In Basel entbrennt eine lebhafte Debatte über die Zukunft der Innenstadt. Eine neue Volksinitiative mit dem Titel «Go Basel Go» fordert, die Trams aus dem Zentrum zu verbannen, um mehr Raum für Fussgänger und ein «Dolce Vita»-Gefühl zu schaffen. Kritiker hinterfragen die Machbarkeit und die tatsächlichen Auswirkungen auf das städtische Leben.
Wichtige Punkte
- Die Initiative «Go Basel Go» strebt eine tramfreie Innenstadt an.
 - Befürworter erhoffen sich ein lebendigeres, mediterranes Flair.
 - Kritiker sehen die Innenstadt bereits jetzt als zu ruhig und befürchten weitere Isolation.
 - Verkehrsverlagerung auf den Petersgraben wird als problematisch betrachtet.
 - Grosse Bauprojekte stossen in Basel zunehmend auf Widerstand.
 
Die Vision: Dolce Vita in Basels Zentrum
Die Initianten der Bewegung «Go Basel Go» verfolgen das Ziel, die Basler Innenstadt von Tramlinien zu befreien. Sie stellen sich vor, dass durch das Entfernen der Trams eine Art «grüne Wand» durchbrochen wird. Dies soll der Stadt ein pulsierendes, fast italienisches Flair verleihen. Die Idee ist, dass die Menschen in einer autofreien Zone ungehinderter flanieren, verweilen und das Leben geniessen können, ähnlich einer Piazza in Italien.
Diese Vision verspricht eine belebtere Atmosphäre und mehr Aufenthaltsqualität. Es geht darum, den öffentlichen Raum neu zu gestalten und ihn den Fussgängern zurückzugeben. Die Hoffnung ist, dass Geschäfte, Cafés und Restaurants von einem erhöhten Publikumsverkehr profitieren.
Faktencheck
- Die Freie Strasse wurde bereits teilweise verkehrsberuhigt.
 - Trotzdem bleibt die Frequenz dort nach Ladenschluss oft gering.
 - Die Initiative zielt auf eine umfassendere Tramfreiheit im Herzen Basels ab.
 
Die Realität: Eine stille Innenstadt?
Einige Beobachter sehen die aktuelle Situation in der Innenstadt anders. Sie beschreiben die Bereiche, die bereits jetzt weitgehend tramfrei sind, als eher ruhig, besonders nach Ladenschluss. Selbst während Grossveranstaltungen wie der Herbstmesse herrsche in den betroffenen Zonen nicht das erhoffte «Dolce Vita»-Gefühl. Stattdessen verlagere sich das lebhafte Treiben in andere Quartiere wie die Steinenvorstadt oder das Kleinbasel, wo die Trams weiterhin verkehren.
Diese kritische Einschätzung deutet darauf hin, dass die blosse Entfernung von Trams nicht automatisch zu einem pulsierenden Stadtleben führt. Es braucht möglicherweise weitere Massnahmen, um die Innenstadt attraktiv zu machen und Menschen zum Verweilen zu animieren.
«Ich bin als BVB-Schichtarbeiter fast zu jeder Tages- und Nachtzeit in der City unterwegs. Und wenn es nach Ladenschluss trotz vielen Beizen eine wirklich tote Zone gibt, dann ist es genau die, die nun trambefreit werden soll.»
Verkehrsverlagerung: Petersgraben als neue Route
Ein zentraler Bestandteil der Initiative ist die Umleitung der Trams. Der Petersgraben ist als Hauptroute für den zukünftigen Tramverkehr vorgesehen. Dies wirft jedoch Fragen auf. Der Petersgraben ist bekannt für seine ruhige Atmosphäre und wird aktuell vom Bus 34 befahren, der als nahezu geräuschlos beschrieben wird. Die Vorstellung, dass dort in Zukunft Trams im Minutentakt verkehren, stösst auf Skepsis.
Die Verlagerung des Verkehrs würde nicht nur das Erscheinungsbild, sondern auch die Geräuschkulisse und die allgemeine Aufenthaltsqualität am Petersgraben massgeblich verändern. Es stellt sich die Frage, ob die Schaffung einer «tramfreien» Zone an einem Ort nicht einfach zu einer neuen Belastung an einem anderen führt.
Hintergrundinformationen
Grosse Infrastrukturprojekte, wie das sogenannte «Herzstück»-Bahnprojekt, sind in der Schweizer Politik oft langwierig und kostenintensiv. Solche Mammutprojekte stossen zunehmend auf Widerstand und werden immer wieder verzögert oder ganz verworfen. Die Erfahrungen zeigen, dass die Akzeptanz für aufwendige Bauvorhaben in der Bevölkerung sinkt.
Widerstand gegen neue Bauprojekte
Ein weiteres Problem für die Umsetzung der Initiative ist die allgemeine Abneigung gegen grosse Bauprojekte in Basel. Die Stadt hat in den letzten Jahren zahlreiche Baustellen erlebt, und die Bevölkerung scheint der ständigen «Baggerei, Buddelei und Bauerei» müde zu sein. Politiker sind sich bewusst, dass Baustellen kaum Wählerstimmen gewinnen.
Dies könnte die Umsetzung der notwendigen Infrastrukturarbeiten für die Tramverlagerung erheblich erschweren und verzögern. Die Idee, den Petersgraben für den Tramverkehr umzubauen, würde umfangreiche Bauarbeiten erfordern, die auf wenig Gegenliebe stossen dürften.
- Bestehende Buslinien am Petersgraben sind leise.
 - Trams im Minutentakt würden die Ruhe stören.
 - Bauarbeiten für eine neue Tramstrecke sind aufwendig.
 
Frühere Erfahrungen mit Tramfreiheit
Bereits vor einigen Wochen gab es in Basel eine unfreiwillige «tramfreie» Phase. Wegen Bauarbeiten mussten die Trams wochenlang die Innenstadt meiden. Entgegen der Erwartung, dass dies zu einem Gefühl von «Dolce Vita» führen würde, stiess die Situation auf grossen Unmut. Viele Basler äusserten Kritik und riefen «Das goot doch nit», was die Schwierigkeit zeigt, solche Veränderungen in der Praxis umzusetzen.
Diese Erfahrung deutet darauf hin, dass die Bevölkerung die Trams in der Innenstadt nicht unbedingt als störend empfindet, sondern vielmehr als notwendigen Bestandteil des öffentlichen Nahverkehrs. Eine dauerhafte Entfernung könnte mehr Probleme schaffen als lösen.
Öffentliche Meinung
Die temporäre Tramfreiheit im Sommer führte zu grosser Kritik statt zu Freude über ein neues Stadtgefühl. Dies zeigt, dass die Akzeptanz für solche Massnahmen in der Bevölkerung nicht selbstverständlich ist.





