Ein aussergewöhnliches Konzert in der Evangelischen Kirche Grenzach entführte das Publikum auf eine musikalische Reise in die Zeit des Mittelalters und der Renaissance. Im Rahmen des Markgräfler Musikherbstes präsentierten die in Grenzach-Wyhlen ansässigen Musiker Marc Lewon, Julian Behr und Silvia Tecardi gemeinsam mit dem Bariton Raitis Grigalis ein Programm, das die Klänge und Emotionen einer längst vergangenen Epoche wiederaufleben liess.
Das Wichtigste in Kürze
- Das Konzert "Musikalische Grenzgänge" fand in der Evangelischen Kirche in Grenzach statt.
- Die Musiker Marc Lewon (Laute), Julian Behr (Laute) und Silvia Tecardi (Gambe) sind in Grenzach-Wyhlen wohnhaft.
- Das Programm umfasste Werke aus der Zeit zwischen 1200 und 1600 und thematisierte Liebe und Leid.
- Die Veranstaltung war Teil der renommierten Konzertreihe "Markgräfler Musikherbst".
Ein Abend der Alten Musik in historischem Ambiente
Die Evangelische Kirche in Grenzach bot am Mittwochabend die perfekte Kulisse für eine musikalische Zeitreise. Die schlichte und doch ehrwürdige Atmosphäre des Kirchenraums harmonierte ideal mit den Klängen historischer Instrumente. Das Konzert mit dem Titel "Musikalische Grenzgänge" lockte zahlreiche Besucher an, die sich auf eine Entdeckungsreise in die Klangwelten des 12. bis 16. Jahrhunderts begeben wollten.
Die Veranstaltung war ein Höhepunkt des Markgräfler Musikherbstes, einer Konzertreihe, die für ihre hochwertigen Darbietungen und ihre Fokussierung auf klassische und historische Musik bekannt ist. Dass drei der vier auftretenden Künstler direkt aus der Doppelgemeinde stammen, verlieh dem Abend eine besondere, lokale Note und unterstrich die hohe musikalische Qualität, die in der Region beheimatet ist.
Der Markgräfler Musikherbst
Der Markgräfler Musikherbst ist eine etablierte Konzertreihe in der Region, die seit Jahren ein anspruchsvolles Programm mit nationalen und internationalen Künstlern bietet. Der Fokus liegt oft auf klassischer Kammermusik, aber auch Ausflüge in die Alte Musik oder zeitgenössische Werke finden regelmässig statt. Die Konzerte werden an verschiedenen, oft historisch bedeutsamen Orten im Markgräflerland veranstaltet.
Die Künstler und ihre Instrumente
Das Ensemble des Abends bestand aus vier Spezialisten auf dem Gebiet der Alten Musik. Ihre Instrumente und Spielweisen sind das Ergebnis intensiver Forschung und langjähriger Praxis, um die Musik so authentisch wie möglich zu interpretieren.
Die Meister der Laute: Marc Lewon und Julian Behr
Im Zentrum des instrumentalen Geschehens standen die Lauten, gespielt von Marc Lewon und Julian Behr. Die Laute war eines der populärsten Instrumente der Renaissance und des Mittelalters, vergleichbar mit der heutigen Gitarre. Ihr zarter, intimer Klang füllte den Kirchenraum mit einer besonderen Wärme.
Das Zusammenspiel der beiden Lautenisten war von beeindruckender Präzision und Musikalität geprägt. Sie wechselten zwischen begleitenden Rollen und solistischen Passagen und zeigten die ganze Bandbreite des Instruments – von filigranen Melodielinien bis hin zu komplexen polyphonen Strukturen. Es wurde deutlich, warum die Laute als "Königin der Instrumente" ihrer Zeit galt.
Die Laute im Wandel der Zeit
Die europäische Laute entwickelte sich aus der arabischen Oud. Im Mittelalter hatte sie typischerweise vier oder fünf Saitenpaare (Chöre) und wurde mit einem Plektrum gespielt. In der Renaissance erhöhte sich die Anzahl der Chöre auf bis zu zehn, und die Spieltechnik verlagerte sich auf das Zupfen mit den Fingern, was ein deutlich differenzierteres Spiel ermöglichte.
Die Seele der Gambe: Silvia Tecardi
Den klanglichen Grundpfeiler des Ensembles bildete Silvia Tecardi an der Viola da Gamba. Dieses Streichinstrument, das zwischen den Knien gehalten wird (daher der Name "Gambe"), besitzt einen warmen, leicht melancholischen Ton, der sich perfekt mit den Lauten mischte. Tecardis Spiel war von grosser Sensibilität und Ausdruckskraft geprägt. Sie legte das harmonische Fundament, über dem sich Gesang und Lautenmelodien entfalten konnten, setzte aber auch eigene, kantable Akzente.
Die Stimme vergangener Zeiten: Raitis Grigalis
Der lettische Bariton Raitis Grigalis vervollständigte das Quartett. Mit seiner klaren und wandlungsfähigen Stimme interpretierte er die Lieder über Liebe, Verlust, Freude und Leid. Seine Darbietung war frei von modernem Opernpathos und orientierte sich an einer historischen Gesangspraxis, die den Text und seine emotionale Botschaft in den Vordergrund stellt. Grigalis gelang es, die mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Texte für das heutige Publikum verständlich und nachfühlbar zu machen.
Eine Reise durch die musikalischen Epochen
Das Programm des Abends spannte einen weiten Bogen über 400 Jahre Musikgeschichte. Es begann mit Werken aus dem Hochmittelalter, einer Zeit, in der die Musik noch stark von einstimmigen Melodien und modalen Harmonien geprägt war. Die Lieder der Troubadoure und Minnesänger erzählten von höfischer Liebe und ritterlichen Abenteuern.
"Die Musik dieser Zeit ist wie ein Fenster in eine andere Welt. Sie erzählt universelle Geschichten von menschlichen Gefühlen, die auch heute noch berühren", so ein Konzertbesucher in der Pause.
Mit dem Übergang zur Renaissance wurde die Musik komplexer. Mehrstimmigkeit (Polyphonie) wurde zum bestimmenden Merkmal. Das Ensemble präsentierte Werke von bekannten und weniger bekannten Meistern dieser Epoche. Die Themen blieben universell: Die Freuden einer erwiderten Liebe standen neben der Klage über Trennung und Vergänglichkeit. Das Zusammenspiel von Gesang und Instrumenten illustrierte eindrücklich die enge Verbindung von Wort und Ton, die für die Renaissancemusik so charakteristisch ist.
Lokale Talente mit internationalem Renommee
Ein besonderer Aspekt des Konzerts war die Tatsache, dass drei der Musiker – Marc Lewon, Julian Behr und Silvia Tecardi – in Grenzach-Wyhlen leben. Sie sind international anerkannte Spezialisten für Alte Musik und tragen mit ihrer Arbeit von der Doppelgemeinde aus zur Pflege dieses musikalischen Erbes bei.
Marc Lewon ist nicht nur als Musiker, sondern auch als Musikwissenschaftler tätig und leitet das renommierte Ensemble Leones. Julian Behr hat sich ebenfalls als Solist und Ensemblemusiker einen Namen gemacht. Silvia Tecardi ist eine gefragte Gambistin in verschiedenen internationalen Formationen. Ihre Anwesenheit in Grenzach-Wyhlen ist ein Gewinn für das lokale Kulturleben und ermöglicht Konzerterlebnisse auf höchstem Niveau direkt vor der Haustür.
Das zahlreiche Publikum in der Evangelischen Kirche spendete langanhaltenden Applaus und würdigte damit einen Abend, der nicht nur musikalisch, sondern auch emotional tief berührte. Die "Musikalischen Grenzgänge" waren eine eindrucksvolle Demonstration, wie lebendig und fesselnd Musik sein kann, die vor über 500 Jahren komponiert wurde.





