam. Die letzte Etappe der Reise nach Basel bewältigte sie mit verschiedenen Verkehrsmitteln: Metro, TGV und einem Bummelzug. Am Flughafen Basel angekommen, stand sie vor dem Problem, zu ihrem am Airport Parking abgestellten Auto zu gelangen.
Ein unerwartetes Zusammentreffen im Zug nach Saint-Louis sorgte für ein kleines «Happy End». Priska W. lernte eine junge Frau und deren Freund kennen, die sie spontan zu ihrem Auto am Flughafenparkplatz fuhren. Diese Hilfsbereitschaft erleichterte die letzten Meter einer anstrengenden Reise.
Zweifel am Vogelschlag als Ursache
Die gesamte Odyssee verärgerte Priska W. zutiefst. Bei ihren Recherchen fand sie heraus, dass der Vogelschlag, den Easyjet als Grund für die Annullierung angab, bereits früh am Morgen auf einem anderen Flug stattgefunden haben soll. Dies würde bedeuten, dass es sich bei der Absage ihres Fluges um eine Folgeunterbrechung handelte. In diesem Fall hätte sie Anspruch auf eine zusätzliche Entschädigung.
Easyjet beharrt auf Anfrage jedoch auf dem Vogelschlag als «aussergewöhnlichen Umstand», der eine Entschädigung ausschliesse. Philippe Strässle (57), Rechtsexperte beim Fluggastrechteportal Airhelp, äussert Zweifel an dieser Darstellung. «Es gibt keine offizielle Datenbank für Vogelschläge – das wissen die Fluggesellschaften», erklärt Strässle. Er vermutet, dass es sich eher um eine andere Art von Verspätung handelte, die später als Vogelschlag deklariert wurde, um Entschädigungszahlungen zu vermeiden.
Rechtliche Einschätzung und der Kampf um Rechte
Laut Rechtsexperte Strässle hat sich Easyjet grösstenteils korrekt verhalten, was die Organisation eines Ersatzrückfluges betrifft. Airlines sind rechtlich nicht verpflichtet, diesen für ihre Passagiere zu organisieren. Während grosse Airlines wie Swiss oder Air France dies oft als Serviceleistung anbieten, verzichten Low-Cost-Airlines wie Easyjet darauf. «Das gehört einfach zum Service. Low-Cost-Airlines wie Easyjet ist das dagegen egal», so Strässle.
Easyjet ist jedoch nach Ansicht des Experten für die zusätzliche Übernachtung und weitere Kosten verantwortlich. Zudem hätte die Fluggesellschaft ab drei Stunden Verspätung für die Verpflegung am Flughafen aufkommen müssen, was nicht geschah. Priska W. kämpft deshalb weiter für ihre Rechte und eine Entschädigung. «Mir geht es um meine Rechte. In meinen Augen hat Easyjet uns Passagiere angelogen – das ist eine Frechheit», betont sie.
Zehn Tage nach dem annullierten Flug lenkte Easyjet ein und stellte ihr ein Formular für die Übernachtungsspesen zu. Priska W. hatte zuvor gedroht, den Fall bis ans Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) weiterzuziehen. Der Fall zeigt die Komplexität von Fluggastrechten und die Herausforderungen, denen sich Passagiere bei Flugproblemen gegenübersehen.





