Der Vitra Campus in Weil am Rhein hat eine neue, bemerkenswerte Attraktion: das Doshi Retreat. Dieses einzigartige Bauwerk ist das letzte Werk des renommierten indischen Pritzker-Preisträgers Balkrishna Doshi. Es bietet Besuchern einen Raum für Stille und innere Einkehr, der Architektur, Klang und Spiritualität auf besondere Weise verbindet.
Wichtige Erkenntnisse
- Das Doshi Retreat ist Balkrishna Doshis letztes Werk und sein einziges Projekt außerhalb Indiens.
 - Die Architektur ist von einem Traum Doshis inspiriert, der zwei ineinander verschlungene Kobras sah.
 - Ein integriertes Audiosystem erzeugt meditative Gong- und Flötenklänge.
 - Ein handgehämmertes Messing-Mandala ziert die Decke des kapellenartigen Endraums.
 - Das Retreat ist öffentlich zugänglich und Teil des Vitra Campus.
 
Ein architektonisches Erbe des Meisters
Balkrishna Doshi, der im Jahr 2023 verstarb, hinterlässt mit dem Doshi Retreat ein bedeutendes Erbe. Es ist nicht nur sein letztes vollendetes Projekt, sondern auch sein einziges Bauwerk außerhalb seiner Heimat Indien. Doshi, bekannt für seine tiefgründige und humanistische Architektur, schuf gemeinsam mit seiner Enkelin Khushnu Panthaki Hoof und Sönke Hoof einen Raum, der zum Nachdenken anregen soll.
Das Retreat auf dem Vitra Campus reiht sich ein in eine Serie internationaler Projekte, die dort realisiert wurden. Zuvor entstanden das «Umbrella House» aus Japan und das «Khudi Bari» aus Bangladesch. Das Doshi Retreat erweitert diese Sammlung um eine indische Perspektive.
Faktencheck
- Architekt: Balkrishna Doshi (Pritzker-Preisträger)
 - Co-Designer: Khushnu Panthaki Hoof und Sönke Hoof
 - Standort: Vitra Campus, Weil am Rhein
 - Fertigstellung: Vor Doshis Tod im Jahr 2023
 - Besonderheit: Erstes und einziges Projekt Doshis außerhalb Indiens
 
Die Form einer Kobra und die Kraft des Klangs
Der Weg in das Doshi Retreat führt Besucher sanft in den Boden hinein. Entlang der Wände, die nur gedämpftes Licht empfangen, erklingen leise Gong- und Flötenklänge. Diese Gestaltung ist kein Zufall, sondern tief in Doshis Vision verwurzelt.
«Diese Architektur entstand aus einem Traum von Doshi, in dem er zwei ineinander verschlungene Kobras sah», erklärt Khushnu Panthaki Hoof.
Die Form des Bauwerks folgt dieser Vorstellung. Eine Spirale symbolisiert Bewegung, Energie und Transformation. Der verwendete Cortenstahl und die räumliche Anordnung erinnern an Skulpturen von Richard Serra, die in der Region Basel bekannt sind.
Der Klang spielt im Doshi Retreat eine zentrale Rolle, ähnlich wie in östlichen Tempeln oder westlichen Sakralräumen. Ein in den Boden integriertes Audiosystem sendet wechselnde Sequenzen von Klängen entlang des Pfades. Diese akustische Begleitung schafft eine einzigartige, meditative Atmosphäre.
Ein Raum für innere Bewegung
Am Ende des spiralförmigen Pfades öffnet sich ein kapellenartiger Raum. Dessen Decke ziert ein in Indien handgehämmertes Mandala aus Messing. Dieses Relief wirft ein gebrochenes, warmes Licht in den Raum und bildet den stillen Abschluss der architektonischen Klangreise.
Die gesamte Gestaltung des Retreats nimmt Bezug auf die Philosophie der Kundalini. Diese im Sanskrit als «gewunden» oder «spiralförmig» bezeichnete Energie ruht an der Basis der Wirbelsäule. Im Yoga und Tantra symbolisiert ihr Aufstieg durch die Chakren eine Form spiritueller Transformation.
Hintergrund: Kundalini
Kundalini ist ein zentrales Konzept in verschiedenen spirituellen Traditionen Indiens. Es beschreibt eine latente, schöpferische Energie, die als zusammengerollte Schlange am unteren Ende der Wirbelsäule dargestellt wird. Durch Yoga- und Meditationspraktiken soll diese Energie erweckt und durch die Energiezentren (Chakren) des Körpers aufsteigen, um spirituelle Erleuchtung zu erreichen.
Im Doshi Retreat wird diese Idee räumlich erfahrbar. Die Architektur selbst dient als Medium, der Klang als Katalysator für diese innere Reise. Besucher sollen die Grenze zwischen dem Selbst und der Struktur auflösen können. Das Retreat ist bewusst als offener Raum konzipiert, der Einsamkeit, Rückzug und innere Bewegung ermöglicht.
Ein kultureller Gewinn für den Vitra Campus
Das Doshi Retreat ist öffentlich zugänglich und kann zu den regulären Öffnungszeiten des Vitra Campus besucht werden. Es wird zudem in der Vitra Campus Gallery vorgestellt und ist Teil von Führungen. Dieser neue Pavillon bereichert das kulturelle Angebot des Campus erheblich.
Der Vitra Campus, bekannt für seine Sammlung von Architekturikonen, bietet mit dem Doshi Retreat einen weiteren Grund für einen Besuch. Es ist ein Ort, der zum Innehalten einlädt und eine Brücke zwischen östlicher Spiritualität und moderner Architektur schlägt. Die Kombination aus Doshis Vision, der spiralförmigen Geometrie und den meditativen Klängen schafft ein Erlebnis, das lange nachwirkt.
- Das Retreat ist ganzjährig zu den Öffnungszeiten des Vitra Campus zugänglich.
 - Es ist Teil der Vitra Campus Gallery und wird in Führungen thematisiert.
 - Besucher können hier Stille und Inspiration finden.
 
Die Eröffnung des Doshi Retreats ist ein wichtiger Moment für den Vitra Campus und die Architekturwelt. Es ehrt das Lebenswerk eines der größten Architekten unserer Zeit und bietet gleichzeitig einen einzigartigen Raum für kontemplative Erfahrungen.
Doshis Vision lebt weiter
Obwohl Balkrishna Doshi nicht mehr unter uns ist, lebt seine Vision in diesem Bauwerk weiter. Das Doshi Retreat ist ein Zeugnis seiner tiefen Verbundenheit mit der menschlichen Erfahrung und der Rolle der Architektur dabei, diese zu bereichern. Es ist ein Ort, der nicht nur ästhetisch beeindruckt, sondern auch zum Nachdenken und zur Selbstreflexion anregt.
Die Besucher des Vitra Campus haben nun die Möglichkeit, Doshis einzigartigen Ansatz aus erster Hand zu erleben. Das Retreat ist ein weiteres Highlight, das den Ruf des Campus als Zentrum für innovative Architektur und Design festigt.





