Jedes Jahr zur Herbstmesse werden sie zu Hunderttausenden verkauft: die Mässmögge. In einer Manufaktur in Birsfelden wird die klebrige Zuckermasse noch von Hand verarbeitet. Die Herstellung ist ein Knochenjob, der Präzision und Kraft erfordert und eine über 100-jährige Tradition am Leben erhält.
In den Produktionsräumen der Sweet Basel AG duftet es süsslich nach Karamell und Himbeeren. Hier, im einzigen Betrieb der Schweiz, der die Süssigkeit noch manuell fertigt, entstehen für die Messezeit rund eine halbe Million dieser traditionellen Bonbons.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Manufaktur Sweet Basel in Birsfelden stellt für die Herbstmesse rund 500'000 Mässmögge her.
 - Die Herstellung erfolgt grösstenteils von Hand und ist körperlich anspruchsvoll.
 - Das Rezept für die Haselnussfüllung ist ein gut gehütetes Betriebsgeheimnis.
 - Der Mässmogge ist seit 2008 Teil des kulinarischen Erbes der Schweiz.
 
Ein süsses Erbe mit sozialer Verantwortung
Die Manufaktur Sweet Basel, gegründet 1921 vom Basler Alfons Bürgin, blickt auf eine über 100-jährige Geschichte zurück. Seit 2011 führt Geschäftsführer Michael Muller das Unternehmen, das nicht nur eine Tradition pflegt, sondern auch eine soziale Mission verfolgt. Als Teil der Gesellschaft für Arbeit und Wohnen (GAW) bietet der Betrieb Arbeitsplätze für Menschen mit geistiger Beeinträchtigung.
Die Bedeutung des Handwerks zeigt sich auch darin, dass sogar Lehrlinge von grossen Süsswarenherstellern wie Ricola nach Birsfelden kommen, um die Grundlagen der Zuckerverarbeitung von der Pike auf zu lernen. Hier wird Wissen weitergegeben, das in der industriellen Fertigung verloren gegangen ist.
Vom Zuckerstock zum gefüllten Bonbon
Die Geschichte des Mässmogge ist eng mit der Basler Herbstmesse verknüpft. Ursprünglich war er eine einfache, ungefüllte Zuckerstange. Später entwickelte sich daraus der kleinere, ebenfalls ungefüllte Glasmogge. Die heute bekannte Version mit der cremigen Haselnussfüllung ist eine Weiterentwicklung, die sich über Jahrzehnte etabliert hat. „Unser ursprüngliches Mässmogge-Rezept ist rund 70 Jahre alt“, erklärt Michael Muller. Wer genau den ersten Mässmogge erfunden hat, bleibt unklar, doch seine kulturelle Bedeutung ist unbestritten: Seit 2008 ist die Süssigkeit offiziell als Teil des kulinarischen Erbes der Schweiz anerkannt.
Der anstrengende Weg vom Zuckerklumpen zum Bonbon
Die Herstellung eines Mässmogge ist ein Prozess, der in etwa 45 Minuten abgeschlossen ist, aber intensive Handarbeit erfordert. Alles beginnt mit einer zähflüssigen, heissen Masse aus Glukosesirup, Zucker, Farbstoffen und Aromen, die auf einen grossen Metalltisch gegossen wird.
Kneten gegen die Zeit
Sobald die Masse auf dem Tisch liegt, beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit. „Sobald sie abkühlt, ist sie nicht mehr gut formbar“, sagt Zuckerbäcker René Drechsler, der seit 30 Jahren im Betrieb arbeitet. Mit behandschuhten Händen knetet er die klebrige Masse, die bis zu 30 Kilogramm wiegen kann. Es ist eine Arbeit, die Kraft und Routine verlangt.
Die Hitze und die Klebrigkeit des Zuckers sind eine ständige Herausforderung. „Wenn man die Handschuhe ein paar Sekunden zu lange auf dem Zucker lässt, kann man sie wegschmeissen“, so Drechsler. Die Masse muss ständig in Bewegung bleiben, damit sie geschmeidig wird und nicht an den Handschuhen festklebt.
- 500'000 Mässmögge werden für eine Herbstmesse-Saison produziert.
 - Bis zu 30 Kilogramm wiegt ein einzelner Zuckerklumpen, der von Hand geknetet wird.
 - Die gesamte Produktion eines Batches dauert nur rund 45 Minuten.
 - Das Unternehmen wurde 1921 gegründet und blickt auf über 100 Jahre Geschichte zurück.
 
Das Herzstück: Die geheime Füllung
Nach dem Kneten wird ein Teil der Zuckermasse in einer speziellen Maschine gezogen, bis sie eine schaumige, weisse Konsistenz erhält. Dieser weisse Zucker bildet später die hellen Streifen des Bonbons. Währenddessen wird die berühmte Haselnussfüllung vorbereitet. Über deren genaue Zusammensetzung schweigt sich Geschäftsführer Michael Muller aus.
„Wenn ich könnte, würde ich die Füllung löffelweise essen“, gesteht Muller scherzhaft. Das genaue Rezept bleibt jedoch ein Geheimnis.
Die Füllung wird auf einer ausgerollten Zuckerplatte platziert. Parallel dazu legen die Zuckerbäcker die farbigen und weissen Zuckerstränge aneinander. Diese werden von zwei Mitarbeitern von Hand in die Länge gezogen und sorgfältig um die Haselnussmasse gerollt. Erst jetzt wird das bekannte gestreifte Muster des Mässmogge sichtbar.
Maschinelle Präzision für den letzten Schliff
Die dicke, gestreifte Zuckerrolle, die nun einer riesigen Schlange ähnelt, wird mit vereinten Kräften in eine Formmaschine gehievt. „Diese presst die Rolle in eine schmalere Form“, erklärt René Drechsler die Funktion der Walze. Am anderen Ende der Maschine kommt ein dünnerer, endloser Strang heraus, der über ein Fliessband weitergeleitet wird.
Eine weitere Maschine übernimmt die letzten Schritte: Sie schneidet den Strang in handliche Stücke und presst sie in die typische, leicht bauchige Form. Fertig geformt fallen die Bonbons in ein grosses Auffangbecken aus Metall. Hier sind sie noch leicht warm.
Qualitätskontrolle vor dem Verpacken
Am Ende des Fliessbandes erfolgt die letzte Kontrolle. Jedes einzelne Stück wird geprüft. „Die fehlerhaften werden aussortiert und noch einmal geschmolzen“, erklärt Muller. Nur die perfekten Exemplare werden verpackt und gelangen in den Verkauf an den Ständen der Herbstmesse oder im Detailhandel.
Bleibt eine letzte, oft diskutierte Frage: Wie isst man einen Mässmogge richtig? Michael Muller hat eine klare Empfehlung. „Jene mit Füllung sollte man beissen“, rät er. „Bei jenen ohne Füllung empfehle ich jedoch das Schlecken.“ So oder so bleibt der Mässmogge ein unverzichtbarer Teil des Basler Herbstes – ein süsses Stück Handwerkskunst aus der Region.





