Die Sozialdemokratische Partei (SP) Basel-Stadt setzt sich für eine deutliche Erhöhung der Löhne von Auszubildenden ein. Grossrätin Amina Trevisan hat eine Motion eingereicht, die einen Mindestlohn von 1000 Franken für alle Lernenden im ersten Lehrjahr fordert. Dies betrifft alle Branchen, mit Ausnahme derer, die bereits einem allgemein verbindlichen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) unterliegen. Die Regierung des Kantons Basel-Stadt und der Gewerbeverband lehnen diesen Vorschlag ab.
Wichtige Punkte
- SP-Grossrätin Amina Trevisan fordert 1000 Franken Mindestlohn für Lernende im ersten Lehrjahr.
- Derzeit liegt der Medianlohn im ersten Lehrjahr in Basel-Stadt bei durchschnittlich 750 Franken.
- Kleinstunternehmen sollen bei der Umsetzung durch einen Fonds unterstützt werden.
- Regierungsrat und Gewerbeverband lehnen die Einführung von Mindestlöhnen für Auszubildende ab.
Forderung nach höherer Entlohnung
Amina Trevisan begründet ihren Vorstoss mit der Notwendigkeit, die jungen Menschen angemessen zu entlohnen. Viele Lernende würden in ihrer Ausbildung bereits wie Erwachsene arbeiten und seien oft überlastet. Die aktuelle Entlöhnung sei in den letzten vier Jahrzehnten nicht ausreichend angepasst worden.
Derzeit existiert in Basel-Stadt zwar ein Mindestlohn von 22 Franken brutto pro Stunde, dieser gilt jedoch nicht für Auszubildende. Trevisan betont, dass es an der Zeit sei, dies zu ändern und die Löhne der Lernenden zu verbessern. Sie argumentiert, dass der Staat, der Betriebe kontinuierlich entlaste, nun auch etwas für die jungen Menschen tun müsse.
«Wir fordern, dass junge Menschen im ersten Lehrjahr in allen Branchen mindestens 1000 Franken verdienen», sagt SP-Grossrätin Amina Trevisan.
Aktuelle Situation
- Der Medianlohn im ersten Lehrjahr beträgt laut Berufsbildung.ch in Basel-Stadt durchschnittlich 750 Franken für eine dreijährige Lehre und 600 Franken für eine vierjährige Lehre.
- Eine Studie des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes zeigt, dass bereits die Hälfte aller Betriebe monatlich 1000 Franken im ersten Lehrjahr zahlt.
Wirtschaftliche Auswirkungen und Finanzierung
Die Einführung eines Mindestlohns von 1000 Franken würde für Unternehmen, die derzeit 750 Franken zahlen, Mehrkosten von etwa 3000 Franken pro Jahr bedeuten. Trevisan hält diese Kosten für tragbar. Sie argumentiert weiter, dass es gerechter sei, wenn die Kosten von den Firmen getragen würden, anstatt von den Steuerzahlenden in Form von Stipendien.
Die Löhne für Lernende variieren stark je nach Branche und Beruf. Die Spanne reicht von 390 bis über 1000 Franken pro Monat im ersten Lehrjahr. Nur in 16 von über 240 Berufen werden laut Berufsbildung.ch Erstlehrjahrslöhne von 1000 Franken oder mehr empfohlen. Dazu gehören unter anderem Dachdecker, Fahrzeugschlosser, Fleischfachleute, Gemüsegärtner und Landwirte. Am unteren Ende der Skala finden sich Berufe wie Bekleidungsnäherinnen, Grafiker oder Pferdewarte mit Lohnempfehlungen von nur 400 Franken.
Hintergrund des Basler Mindestlohns
In Basel-Stadt gilt seit einigen Jahren ein kantonaler Mindestlohn von 22 Franken pro Stunde. Dieser wurde eingeführt, um Lohndumping entgegenzuwirken und ein Existenzminimum zu sichern. Auszubildende sind jedoch explizit von dieser Regelung ausgenommen, da ihre Entlohnung als Teil der Ausbildung und nicht als vollwertiger Arbeitslohn betrachtet wird. Die Motion von Amina Trevisan zielt darauf ab, diese Ausnahme für Lernende im ersten Lehrjahr aufzuheben.
Unterstützung für Kleinstunternehmen
Die SP-Grossrätin ist sich bewusst, dass nicht alle Betriebe die geforderten 1000 Franken pro Monat zahlen können, insbesondere Kleinstunternehmen wie Coiffeursalons. Für diese Fälle schlägt Trevisan in ihrer Motion die Äufnung eines Fonds vor. Aus diesem Fonds sollen betroffene Firmen finanzielle Unterstützung erhalten, um die höheren Lehrlingslöhne stemmen zu können.
Dieser Ansatz soll sicherstellen, dass auch kleinere Betriebe weiterhin Ausbildungsplätze anbieten können, ohne finanziell überfordert zu werden. Die Detailausgestaltung eines solchen Fonds müsste im Falle einer Annahme der Motion erarbeitet werden.
Widerstand von Regierung und Gewerbeverband
Der Regierungsrat von Basel-Stadt lehnt die Einführung von Mindestlöhnen während der Ausbildung ab. In einer Stellungnahme zu einem früheren Vorstoss äusserte er Bedenken, dass dies zum Verlust von Lehrstellen führen könnte. Es könnten für Arbeitgebende negative Anreize entstehen, überhaupt Ausbildungsplätze anzubieten, so die Befürchtung der Regierung.
Auch der Gewerbeverband Basel-Stadt spricht sich gegen einen Mindestlohn für Auszubildende aus. Er betont, dass viele Betriebe ihren Lernenden bereits heute mehr als den vertraglich geregelten Lohn bieten. Dazu gehörten Beiträge an Lehrmittel, ÖV-Abos, Verpflegung oder Zusatzkurse. Diese freiwilligen Leistungen zeigten, dass die Betriebe Verantwortung übernehmen und die Ausbildung als Investition in die Zukunft verstünden.
Lohnempfehlungen nach Berufsfeldern
- Hoch (ab 1000 Franken): Dachdecker, Fahrzeugschlosser, Fleischfachleute, Gemüsegärtner, Landwirte.
- Tief (um 400 Franken): Bekleidungsnäherinnen, Grafiker, Pferdewarte.
Ausblick auf die politische Debatte
Ob die Motion von Amina Trevisan und der Juso Basel-Stadt, die an dem Vorstoss mitgearbeitet hat, im Grossen Rat eine Mehrheit finden wird, ist ungewiss. Trevisan selbst schätzt die Lage als knapp ein. Sie ist jedoch überzeugt, dass der Versuch, die Situation der Lernenden zu verbessern, sich lohnt.
Die Debatte um die Lehrlingslöhne spiegelt die unterschiedlichen Ansichten über die Rolle der Ausbildung und die Verantwortung von Staat und Wirtschaft wider. Während die SP die soziale Gerechtigkeit für junge Auszubildende in den Vordergrund stellt, warnen Regierung und Gewerbe vor möglichen negativen Auswirkungen auf das Lehrstellenangebot und die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe.
Die politische Auseinandersetzung wird zeigen, welche Argumente im Grossen Rat letztlich überzeugen und ob Basel-Stadt einen neuen Weg in der Entlohnung von Lernenden einschlägt.