Der Grosse Rat des Kantons Basel-Stadt hat einen wegweisenden Beschluss gefasst: Künftig sollen Unternehmen mit mindestens 50 Mitarbeitenden die Steuern direkt vom Lohn ihrer Angestellten abziehen können. Dieser Schritt, eine Schweizer Premiere, zielt darauf ab, Steuerschulden zu reduzieren und die Steuererhebung zu vereinfachen.
Wichtige Erkenntnisse
- Basel-Stadt führt als erster Kanton den direkten Steuerabzug vom Lohn ein.
- Gilt für Unternehmen ab 50 Mitarbeitenden.
- Der Abzug ist für Arbeitnehmende freiwillig und kann abgelehnt werden.
- Der Beschluss ist ein Erfolg für linke Parteien.
- Ein Referendum gegen den Grossratsbeschluss ist noch möglich.
Ein Novum in der Schweizer Steuerlandschaft
Der Entscheid des Basler Parlaments vom Mittwoch markiert eine bedeutende Veränderung. Erstmals in der Schweiz wird ein Kanton Unternehmen die Möglichkeit geben, Steuern direkt vom Gehalt ihrer Angestellten abzuziehen. Die Regelung betrifft Arbeitnehmende, die sowohl ihren Wohnsitz als auch ihren Arbeitsplatz im Kanton Basel-Stadt haben.
Dieser Schritt soll die pünktliche Zahlung von Steuern fördern und die Entstehung von Steuerschulden verhindern. Die Einführung eines solchen Systems wurde auf nationaler Ebene bereits diskutiert, scheiterte aber zuletzt im Ständerat. Basel-Stadt geht nun einen eigenen Weg.
Faktencheck
- 49 zu 48 Stimmen: So knapp fiel die Entscheidung im Grossen Rat aus.
- 50 Mitarbeitende: Die Mindestgrösse für Unternehmen, die den Abzug anbieten müssen.
- Freiwilligkeit: Arbeitnehmende können sich explizit gegen den Abzug entscheiden.
Politischer Erfolg für die Linke
Der Beschluss ist ein bemerkenswerter Erfolg für die Sozialdemokratische Partei (SP) und ihre Initiative. Obwohl bürgerliche Parteien und Grünliberale im Grossen Rat eine knappe Mehrheit besitzen, konnte sich der Gegenvorschlag zur SP-Initiative durchsetzen. Zwei Abwesenheiten von Ratsmitgliedern spielten dabei eine entscheidende Rolle.
Der direkte Steuerabzug war ein zentrales Anliegen der SP. Sie argumentierte, dass dies zu einer gerechteren und effizienteren Steuererhebung führen würde. Die neue Regelung soll insbesondere Haushalten helfen, ihre Finanzen besser zu planen und unerwartete Steuernachforderungen zu vermeiden.
«Dieser direkte Abzug wird mittel- bis langfristig zu einer Reduktion der Steuerschulden und der Gesamtverschuldung führen.»
Die Rolle des Gutachtens
Einen wichtigen Einfluss auf die Abstimmung hatte ein Gutachten, das von Plusminus, der Budget- und Schuldenberatungsstelle Basel, in Auftrag gegeben wurde. Bruno Lötscher-Steiger, Grossrat der Mitte und Präsident von Plusminus, stellte sich in dieser Frage gegen seine bürgerlichen Ratskollegen.
Das Gutachten kam zum Schluss, dass ein direkter Steuerabzug «mittel- bis langfristig zu einer Reduktion der Steuerschulden und der Gesamtverschuldung» beitragen würde. Diese Einschätzung stützte die Argumentation der Befürworter.
Hintergrund der Debatte
In der Schweiz wird seit langem über die Vereinfachung der Steuererhebung diskutiert. Ein direkter Lohnabzug, ähnlich dem System in vielen anderen Ländern, soll die Steuerdisziplin erhöhen und Verwaltungskosten senken. Bislang ist die Schweiz jedoch am Prinzip der Eigenverantwortung und der jährlichen Steuererklärung festgehalten.
Ein nationaler Vorstoss für eine freiwillige Quellensteuer scheiterte 2023 im Ständerat. Kritiker befürchteten, dass nur finanziell stabile Personen diese Option nutzen würden, während diejenigen mit Problemen weiterhin in der Schuldenfalle blieben.
Freiwilligkeit als zentrales Element
Ein entscheidender Punkt des Basler Modells ist die Freiwilligkeit. Arbeitnehmende, die nicht möchten, dass ihre Steuern direkt vom Lohn abgezogen werden, können sich explizit dagegen entscheiden. Dies war ein wichtiger Kompromiss, um die Unterstützung im Parlament zu sichern und Bedenken hinsichtlich der persönlichen Freiheit zu zerstreuen.
Diese Option unterscheidet das Basler Modell von früheren nationalen Vorschlägen, bei denen die Freiwilligkeit teils kritisiert wurde. Es erlaubt den Bürgern, weiterhin die Kontrolle über ihre Steuerzahlungen zu behalten, bietet aber gleichzeitig eine einfachere Alternative für jene, die sie wünschen.
Was kommt als Nächstes? Das Referendum
Trotz des positiven Entscheids im Grossen Rat ist die Einführung des direkten Steuerabzugs noch nicht endgültig. Die SP prüft derzeit, ob sie ihre ursprüngliche Initiative zurückzieht und sich vollumfänglich auf den angenommenen Minderheitsantrag konzentriert.
Unabhängig davon besteht weiterhin die Möglichkeit eines Referendums gegen den Grossratsbeschluss. Dies würde bedeuten, dass die Basler Bevölkerung letztlich selbst über das neue Steuermodell abstimmen müsste. Es bleibt abzuwarten, ob politische Gegner diese Möglichkeit nutzen werden, um den Beschluss anzufechten.
- Nächster Schritt: Entscheidung der SP über den Rückzug ihrer Initiative.
- Mögliche Volksabstimmung: Ein Referendum kann den Beschluss noch kippen.
Die Einführung des direkten Steuerabzugs in Basel-Stadt könnte ein Modell für andere Kantone werden, sollte es sich bewähren. Der Kanton nimmt damit eine Vorreiterrolle in der Schweizer Steuerpolitik ein und testet einen Ansatz zur effektiveren Steuerschuldprävention.





