Der Fall des 42-jährigen Schweizers, der im Februar 2024 in Binningen die Mutter seiner zwei Kinder getötet haben soll, sorgt weiterhin für Aufsehen. Der Beschuldigte, der in Untersuchungshaft sitzt, hat wiederholt Haftentlassungsgesuche gestellt. Diese Gesuche wurden vom Kantonsgericht Baselland abgelehnt. Die genauen Umstände der Tat und die rechtlichen Auseinandersetzungen um die Haftbedingungen des Mannes werfen Fragen zur Gleichheit vor Gericht auf.
Wichtige Punkte
- Ein 42-jähriger Schweizer ist wegen des Femizids an seiner Ex-Partnerin in Binningen in Haft.
- Der Beschuldigte hat wiederholt Haftentlassungsgesuche gestellt, die abgelehnt wurden.
- In der Untersuchungshaft wurden bei ihm verbotene Gegenstände gefunden.
- Ein Privatgutachten, das der Beschuldigte selbst bezahlt hat, soll ein offizielles Gutachten anfechten.
- Die Rolle von Privatgutachten und Wahlverteidigern im Strafverfahren wird diskutiert.
Details des Vorfalls in Binningen
Im Februar 2024 ereignete sich in einem Haus am Binninger Villenhügel eine schwere Straftat. Ein 42-jähriger Mann soll dort seine Ehefrau, eine ehemalige Miss-Schweiz-Kandidatin, getötet und ihre Leiche anschliessend zerstückelt haben. Diese brutale Tat erregte international grosse Aufmerksamkeit. Bereits im September des Vorjahres gelangten erste Details an die Öffentlichkeit. Dies geschah, als der Beschuldigte eine Beschwerde gegen die Verlängerung seiner Untersuchungshaft vor das Bundesgericht zog.
Im April dieses Jahres stellte der Schweizer erneut einen Antrag auf Haftentlassung. Ein kürzlich veröffentlichtes Urteil des Kantonsgerichts Baselland vom Juni zeigt, dass dieser Antrag «zum wiederholten Mal» erfolglos blieb. Der Beschuldigte bleibt in Untersuchungshaft. Das Gericht begründete die fortgesetzte Haft auch mit Funden in seiner Zelle. Dort wurden eine Rasierklinge und ein zu einer Schlinge umfunktionierter Schnürsenkel entdeckt. Diese Gegenstände gelten als verbotene Waffen.
Faktencheck: Verbotene Gegenstände in Haft
- Rasierklinge: Kann als Waffe missbraucht werden.
- Schnürsenkel als Schlinge: Gilt als potenzielles Strangulationsmittel.
Rolle von Gutachten und Verteidigung
Das Kantonsgericht stützt seine Entscheidung zur Untersuchungshaft auf ein forensisch-psychiatrisches Gutachten. Dieses Gutachten attestiert dem Beschuldigten eine qualifizierte Wiederholungsgefahr. Der Beschuldigte versuchte, die Aussagekraft dieses offiziellen Gutachtens zu schwächen. Er beauftragte eine emeritierte Rechtsprofessorin mit einer methodenkritischen Beurteilung. Diese Expertin bezahlte er aus eigener Tasche. Auch in seinen Haftbeschwerden wurde er von einem Wahlverteidiger auf eigene Kosten vertreten. Der Beschuldigte gilt als wohlhabend.
"Das kann den Ausschlag geben", sagt der erfahrene Strafverteidiger Andreas Noll. Er betont die Bedeutung von Privatgutachten für die Verteidigung.
Laut bundesgerichtlicher Praxis haben solche Parteigutachten jedoch nur den Status einer Parteibehauptung. Ihnen wird die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit abgesprochen. Das Kantonsgericht erklärte in seinem Urteil, dass von einer Befangenheit ausgegangen wird. Der Privatgutachter wird schliesslich von der beschuldigten Person nach deren Kriterien ausgewählt. Deshalb haben solche Gutachten im Verfahren keinen direkten Beweiswert. Sie müssen jedoch von den Gerichten gewürdigt werden.
Kritik an der Justiz: Eine Zweiklassengesellschaft?
Strafverteidiger Andreas Noll kritisiert, dass es in der Justiz eine "Zweiklassen-Justiz" gebe. Er meint, dass arme Menschen oft nicht die wirksame Verteidigung erhalten, auf die sie ein Anrecht haben. Noll verneint, dass Reiche sich Vorteile erkaufen könnten. Er argumentiert vielmehr, dass Arme nicht die Möglichkeit haben, ein faires Verfahren zu erhalten. Die Europäische Menschenrechtskonvention garantiert das Recht auf eine wirksame Verteidigung. Für Noll gehört dazu auch die Einholung eines Parteigutachtens durch eine sachverständige Person sowie der notwendige zeitliche Aufwand.
Hintergrund: Amtliche vs. Wahlverteidigung
- Amtliche Verteidigung: Wird vom Staat gestellt und bezahlt, wenn sich eine Person keine Verteidigung leisten kann. Honorare können gekürzt werden.
- Wahlverteidigung: Wird von der beschuldigten Person selbst beauftragt und bezahlt. Ermöglicht oft eine intensivere Verteidigung, einschliesslich teurer Privatgutachten.
Noll sieht ein strukturelles Problem in der Strafjustiz. Gerichte kürzen oft die Honorare für die amtliche Verteidigung. "Das ist problematisch", sagt Noll. Es habe einen abschreckenden Effekt. Pflichtverteidiger überlegen sich dann im Voraus, wie viele Stunden sie in ein Mandat investieren dürfen. Noll selbst musste in den Basler "Nazifrei"-Prozessen auf Zehntausende Franken Honorar verzichten. Seine Hartnäckigkeit führte jedoch dazu, dass das Basler Appellationsgericht 13 Urteile gegen Demonstranten aufhob. Zudem ordnete es eine Untersuchung gegen die Polizei wegen des Gummischroteinsatzes an.
Stellungnahme der Staatsanwaltschaft und offene Fragen
Die Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft bestreitet, dass finanzielle Ressourcen den Ausgang eines Verfahrens beeinflussen könnten. Sprecherin Marilena Baiatu sagte: "Die gesetzlichen Bestimmungen zur Rechtsmitteltätigkeit im Strafverfahren sind für alle beschuldigten Personen gleich – unabhängig davon, ob sie amtlich oder von einer Wahlverteidigung verteidigt werden." Sie sehe keine Vor- oder Nachteile im Verlauf der Strafuntersuchung.
Strafverteidiger Noll widerspricht dem entschieden. Er bekräftigt, dass es eine "Zweiklassengesellschaft in der Justiz" gebe. Gerade weil Gerichte Honorare kürzen, sei eine wirksame Verteidigung nicht immer gewährleistet. Im "Ringen um die Wahrheit und das Recht" habe die Staatsanwaltschaft eine sehr mächtige Position. Die Behörde erhebt Beweise oder fordert, wie im Fall Binningen, das amtliche forensisch-psychiatrische Gutachten an. Dieses Gutachten stützte die Wiederholungsgefahr als Haftgrund.
Das Kräfteverhältnis im Verfahren wirke sich auch auf das Urteil aus, so Noll. Es sei zudem ein offenes Geheimnis, dass nicht alle Pflichtverteidiger mit gleichem Fleiss arbeiten und sich fachlich weiterbilden. "Manche machen nur das absolute Minimum", weiss Noll. Staatsanwaltschaft und Richter hätten dann ein leichtes Spiel. Beschuldigte seien einer Art Lotterie ausgesetzt, welchen Strafverteidiger sie zugelost bekommen.
Im Fall des Femizids von Binningen steht ein Urteil noch aus. Es gilt die Unschuldsvermutung. Das Strafverfahren steht kurz vor dem Abschluss. Ermittelt wird wegen vorsätzlicher Tötung und eventuell Mord. Die Staatsanwaltschaft werde aktiv über die Anklageerhebung informieren. Der Beschuldigte hat die Tötung seiner Ehefrau bereits zugestanden, wie aus Gerichtsakten hervorgeht. Bei der Gerichtsverhandlung wird es somit hauptsächlich um das Strafmass gehen.
Wichtige Zahlen und Fakten zum Fall
- Tatzeitpunkt: Februar 2024
- Alter des Beschuldigten: 42 Jahre
- Anzahl Kinder: 2
- Status des Verfahrens: Kurz vor Abschluss, Urteil steht aus
- Verfahrensgrund: Vorsätzliche Tötung, eventuell Mord





