Die Spielgruppen in Basel-Stadt stehen vor erheblichen Herausforderungen. Viele der rund 50 Einrichtungen kämpfen um ihre Existenz oder mussten bereits ihr Angebot reduzieren. Der Hauptgrund liegt in der verstärkten finanziellen Unterstützung für Kindertagesstätten (Kitas) durch den Kanton, die Eltern zunehmend dazu bewegt, Kitas gegenüber Spielgruppen zu bevorzugen.
Wichtige Punkte
- Spielgruppen in Basel-Stadt sind zunehmend unter Druck.
- Kantonale Subventionen für Kitas machen diese für Eltern attraktiver.
- Spielgruppen fordern Anerkennung als Vorstufe zum Kindergarten.
- Die frühe Deutschförderung ist ein wichtiger Beitrag der Spielgruppen.
- Ein neues Finanzierungsmodell wird politisch gefordert.
Kitas gewinnen an Attraktivität
Seit dem 1. August 2024 profitieren Eltern in Basel-Stadt von einem Massnahmenpaket des Regierungsrates. Dieses bietet eine starke finanzielle Unterstützung für die Betreuung ihrer Kinder in Kindertagesstätten und Tagesfamilien. Dieser Schritt hat die Wettbewerbsfähigkeit der Spielgruppen erheblich beeinträchtigt. Eltern, die auf eine längere Betreuungszeit angewiesen sind, wählen oft die Kita.
Theres Hammel, Co-Leiterin der Spielgruppe Seifiblootere in der Breite, betont die unterschiedliche Rolle: «Unsere Einrichtung ist nicht primär dazu gedacht, Eltern bei der Erwerbsarbeit zu entlasten, sondern die Begegnungs- und Erfahrungswelt der Kinder zu erweitern.»
Faktencheck
- Rund 50 Spielgruppen gibt es in Basel.
- Viele davon sind nicht mehr ausgelastet.
- Das kantonale Massnahmenpaket zur Kita-Subventionierung trat am 1. August 2024 in Kraft.
Unterschätzte Bedeutung und fehlende Wertschätzung
Spielgruppenleiterinnen fühlen sich enttäuscht. Sie leisten wichtige Integrationsarbeit, insbesondere durch die frühe Deutschförderung. Viele Kinder mit Migrationshintergrund oder aus Expat-Familien besuchen Spielgruppen, um Deutschkenntnisse zu erwerben. Trotz dieses staatlichen Lehrauftrags fehlt es an Wertschätzung und finanzieller Absicherung.
«Spielgruppen haben keine Lobby und kämpfen seit vielen Jahren auf verlorenem Posten», sagt Betina Eriksen, Co-Leiterin der Spielgruppe Seifiblootere und Geschäftsleiterin des Dachverbands Basler Spielgruppen.
Sie kritisiert, dass das neue Tagesbetreuungsgesetz die Situation noch prekärer gemacht hat. Der Kanton fokussiere sich primär auf die Schaffung weiterer Kita-Plätze, um die Erwerbstätigkeit der Eltern zu fördern. Die Spielgruppen, die eine andere, aber ebenso wichtige Funktion erfüllen, geraten dabei ins Hintertreffen.
Spielgruppe als Vorkindergarten?
Der Dachverband Basler Spielgruppen fordert, dass Spielgruppen unter das Bildungsdach aufgenommen werden. Das Ziel ist klar: Alle Kinder sollen, wenn die Eltern dies wünschen, kostenlos eine Spielgruppe besuchen können. Dies würde die Spielgruppe als offizielle Vorstufe zum Kindergarten etablieren. Für einen Grossteil der Basler Kinder beginnt die schulische Bildungsbiografie bereits mit dem Eintritt in die Spielgruppe, insbesondere durch die frühe Deutschförderung.
Historischer Kontext
Die Idee einer Integration der Spielgruppen in das Bildungssystem ist nicht neu. Bereits 2007 lancierte der heutige Bildungsdirektor Mustafa Atici als SP-Grossrat eine Motion zur Einführung von Vorkindergärten in Basel-Stadt. 2019 fragte er in einer Interpellation, ob eine finanzielle Unterstützung für den Spielgruppenbesuch auf alle Kinder ausgeweitet werden könnte.
Fragile finanzielle Lage
Die finanzielle Situation vieler Spielgruppen ist äusserst angespannt. Sie sind oft als Vereine oder KMU organisiert und müssen Mieten und Löhne selbst tragen. Die Planungssicherheit ist gering, da sie oft erst kurz vor Beginn des Schuljahres erfahren, wie viele Kinder ihre Angebote nutzen werden.
Nicole Brütsch, Spielgruppenleiterin im Kindsgi Glaibasel, bestätigt die Schwierigkeiten: «Es ist für uns Spielgruppen finanziell zurzeit schwierig, über die Runden zu kommen.» Auch sie wünscht sich eine Integration in die obligatorische Schule, sieht dies aber noch in weiter Ferne.
Die Kosten für Selbstzahler betragen in der Spielgruppe Seifiblootere 12 Franken pro Stunde und Kind. Das sind immerhin 1440 Franken pro Jahr für einen halben Tag Spielgruppe pro Woche. Kinder, die im Rahmen der frühen Sprachförderung die Spielgruppe besuchen, zahlen nichts. Für sie übernimmt der Kanton einen Betrag von 16.30 Franken pro Stunde.
Politische Forderungen und kantonale Haltung
In der Politik regt sich Widerstand gegen die aktuelle Situation. SP-Grossrätin Franziska Roth und SVP-Grossrätin Jenny Schweizer haben gemeinsam eine Motion eingereicht. Sie fordern ein neues Finanzierungsmodell, das den Spielgruppenbesuch für alle Familien gerecht und finanziell attraktiv macht. Diese parteiübergreifende Initiative zeigt die breite Unterstützung für das Anliegen.
Das Erziehungsdepartement zeigt sich jedoch zurückhaltend. Mediensprecherin Charlotte Staehelin erklärt: «Im Vorschulbereich gibt es einzig bei der Frühen Deutschförderung ein Obligatorium. Alle Kinder, die kein oder nur wenig Deutsch sprechen, müssen in Basel-Stadt im Jahr vor dem Kindergarten mit dem Deutschlernen beginnen. Darüber hinaus gibt es kein Obligatorium vor dem Eintritt in den Kindergarten. Es ist auch keines vorgesehen.»
Es bleibt offen, ob der Bildungsdirektor Atici seine früheren Ideen für einen kostenlosen Spielgruppenbesuch für alle Kinder wieder aufgreifen wird. Ebenso unklar ist, ob eine solche Massnahme die Nachfrage nach Spielgruppen wieder ankurbeln könnte oder ob die umfassenderen Betreuungsangebote der Kitas den heutigen Bedürfnissen der Eltern besser entsprechen.
- 12 Franken pro Stunde zahlen Selbstzahler.
- 1440 Franken pro Jahr kostet ein halber Tag Spielgruppe pro Woche.
- 16.30 Franken pro Stunde zahlt der Kanton für Kinder der frühen Sprachförderung.





