Die Zwillingsbrüder Thomas und Martin Engler leiten nun die Gastrag AG, ein bedeutendes Basler Gastronomieunternehmen. Sie haben die Verantwortung für 20 Betriebe und rund 300 Mitarbeiter von ihrem Vater Richard Engler übernommen. Dieser Generationenwechsel, der 2019 begann und 2026 abgeschlossen sein soll, bringt neue Perspektiven und Herausforderungen mit sich.
Wichtige Erkenntnisse
- Die Zwillingsbrüder Thomas und Martin Engler führen die Gastrag AG.
- Das Unternehmen umfasst 20 Betriebe und beschäftigt 300 Mitarbeiter.
- Der Übergang vom Vater Richard Engler begann 2019 und endet 2026.
- Gastrag setzt auf Konzepttreue und selektives Wachstum.
- Digitale Transformation und Konsolidierung prägen die neue Führung.
Die Anfänge und das Erbe des Papa Joe's
Thomas und Martin Engler sind mit der Basler Gastronomie aufgewachsen. Das Papa Joe's am Barfüsserplatz, ein Lokal mit amerikanisch-karibischem Flair, hat für sie eine besondere Bedeutung. Thomas Engler erinnert sich: «Das Papa Joe’s hat für mich einen ganz speziellen Platz im Herzen, weil wir schon als Kinder auf der Baustelle herumgestiefelt sind.» Damals, vor fast 30 Jahren, war dort noch eine grosse Baugrube.
Das Papa Joe's feiert diesen November sein 30-jähriges Bestehen. Es ist ein zentraler Bestandteil der Gastrag AG, die heute zu den erfolgreichsten Gastronomiegruppen Basels zählt. Die Gruppe blickt auf eine 58-jährige Geschichte zurück.
Zahlen und Fakten zur Gastrag AG
- Gründungsjahr: 1968
- Mitarbeiterzahl: Rund 300
- Anzahl Betriebe: 20 (18 Restaurants/Pubs, 2 Hotels)
- Regionale Präsenz: Neun Betriebe allein in der Region Basel
Traditionelle Konzepte mit langer Geschichte
Zu den bekannten Konzepten der Gastrag AG gehören das Mr. Pickwick in der Steinenvorstadt, das vor über 50 Jahren entstand. Dieses Pub-Konzept ist auch in anderen Schweizer Städten wie Zürich, Bern und Luzern erfolgreich. Der asiatische Mister Wong existiert seit 37 Jahren. Italienische Küche ist mit dem Da Roberto in Basel und Da Ernesto in Luzern seit fünf Jahrzehnten Teil des Portfolios.
Diese Langlebigkeit der Konzepte ist ein Markenzeichen der Gastrag AG. Die Brüder Engler setzen auf bewährte Strategien und eine starke Markenidentität.
Der Generationswechsel und seine Herausforderungen
Der Übergang der Geschäftsführung von Vater Richard Engler zu seinen Söhnen begann im Jahr 2019. Richard Engler ist weiterhin als Verwaltungsratspräsident tätig. Der vollständige Abschluss des Wechsels ist für 2026 geplant. Dieser Prozess war nicht immer einfach, wie Thomas Engler lachend bemerkt: «Den Vater vom Geschäft wegzubringen, war genauso schwer, wie uns daran heranzuführen.»
Im Gespräch wird der familiäre Zusammenhalt deutlich. Thomas Engler ist der kommunikativere der beiden, während Martin Engler ruhiger und faktenorientierter agiert. Diese unterschiedlichen Persönlichkeiten spiegeln sich in ihren Aufgabenbereichen wider.
Hintergrund der Engler-Brüder
Thomas Engler (39): Gelernter Koch. Er absolvierte eine klassische Gastronomie-Ausbildung, arbeitete in grossen Hotels im Ausland und in Saisonbetrieben in den Bergen. Anschliessend besuchte er die Hotelfachschule, bevor er in das Familienunternehmen eintrat. Er ist für das gesamte Management zuständig.
Martin Engler (39): Gelernter Automechaniker. Nach seiner Lehre arbeitete er im Kundendienst und als Serviceleiter. Eine Ausbildung zum technischen Kaufmann ergänzte sein Profil. Sein Talent für Zahlen führte ihn schliesslich zur Gastrag AG. Er verantwortet die gesamte Administration im Hintergrund.
Konzepttreue als Erfolgsfaktor
Die Gastrag AG ist bekannt für die Beständigkeit ihrer Konzepte. Wer regelmässig in einem Mr. Pickwick, Mister Wong oder Papa Joe's einkehrt, stellt fest, dass sich diese Betriebe über Jahrzehnte kaum verändert haben. Thomas Engler erklärt: «Die Konzepttreue ist der Schlüssel zu unserem Erfolg.» Kleinere Auffrischungen gebe es zwar, aber funktionierende Konzepte werden nicht grundlegend verändert.
Selbst kleine Anpassungen, wie etwa die Idee, transparente Scheiben im rustikalen Mr. Pickwick einzubauen, stossen auf Widerstand. «Die Gäste wollen das nicht. Dort drinnen leben wir das traditionelle englische Pub. So soll es auch bleiben», so Thomas Engler. Diese Haltung zeigt, wie wichtig die Erwartungen der Stammgäste für das Unternehmen sind.
«Wir müssen nicht jeden Hype mitmachen. Meistens verschwinden sie so schnell, wie sie gekommen sind.»
Beständigkeit in einer sich schnell wandelnden Welt ist eine grosse Herausforderung. Martin Engler betont, dass man nicht jedem Trend folgen müsse. Kulinarische Trends, wie Smash Burger, werden bei Bedarf in saisonal wechselnden Karten aufgegriffen, ohne die Stammspeisekarten zu verändern. Thomas Engler zieht einen Vergleich: «Der Cheeseburger bei McDonald’s ist seit 50 Jahren genau gleich. Nichts daran ist chic, aber alle mögen ihn. Das ist auch unsere Strategie: markentreu und konstant.»
Strategische Konsolidierung und Expansion
Im Rahmen des Generationswechsels mussten die Brüder Engler auch schwierige Entscheidungen treffen. Sie haben die Firma konsolidiert und sich von unrentablen Betrieben getrennt. Ein Beispiel ist die Schliessung des Kohlmanns am Barfüsserplatz. Stattdessen wurde das Da Roberto, das zuvor versteckt in Bahnhofsnähe lag, an diese prominente Innenstadtlage verlegt. Auch das Papa Joe’s Ascona wurde nach neun Jahren aufgegeben, obwohl es an schöner Lage war, da es sich nicht rentierte.
Die Gastrag AG wurde 1968 von Emil Wartmann gegründet. In ihrer ersten Hochphase zählte die Firma schweizweit 30 Pubs. Robert Keppler übernahm 1988 und lancierte Mister Wong sowie das Papa Joe’s. Richard Engler, der 2008 die Führung übernahm, professionalisierte die bestehenden Betriebe und versuchte sich mit dem Kuuhl’s in der Steinenvorstadt auch an neuen Konzepten, das jedoch nach zwei Jahren wieder schloss und heute das Hans im Glück beherbergt.
Die neue Generation konzentriert sich auf langjährig erfolgreiche Konzepte und eine selektive Expansion. «Wir wollen durchaus weiterwachsen, aber gesund und nicht um jeden Preis», erklärt Thomas Engler. Als Beispiel für diese Strategie wird nächste Woche ein neuer Mister Wong in Allschwil eröffnet, im aufstrebenden Bachgraben-Gebiet, der ein moderneres Erscheinungsbild haben wird.
Umgang mit Herausforderungen und Zukunftsperspektiven
Nicht alle Entscheidungen der Söhne stossen beim Vater Richard Engler auf uneingeschränkte Zustimmung. Bei gemeinsamen Familienessen gebe es immer wieder Diskussionen, so Thomas Engler. In solchen Fällen sei es wichtig, faktenbasierte Argumente zu liefern und Kompromisse einzugehen. Die familiäre Zusammenarbeit funktioniere dennoch sehr gut.
Der Respekt vor der Verantwortung für 300 Mitarbeiter war gross, besonders da die Covid-Pandemie kurz nach Beginn des Generationswechsels das Unternehmen traf. Richard Engler berichtete damals von täglichen Umsatzeinbussen zwischen 120'000 und 150'000 Franken. Trotz der enormen Belastung konnte die gut aufgestellte Gruppe die Krise meistern.
Lektionen vom Vater
Die Engler-Brüder haben vom Vater gelernt: «Die besten Geschäfte sind die, auf die er verzichtet hat.» Dieses Credo bedeutet, ruhig zu bleiben, gut abzuwägen und nie überstürzt zu handeln.
Die aktuelle Geschäftsleitung hat eine Digitalisierungsoffensive vorangetrieben und Abläufe modernisiert. Diese Veränderungen stiessen nicht immer auf Gegenliebe beim Personal. «Es gab viele, die an uns gezweifelt haben», sagt Thomas Engler. Die Zahlen der letzten beiden Jahre zeigen jedoch, dass sich die Anpassungen gelohnt haben und die Erwartungen übertroffen wurden. Dies motiviert das Team.
Beide Brüder waren mehrere Jahre operativ in den Gastrag-Betrieben tätig und haben einige davon selbst geführt. Heute agieren sie im Hintergrund. Um den Bezug zu Gästen und Personal nicht zu verlieren, arbeitete Martin Engler vor seinem Einstieg in die Geschäftsleitung ein Jahr lang in allen Gastrag-Betrieben in verschiedenen Positionen. Thomas Engler betont: «Wir arbeiten zwar nicht mehr aktiv an der Front, aber sind regelmässig zu Besuch in den Betrieben, um den persönlichen Kontakt mit unseren Mitarbeitern zu pflegen.»
Guter Service und ehrliches Essen haben für sie oberste Priorität. Ihre Aufgabe ist es auch, zu antizipieren, was nicht nur heute, sondern auch in fünf oder zehn Jahren funktioniert. Ob das Papa Joe’s in drei Jahrzehnten noch existiert? «Das wäre wunderbar, warum nicht? Und das Piwi? Englische Pubs funktionieren seit 300 Jahren», sagt Thomas Engler. Mit diesem Optimismus wollen die Engler-Brüder das Familienunternehmen in Zukunft an die nächste Generation übergeben.





