Die Zürcher Wohnungspolitik stand am Montag erneut im Fokus des Kantonsrats. Die von Mieterverbänden lancierte «Wohnschutz-Initiative» sowie zwei Gegenvorschläge dazu lösten eine intensive Debatte aus. Trotz der Dringlichkeit des Themas wurde noch kein endgültiger Beschluss gefasst.
Wichtige Punkte
- Die «Wohnschutz-Initiative» will Leerkündigungen und Luxussanierungen erschweren.
- Bürgerliche Parteien, Mitte und GLP lehnen die Initiative voraussichtlich ab.
- Ein Gegenvorschlag der FDP, der Massenkündigungen regelt, hat gute Chancen.
- Die «Wohnungsinitiative» der Grünen fordert eine kantonale Anstalt für bezahlbaren Wohnraum.
- Auch zur «Wohnungsinitiative» gibt es einen Gegenvorschlag, der auf Rahmenbedingungen setzt.
Die «Wohnschutz-Initiative» im Detail
Die «Wohnschutz-Initiative», getragen vom Mieterinnen- und Mieterverband, zielt darauf ab, den Bestand an bezahlbarem Wohnraum im Kanton Zürich zu sichern. Sie fordert konkrete Massnahmen, um der Verdrängung von Mietern durch sogenannte Leerkündigungen und aufwendige Luxussanierungen entgegenzuwirken. Die Gemeinden sollen demnach weitreichende Möglichkeiten erhalten, um solche Praktiken zu erschweren oder gänzlich zu verhindern.
Ein zentraler Punkt der Initiative ist die Einführung einer Bewilligungspflicht für Abbrüche, Umbauten und Renovationen. Diese Regelung soll sicherstellen, dass bei Bauvorhaben der Erhalt von bezahlbarem Wohnraum Priorität hat. Die Befürworter sehen darin ein essenzielles Instrument, um dem angespannten Wohnungsmarkt entgegenzuwirken und die soziale Durchmischung in den Quartieren zu erhalten.
Faktencheck
- Die «Wohnschutz-Initiative» fordert eine Bewilligungspflicht für Bauvorhaben zur Erhaltung von bezahlbarem Wohnraum.
- Ziel ist es, Leerkündigungen und Luxussanierungen zu unterbinden.
Gegenvorschläge und politische Meinungsbilder
Die Debatte im Kantonsrat zeigte deutliche Fronten. Während die Initianten auf die Dringlichkeit von Massnahmen verweisen, sehen bürgerliche Parteien, die Mitte und die GLP die Vorschläge kritisch. Es zeichnet sich ab, dass diese Parteien gemeinsam die Ablehnung der Initiative empfehlen werden. Sie befürchten eine übermässige Regulierung des Immobilienmarktes und Eingriffe in das Eigentumsrecht.
Ein Gegenvorschlag der FDP stösst hingegen auf breitere Zustimmung. Dieser sieht vor, dass Eigentümer bei Bauvorhaben, die mehr als 20 Mietparteien betreffen, prüfen müssen, ob Kündigungen vermieden oder deren Anzahl reduziert werden können. Zudem sollen Massenkündigungen künftig zwölf Monate im Voraus angekündigt werden müssen. Dies würde den betroffenen Mietern mehr Zeit für die Wohnungssuche verschaffen.
«Wir müssen den Schutz der Mieter ernst nehmen, ohne den Wohnungsbau zu behindern. Der FDP-Gegenvorschlag bietet hier einen pragmatischen Weg», so ein Sprecher der bürgerlichen Fraktion während der Debatte.
Hintergrundinformationen
Der Zürcher Wohnungsmarkt gilt seit Jahren als einer der angespanntesten in der Schweiz. Steigende Mieten und fehlender bezahlbarer Wohnraum sind zentrale Herausforderungen für die Bevölkerung und die Politik.
Die «Wohnungsinitiative» der Grünen
Neben der «Wohnschutz-Initiative» wurde am Montag auch die «Wohnungsinitiative» der Grünen behandelt. Diese Initiative verfolgt einen noch umfassenderen Ansatz. Sie will Kanton und Gemeinden den Verfassungsauftrag erteilen, für ein ausreichendes und bedarfsgerechtes Wohnungsangebot zu sorgen. Ein weiterer Fokus liegt auf der Förderung ökologischer Bauweisen. Die Initiative wird von den Grünen, der SP und der AL unterstützt.
Ein Kernpunkt der «Wohnungsinitiative» ist die Gründung einer kantonalen öffentlich-rechtlichen Anstalt. Diese Institution soll günstige Wohnungen bereitstellen und gemeinnützige Wohnbauträger finanziell unterstützen. Vorgesehen ist ein Startkapital von 500 Millionen Franken für diese Anstalt. Die Befürworter sehen darin ein starkes Instrument zur Schaffung von gemeinnützigem Wohnraum.
Deutliche Mehrheit gegen die «Wohnungsinitiative»
Die «Wohnungsinitiative» hatte im Kantonsrat einen schweren Stand. Der Entscheid zum Eintreten auf den Gegenvorschlag fiel mit 113 zu 59 Stimmen deutlich aus. Auch hier wird erwartet, dass der Kantonsrat die Initiative selbst zur Ablehnung empfehlen wird, während der Gegenvorschlag Zustimmung finden dürfte.
Der Gegenvorschlag zur «Wohnungsinitiative» beauftragt Kanton und Gemeinden auf Verfassungsebene, günstige Rahmenbedingungen für ein «ausreichendes und bedarfsgerechtes Wohnungsangebot» zu schaffen. Der Regierungsrat soll diese Rahmenbedingungen innert drei Jahren konkretisieren und dem Kantonsrat zur Genehmigung vorlegen. Dies bedeutet einen weniger direkten Eingriff des Staates in den Wohnungsmarkt, sondern vielmehr eine Schaffung von Leitplanken für die Entwicklung.
Nächste Schritte im Gesetzgebungsprozess
Weder zur «Wohnschutz-Initiative» noch zur «Wohnungsinitiative» wurden am Montag endgültige Entscheidungen getroffen. Beide Themen gehen in eine zweite Lesung, die an einer der kommenden Sitzungen des Kantonsrats stattfinden wird. Erst dann wird über die Initiativen und die jeweiligen Gegenvorschläge abschliessend abgestimmt. Die Diskussionen zeigen jedoch bereits jetzt, dass der Weg zu einer Einigung im Bereich der Zürcher Wohnungspolitik weiterhin kontrovers bleibt.
Die politischen Parteien sind sich der Dringlichkeit des Themas bewusst, aber die Meinungen über die besten Lösungsansätze gehen weit auseinander. Es bleibt abzuwarten, welche der vorgeschlagenen Massnahmen letztlich eine Mehrheit finden und wie sich dies auf den angespannten Wohnungsmarkt im Kanton Zürich auswirken wird.





