Nach zwei Jahren des Wartens und zahlreicher bürokratischer Hürden konnte ein Palästinenser namens Marwan seine Familie aus dem Gazastreifen sicher nach Basel bringen. Diese Geschichte ist ein seltenes Beispiel für eine gelungene Familienzusammenführung in einem restriktiven Schweizer Asylsystem, das humanitäre Visa und Familiennachzüge nur selten gewährt.
Wichtigste Punkte
- Marwans Familie konnte nach zwei Jahren Krieg aus Gaza nach Basel einreisen.
- Die Schweiz handhabt humanitäre Visa und Familiennachzüge sehr restriktiv.
- Politischer und zivilgesellschaftlicher Druck spielte eine entscheidende Rolle.
- Die Geschichte ist eine Ausnahme und keine statistische Vergleichbarkeit vorhanden.
Ein langer Weg zur Sicherheit
Marwan, dessen Nachname aus Sicherheitsgründen nicht genannt wird, lebt seit 2024 in der Schweiz. Er kam ursprünglich mit einem medizinischen Visum ins Land, da seine Schwester Manal an Leukämie erkrankt war und er als potenzieller Rückenmarkspender infrage kam. Seine Familie, bestehend aus seiner Frau und seinen Kindern, war jedoch weiterhin im umkämpften Gazastreifen gefangen.
Der Kampf um die Familienzusammenführung dauerte zwei lange Jahre. Viele Monate waren geprägt von Unsicherheit und dem ständigen Bangen um das Leben seiner Angehörigen. Die bürokratischen Hürden in der Schweiz sind für solche Fälle besonders hoch, da das Asylsystem als eines der restriktivsten in Westeuropa gilt.
Faktencheck: Schweizer Asylsystem
- Die Schweiz vergibt humanitäre Visa und Familiennachzüge seltener als andere westeuropäische Länder.
- Das Recht auf Familienleben ist in der Bundesverfassung verankert, wird aber oft restriktiv ausgelegt.
Herausforderungen und politischer Druck
Die Situation im Gazastreifen ist seit Langem prekär. Die humanitäre Katastrophe ist offensichtlich. Trotzdem zeigte sich die Schweiz bei der Aufnahme von Menschen aus dem Konfliktgebiet lange Zeit zurückhaltend. Erst nach erheblichem politischen Druck auf nationaler und kantonaler Ebene wurden im vergangenen Oktober 20 Kinder, die dringend medizinische Hilfe benötigten, zusammen mit ihren Angehörigen aufgenommen.
Dieser kleine Akt der Menschlichkeit löste jedoch umgehend eine Debatte aus. Die politische Rechte befürchtete den Untergang der christlich-jüdischen Tradition, sollten diese Menschen in der Schweiz bleiben. Solche Diskussionen lenken oft von der eigentlichen Notlage der Einzelnen ab.
"Religionen und ihre Werte wurden einmal mehr und inzwischen fast selbstverständlich gegeneinander ausgespielt."
Zivilcourage und Hartnäckigkeit zahlen sich aus
Der Fall Marwan zeigt, dass Hartnäckigkeit und zivilgesellschaftliches Engagement entscheidend sein können. Freundinnen und Freunde aus Basel, die Marwan in einem Gartenprojekt kennengelernt hatte, sowie Mitglieder seiner Familie gaben die Hoffnung nie auf. Sie setzten sich an verschiedenen Fronten für ihn ein. Sie erkannten, dass Hoffnung nicht die Überzeugung ist, dass alles gut wird, sondern der Antrieb, dafür zu kämpfen, wofür es sich zu kämpfen lohnt.
Diese Unterstützung war entscheidend, da das Schweizer System oft auf lokale Helfer angewiesen ist, um die komplexen Verfahren zu navigieren. Die Familie ist nun endlich in Sicherheit angekommen, ein Happy End, das vielen anderen verwehrt bleibt.
Hintergrund: Palästina und die Schweiz
Palästina wird von der Schweiz nicht als eigenständiger Staat anerkannt. Dies führt dazu, dass keine spezifischen Statistiken über Asylgesuche von Palästinenserinnen und Palästinensern oder über Familiennachzüge aus dieser Region erfasst werden. Dies erschwert die Vergleichbarkeit und Transparenz der Fälle erheblich.
Die Ausnahme, nicht die Regel
Marwans Geschichte bleibt eine Ausnahme. Es gibt nur wenige vergleichbare Fälle. Die Schweiz betont zwar gerne ihre humanitäre Tradition, doch die tatsächlichen Taten bleiben oft begrenzt. Auch nachdem die UNO-Kommission Israel im vergangenen September Genozid im Gazastreifen vorgeworfen hatte, gab es keine signifikante Änderung in der Aufnahmepolitik.
Die Ankunft von Marwans Familie lindert das Leid im Nahen Osten nicht grundlegend. Derzeit deutet wenig darauf hin, dass künftig mehr Menschen aufgenommen werden. Damit bleibt die Hilfe vor Ort ein zentraler Aspekt, auch wenn Kürzungen der Gelder für Entwicklungszusammenarbeit dieser Absicht entgegenwirken.
Ein Gebot der Stunde
Die menschliche Katastrophe im Gazastreifen erfordert sofortiges Handeln. Verantwortung zu übernehmen, ist nicht nur ein moralisches Gebot, sondern auch eine Notwendigkeit in der aktuellen Lage. Niemand sollte hinterfragen müssen, ob Hilfe angebracht ist oder nicht. Sie ist angebracht.
Die Schweiz muss die Möglichkeiten innerhalb des Gesetzesrahmen voll ausschöpfen, um in humanitären Krisen zu helfen. Der Fall Marwan zeigt, dass es Wege gibt, wenn der Wille dazu vorhanden ist und Zivilcourage mobilisiert wird. Doch das System sollte auch für jene funktionieren, die keine lokalen Unterstützer haben.





