Das Baugesuch für die Transformation der Wohnüberbauung Rhypark in Basel, erbaut 1986 von Architekt Walter Wurster, stösst auf Kritik. Aktuell läuft das Baubewilligungsverfahren. Experten bemängeln das Vorgehen und fordern eine denkmalpflegerische Sanierung oder ein qualitätssicherndes Wettbewerbsverfahren. Die prominente Lage am Rhein und die städtebauliche Bedeutung des Ensembles aus den 1980er-Jahren machen den Umgang mit dem Bau besonders sensibel.
Wichtige Punkte
- Die geplante Transformation des Rhyparks wird kritisiert.
- Experten fordern ein Wettbewerbsverfahren oder eine denkmalpflegerische Sanierung.
- Das Gebäude von Walter Wurster aus dem Jahr 1986 gilt als bedeutender Zeitzeuge.
- Die Schutzwürdigkeit des Areals wurde bisher nicht geprüft.
- Der Direktauftrag für das Bauprojekt wird als falsches Vorgehen bezeichnet.
Hintergrund des Rhypark-Areals
Das Areal des ehemaligen städtischen Schlachthofs, über 40.000 Quadratmeter gross, wurde nach dessen Verlegung für den sozialen Wohnungsbau vorgesehen. Ein Wettbewerbsverfahren im Jahr 1972 führte zum Projekt von Walter Wurster. Ursprünglich umfasste es 450 Wohnungen, einen Saalbau, ein Jugendhaus, Kindergärten und ein Hallenbad.
Aufgrund einer Rezession und eines erhöhten Leerwohnungsbestands wurde der Bebauungsplan politisch überarbeitet. Statt drei Wohnblöcken mit 319 Wohnungen wurden schliesslich 102 Familienwohnungen im siebengeschossigen Block an der Mülhauserstrasse und 26 Maisonettewohnungen am Rhein realisiert. Ein grosser Teil des Areals wurde als Park- und Grünfläche gestaltet. Auch die alte Stadtgärtnerei musste für diese Parknutzung weichen.
Fakten zum Rhypark
- Baujahr: 1986
- Architekt: Walter Wurster
- Wohnungen: 102 Familienwohnungen (siebengeschossig), 26 Maisonettewohnungen (dreigeschossig)
- Arealgrösse: Über 40.000 Quadratmeter
- Lage: Rheinufer, Basel
Gründung der WGN durch den Rhypark
Der Grosse Rat hatte damals festgelegt, dass genossenschaftlicher Wohnungsbau bei der Überbauung des Areals bevorzugt werden sollte. Bestehende Wohngenossenschaften zögerten jedoch, Baurechtsverträge abzuschliessen, da das Risiko zu hoch schien. Dies führte zu einer wichtigen Entwicklung.
Innerhalb kurzer Zeit gründeten 26 Mitgliedsgenossenschaften den Wohnbau-Genossenschaftsverband Nordwest (WGN). Der Bau des Rhyparks war somit der Gründungsursprung für die WGN und ihr erstes Projekt. Angesichts dieser Geschichte sollte der WGN eine besondere Sensibilität für das Gebäude zeigen.
„Die Stadt und die Baurechtnehmerin Wohnbau-Genossenschaftsverband Nordwest (WGN) hätten entweder auf eine rein denkmalpflegerische Sanierung oder zumindest auf ein qualitätssicherndes Wettbewerbsverfahren setzen müssen.“
Christina Leibundgut, Redaktorin ArchitekturBasel
Architektonische Merkmale des Bestandsbaus
Der «Rhypark» gilt laut der Architekturhistorikerin Dorothee Huber als Beispiel für ein «Grand Ensemble». Er repräsentiert den Planungoptimismus der Nachkriegsmoderne. Der siebengeschossige Wohnbau ruht auf abgeschrägten Betonpfeilern, sogenannten Pilotis, vergleichbar mit denen von Le Corbusier. Das Erdgeschoss öffnet sich an einer Stelle und verbindet die beiden Gebäudeseiten.
Die Rheinpromenade führt direkt zu den zurückversetzten Hauseingängen. Das eingezogene Erdgeschoss bietet grosszügige, gedeckte Aussenbereiche. Diese sind für das Zusammenleben im Haus wichtig. Das Vorbild von Le Corbusiers «Unité d’Habitation» ist erkennbar. Wurster setzte es zwar nicht mit derselben Radikalität um, doch die Idee des Hauses sollte bei der Transformation berücksichtigt werden.
Walter Wurster und die Moderne
Walter Wurster (1927-2000) arbeitete nach seiner Ausbildung im Büro von Le Corbusier in Paris. Zurück in Basel, betrieb er sein Architekturbüro. Er baute in den Jahren des wirtschaftlichen Aufschwungs zahlreiche Ein- und Mehrfamilienhäuser. Zu seinen öffentlichen Bauten gehören die Friedhofanlage Allschwil (1950-1956), die Reformierte Kirche Bottmingen (1958/1959) und die Siedlung Sesselacker auf dem Bruderholz (1966-1971). Wurster fühlte sich zeitlebens der Moderne und dem Werk Le Corbusiers verpflichtet.
Die Wohnungen zeichnen sich durch effiziente Grundrisse und eine hohe Wohnqualität aus. Sie werden über eine zentrale Halle betreten, die als Ankommensbereich und Erschliessungsraum dient. Eine Verglasung zum Wohnbereich bringt Tageslicht in die Eingangshalle. Eine grosszügige Balkonschicht mit Auskragungen, Verglasungen und Pflanztrögen erweitert die Wohnungen zum Rhein hin. Diese Balkone tragen wesentlich zum Charakter des Hauses bei, das liebevoll «Favelahaus» genannt wird.
Kontroverse um Abrissforderungen
Im Jahr 2018 sorgten die Basler Architekten Emanuel Christ und Christoph Gantenbein für Aufsehen. In einem Interview mit der NZZ schlugen sie den radikalen Abriss des Rhyparks vor. Sie argumentierten, der Boden in Basel sei zu knapp, um ihn an dieser privilegierten Lage für locker gebauten, günstigen Wohnraum zu verschwenden. Ihr Vorschlag lautete, neue Zukunftspläne zu schmieden, wie es die Vorgänger in den 1970er-Jahren getan hätten.
Heute wird der Umgang mit Bestandsbauten anders bewertet, auch aus ökologischen Gründen. Der Wert des Gebauten ist gestiegen. Es ist fraglich, ob die Architekten im heutigen Zeitgeist noch so polemisch den Abriss fordern würden. Die damalige Wortmeldung hat dem Ansehen des Baus jedoch nicht geholfen. Sie könnte dazu beigetragen haben, dass die Bauherrschaft das Gebäude unterschätzt.
Geplante Überformung und Kritik
Das aktuelle Bauprojekt sieht neben notwendigen technischen Sanierungen auch volumetrische Erweiterungen vor. Die offene Struktur des Erdgeschosses, geprägt durch die Pilotis, soll weitgehend geschlossen werden. Dies würde die Fassadenflucht durch den kompletten Ausbau des Erdgeschosses grundlegend verändern. Auch die Durchwegung, die bereits bei Wurster relativ klein war, soll geschlossen werden.
Es stellt sich die Frage, ob der Ansatz mit Atelierwohnungen im Erdgeschoss den gewünschten Effekt erzielt. Ebenso fragwürdig erscheint, dass die Pilotis, die frei stehen sollten, eingehaust werden. Eine Fachjury hätte hierzu befragt werden sollen. Die geplante Erweiterung verschiebt die Fassadenflucht im Erdgeschoss erheblich.
- Geplante Massnahmen: Schliessung der offenen Erdgeschossstruktur, Einhausung der Pilotis, Schliessung der Durchwegung.
- Kritikpunkt: Grundlegende Veränderung der Fassadenflucht und des Charakters des Gebäudes.
- Forderung: Ein qualitätssicherndes Verfahren mit Fachjury.
Forderungen an die Stadtbildkommission und Denkmalpflege
Aufgrund seiner architektonischen und städtebaulichen Qualität sollte der Rhypark mindestens im Inventar schützenswerter Bauten der Kantonalen Denkmalpflege Basel-Stadt aufgeführt sein. Die Schutzwürdigkeit ist laut Heimatschutz unbestritten. Die Inventarisierung erfolgte bisher nur aus Mangel an Ressourcen.
Die Stadtbildkommission ist gefordert, auf einem qualitätssichernden Verfahren zu bestehen. Die Bauherrschaft sollte daher zurück auf Feld 1 geschickt werden. Die Denkmalpflege muss zudem Ressourcen schaffen, um die Schutzwürdigkeit zu bestätigen oder zu widerlegen. Kapazitätsengpässe dürfen nicht zu irreversiblen Eingriffen an potenziellen Baudenkmälern führen.