In Birsfelden spitzt sich die Lage um das umstrittene Kamerasystem zur Verkehrsüberwachung zu. Mindestens acht Autofahrerinnen und Autofahrer wehren sich gegen die erhaltenen Bussen und ziehen ihre Fälle nun vor Gericht. Die Gemeinde Birsfelden hatte das System im September eingeführt, um den Schleichverkehr einzudämmen. Es erfasst alle Nummernschilder und büsst Fahrzeuge, die das Dorf ohne Bewilligung in weniger als 15 Minuten durchqueren. Dieses Vorgehen führt zu einer juristischen Prüfung der Gesetzeskonformität.
Wichtige Punkte
- Acht Autofahrende fechten Bussen aus Birsfelden gerichtlich an.
- Das Kamerasystem erfasst Nummernschilder und büsst schnelle Durchfahrten.
- Täglich wurden anfangs über 1000 Bussen ausgestellt.
- Die Rechtmässigkeit der Autoscanner wird gerichtlich geprüft.
- Die Gemeinde verzeichnete einen deutlichen Rückgang des Schleichverkehrs.
Streitpunkt Autoscanner: Ist die Methode legal?
Die Einführung des Kamerasystems in Birsfelden sorgte seit September für Aufsehen. Die Technologie erfasst Nummernschilder und misst die Durchfahrtszeit. Wer das Dorf zu schnell durchquert, erhält eine Busse. Diese Massnahme soll den unerwünschten Schleichverkehr durch die Quartierstrassen reduzieren. Die Kritik konzentriert sich nun auf die Frage, ob solche Autoscanner überhaupt eingesetzt werden dürfen.
Im Gegensatz zu herkömmlichen Radargeräten sind diese Systeme nicht von einer Bundesstelle geprüft. Dies könnte ein entscheidender Punkt in den bevorstehenden Gerichtsverfahren sein. Das Bundesamt für Strassen (ASTRA) äusserte bereits den Verdacht, dass Birsfelden mit diesem System eine Form des indirekten Roadpricings betreiben könnte. Dies würde die rechtliche Grundlage des Systems weiter infrage stellen.
Zahlen und Fakten
- Einführung: September dieses Jahres
- Regel: Durchfahrt unter 15 Minuten ohne Bewilligung führt zu Busse
- Anzahl Bussen (September): Über 1000 pro Tag
- Einnahmen (September): Mindestens 1 Million Franken (geschätzt)
- Anzahl Bussen (Oktober): Rückgang von 460 auf 185 pro Tag
- Bezahlte Bussen: 52 Prozent der ausgestellten Bussen
Verwaltung und Polizei unter Druck
Die hohe Anzahl der anfänglichen Bussen stellte die Gemeindeverwaltung und den Polizeiposten vor grosse Herausforderungen. Innerhalb kurzer Zeit wurden über 1000 Autofahrende täglich erwischt. Dies führte zu einem enormen Arbeitsaufwand. Der Polizeiposten stiess schnell an seine Kapazitätsgrenzen. Die Verwaltung sah sich gezwungen, ein spezielles Online-Formular für Reklamationen einzurichten, um die Flut an Anfragen zu bewältigen. Es wird sogar nach zusätzlichem Personal gesucht.
Martin Schürmann, Leiter der Gemeindeverwaltung Birsfelden, bestätigte die gerichtlichen Schritte. Er erklärte, dass acht Fälle explizit eine Überweisung an die Strafverfolgungsbehörde, sprich die Staatsanwaltschaft, gewünscht haben. Diese Fälle sollen bis zum 14. November an die Staatsanwaltschaft übergeben werden.
Hintergrund der Massnahme
Das Kamerasystem wurde in Birsfelden installiert, um den Schleichverkehr durch Wohngebiete zu reduzieren. Bewohnerinnen und Bewohner hatten sich zuvor über ein hohes Verkehrsaufkommen in den Quartierstrassen beschwert. Die Gemeinde erhoffte sich durch die Massnahme eine Verbesserung der Lebensqualität und mehr Sicherheit für Fussgänger und Velofahrer.
Erste Erfolge und anhaltende Kontroverse
Trotz des Widerstands und der juristischen Auseinandersetzungen scheint die Massnahme der Gemeinde erste Erfolge zu zeigen. Der Verkehr auf den Quartierstrassen ist laut Gemeindeverwaltung deutlich zurückgegangen. Dies war das primäre Ziel der Installation.
Gemeinderätin Désirée Jaun (SP) bestätigte eine Beruhigung der Lage. Die Zahl der täglichen Bussen sei im Oktober von 460 auf 185 gesunken. Dies deutet darauf hin, dass sich viele Autofahrende an die neue Regelung gewöhnt haben oder alternative Routen wählen. Dennoch bleibt die rechtliche Klärung der Systemeinsatzes abzuwarten. Die Gerichte müssen nun entscheiden, ob die Verkehrsanordnung gesetzeskonform ist und ob die verwendeten Autoscanner rechtlich zulässig sind.
"Uns sind acht Fälle bekannt, die explizit eine Überweisung an die Strafverfolgungsbehörde, sprich die Staatsanwaltschaft, gewünscht haben."
Finanzielle Auswirkungen für Birsfelden
Die Einführung des Kamerasystems hatte auch erhebliche finanzielle Auswirkungen für die Gemeinde. Im September, als täglich über 1000 Bussen ausgestellt wurden, könnten die Einnahmen aus den Bussen bei vier Arbeitswochen mit je fünf Tagen mindestens eine Million Franken betragen haben. Bisher wurden 52 Prozent der Bussen bezahlt. Diese Einnahmen helfen der Gemeinde, die Kosten für die Installation und den Betrieb des Systems zu decken, aber sie zeigen auch das Ausmass des Schleichverkehrs vor der Einführung der Massnahme.
Blick in die Zukunft: Präzedenzfall für andere Gemeinden?
Die gerichtliche Klärung in Birsfelden könnte einen Präzedenzfall für andere Schweizer Gemeinden schaffen. Viele Kommunen kämpfen ebenfalls mit Schleichverkehr und suchen nach effektiven Lösungen. Die Entscheidung der Gerichte wird zeigen, welche Technologien zur Verkehrsüberwachung rechtlich zulässig sind und welche Grenzen dem Einsatz solcher Systeme gesetzt sind. Es bleibt spannend, wie sich die Situation in Birsfelden weiterentwickeln wird und welche Auswirkungen dies auf die Verkehrspolitik in der Schweiz haben wird.





