In Basel entfacht eine intensive Debatte um die Zukunft des Roche Bau 52. Der Pharmakonzern plant den Abriss des Gebäudes, um Platz für Neubauten zu schaffen. Eine politische Kommission und verschiedene Interessengruppen fordern jedoch den Erhalt und die Sanierung des Bauwerks. Diese Diskussion beleuchtet das Spannungsfeld zwischen unternehmerischer Freiheit und dem Wunsch nach dem Bewahren historischer Bausubstanz in der Stadt.
Wichtige Punkte
- Roche plant den Abriss des Bau 52 für Neubauprojekte.
- Politische Kommission fordert den Erhalt und die Sanierung.
- Zwei Petitionen spiegeln die geteilte Meinung wider.
- Die Debatte berührt grundsätzliche Fragen der Stadtentwicklung und Wirtschaftspolitik.
- Unternehmerische Freiheit versus Denkmalschutz und Nachhaltigkeit.
Die Kontroverse um den Roche Bau 52
Der Roche Bau 52 steht im Mittelpunkt einer hitzigen Diskussion in Basel. Vor einem Monat schlug die Mehrheit der Bau- und Raumplanungskommission überraschend vor, das alte Roche-Gebäude zu erhalten. Dieser Vorschlag widerspricht dem von Roche und der Regierung erarbeiteten Bebauungsplan. Die Entscheidung löste eine politische Debatte aus, die weit über das Bauvorhaben hinausgeht.
Das Gebäude, das für viele als Zeuge vergangener Zeiten gilt, ist für Roche ein Objekt, das einem innovativen Neubau weichen soll. Die Argumente für und gegen den Abriss sind vielfältig und spiegeln unterschiedliche Prioritäten wider.
Zwei Petitionen, zwei Positionen
Die öffentliche Diskussion manifestiert sich in zwei Petitionen. Eine wurde von Architekten, Denkmalpflegern und Stadtentwicklern ins Leben gerufen. Sie fordert eine nachhaltige Sanierung und Umnutzung des Gebäudes anstelle eines Abrisses. Ihr Slogan lautet: «Innovation ist Renovation, nicht Abbruch!» Die Initiatoren sehen den Bau 52 als schützenswert.
Die zweite Petition stammt von der FDP Basel-Stadt. Sie befürwortet den Abriss. Die Liberalen argumentieren, dass der Erhalt des Gebäudes nur mit tiefgreifenden Eingriffen in die Substanz möglich wäre. Dies sei weder wirtschaftlich noch klimapolitisch sinnvoll. Mehrere unabhängige Gutachten hätten die Schutzfähigkeit klar verneint. Die FDP plädiert für den Abriss, um Platz für Neues zu schaffen.
«Innovation ist Renovation, nicht Abbruch!» – Slogan der Petition für den Erhalt des Bau 52.
Faktencheck
- Der Bau 52 ist über 50 Jahre alt.
- Die Bau- und Raumplanungskommission stimmte mehrheitlich für den Erhalt.
- Zwei Petitionen mit gegensätzlichen Zielen liegen vor.
- Roche plant eine Investition in die Zukunft des Standorts.
Wirtschaftliche Interessen und politische Weitsicht
Die Debatte um den Bau 52 ist exemplarisch für eine grössere Frage in Basel: Wie viel Entgegenkommen soll der Kanton den Pharmaunternehmen zeigen? Die Pharmaindustrie ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Region. Sie trägt massgeblich zum Wohlstand bei. Gleichzeitig gibt es kritische Stimmen, insbesondere von linker Seite, die eine zu starke Abhängigkeit oder eine Bevorzugung der Unternehmen hinterfragen.
Die bürgerlichen Parteien betonen die Notwendigkeit, die Pharmaunternehmen am Standort zu halten. Dies ist angesichts drohender US-Zölle und der Diskussion um Abwanderung nicht unbegründet. Sie sehen den Abriss und Neubau als notwendigen Schritt für die Wettbewerbsfähigkeit und die Schaffung neuer Wachstumsstrategien.
Hintergrund: Basels Beziehung zur Pharma
Basel ist ein globaler Hub für die Pharmaindustrie. Unternehmen wie Roche und Novartis prägen das wirtschaftliche und soziale Gefüge der Stadt. Die Stadt profitiert von hohen Steuereinnahmen und zahlreichen Arbeitsplätzen. Dies führt oft zu einer Abwägung zwischen unternehmerischen Bedürfnissen und städtischen Interessen, insbesondere bei Bau- und Entwicklungsprojekten.
Nachhaltigkeit und Modernität
Ein zentrales Argument der Befürworter des Erhalts ist die Nachhaltigkeit. Sie sehen in der Sanierung eine klimafreundlichere Lösung als in einem Neubau, der zusätzliche Ressourcen verbraucht und Emissionen verursacht. Das Bewahren alter Bausubstanz wird als innovative und zukunftsweisende Strategie dargestellt.
Die Gegner des Erhalts hingegen argumentieren, dass eine Sanierung des Bau 52 zu aufwendig und unwirtschaftlich wäre. Sie betonen, dass ein Neubau modernsten Standards entspricht und eine effizientere Nutzung des Raumes ermöglicht. Dies sei entscheidend für die zukünftige Entwicklung des Unternehmens und des Standorts.
Die Frage, ob eine Stadt aus nostalgischen Gründen am Alten festhalten oder den Wandel zulassen soll, ist fundamental. Dies gilt insbesondere, wenn es um private Unternehmen und deren Investitionen in die Zukunft geht. Regierungsrat Kaspar Sutter (SP) äusserte sich dazu in der bz:
«Wenn Bebauungspläne einseitig durch den Kanton festgelegt werden, dann besteht die Gefahr, dass am Ende gar nichts Neues entsteht.»
Sutter betont die Wichtigkeit, dass sich Roche in Basel entwickeln kann. Er stellt sich damit klar auf die Seite der Abrissbefürworter. Die Stadt muss einen Weg finden, ihren Bewohnern sowohl architektonische Entwicklung als auch unternehmerische Freiheit zu ermöglichen.
Lehren aus der Vergangenheit
Es ist bemerkenswert, dass diese Debatte über einen möglichen Abriss genau 50 Jahre nach der Sprengung des alten Basler Stadttheaters aufkommt. Damals wich das Theater unter lautem Protest einem Neubau, der vielen zunächst als hässlicher Betonklotz erschien. Die Regierung setzte damals Fakten. Der Entscheid des Bundesgerichts stand noch aus.
Heute rät niemand Roche, ihr Gebäude heimlich zu sprengen. Doch die Parallele zeigt: Städte und ihre Bewohner müssen sich immer wieder an Entwicklungen anpassen. Wenn kein Raum für Veränderungen und unternehmerische Freiheit geschaffen wird, suchen Unternehmen diesen Raum anderswo. Der alte Spruch, wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit, war selten passender.
Dies hat nichts mit einem vermeintlichen Einknicken vor der Pharmaindustrie zu tun. Es geht vielmehr um politische Weitsicht. Die Stadt Basel steht vor der Herausforderung, eine Balance zwischen Tradition, Nachhaltigkeit und wirtschaftlicher Dynamik zu finden. Die Entscheidung über den Bau 52 wird ein wichtiges Signal für die zukünftige Ausrichtung der Stadt sein.
- 50 Jahre früher: Sprengung des alten Basler Stadttheaters trotz Protesten.
- Aktuelle Situation: Politische und öffentliche Debatte um den Bau 52.
- Zukunftsfrage: Wie Basel unternehmerische Entwicklung und Stadtbild in Einklang bringt.
Die Diskussion um den Bau 52 ist somit mehr als nur eine Frage der Baukultur. Sie ist eine Standortfrage, eine Frage der wirtschaftlichen Zukunft und der Identität Basels. Eine Entscheidung, die sowohl ökonomische Notwendigkeiten als auch ökologische und kulturelle Werte berücksichtigen muss.