Bundesrat Albert Rösti hat in Basel die Erwartungen an das Grossprojekt «Herzstück» erneut gedämpft. Bei seinem ersten Auftritt an der Universität Basel betonte er, dass ein Budget von 14 Milliarden Franken für ein einzelnes Basler Vorhaben im Rahmen eines nationalen Bahnausbaus von 24 Milliarden Franken unrealistisch sei. Er sprach auch über die Notwendigkeit, über neue Atomkraftwerke zu diskutieren.
Wichtige Punkte
- Bundesrat Rösti sieht 14 Milliarden Franken für das Basler Herzstück als nicht realistisch an.
 - Er fordert eine offene Diskussion über den Bau neuer Atomkraftwerke in der Schweiz.
 - Das Gutachten von ETH-Professor Weidmann unterstützt den Rheintunnel, nicht primär das Herzstück.
 - 900 Millionen Franken sind für schienengebundene Agglomerationsprojekte vorgesehen.
 
Herzstück-Projekt: Hohe Kosten und langer Nutzenhorizont
Bundesrat Albert Rösti, Vorsteher des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek), äusserte sich am Montagabend in Basel deutlich zur Zukunft des sogenannten «Herzstücks». Das Projekt, welches eine unterirdische Bahnverbindung durch Basel vorsieht, ist seit Langem ein zentrales Thema in der regionalen Verkehrspolitik.
Rösti, der auf Einladung der Statistisch-Volkswirtschaftlichen Gesellschaft an der ältesten Universität der Schweiz sprach, wiederholte seine Skepsis. Er verwies auf ein kürzlich veröffentlichtes Gutachten von ETH-Professor Ulrich Weidmann, das er selbst in Auftrag gegeben hatte. Dieses Gutachten hatte die Hoffnungen der Basler Politik auf eine schnelle Realisierung des Herzstücks eher gedämpft.
«Bei einem – im Idealfall – 24-Milliarden-Budget für die Bahnen ist es nicht realistisch, 14 Milliarden allein für ein Basler Projekt einzuplanen, bei dem es viel zu lange geht, bis es einen Nutzen bringt.»
Bundesrat Albert Rösti
Diese Aussage unterstreicht die finanzielle Herausforderung, die das Herzstück für den Bund darstellt. Die Kosten von 14 Milliarden Franken für das Basler Projekt stehen im Verhältnis zu einem gesamten nationalen Bahnausbauprogramm von geschätzten 24 Milliarden Franken. Ein solches Ungleichgewicht in der Verteilung der Mittel sei aus seiner Sicht nicht tragbar.
Faktencheck Herzstück
Das «Herzstück» ist ein geplantes Bahnprojekt in Basel, das eine direkte unterirdische Verbindung zwischen dem Badischen Bahnhof und dem Bahnhof SBB schaffen soll. Ziel ist es, die Kapazität des regionalen und nationalen Bahnnetzes zu erhöhen und die Reisezeiten zu verkürzen.
Fokus auf Rheintunnel und Agglomerationsprojekte
Obwohl die Botschaft zum Herzstück ernüchternd war, gab es auch positive Signale für die Region. Bundesrat Rösti erwähnte, dass das Weidmann-Gutachten den Rheintunnel befürworte. Dies könnte für die Basler Politik als Teilerfolg gewertet werden, auch wenn die ursprünglichen Hoffnungen auf das Herzstück damit nicht erfüllt werden.
Ein weiterer Lichtblick sind die 900 Millionen Franken, die der Bundesrat für schienengebundene Agglomerationsprojekte in Aussicht stellte. Diese Investitionen könnten dazu beitragen, den öffentlichen Verkehr in der Region Basel zu stärken und die Anbindung der Agglomerationsgemeinden zu verbessern.
Die Basler Regierungsrätin Esther Keller und ihre Kollegen Anton Lauber, Isaac Reber und Kaspar Sutter, die dem Referat beiwohnten, dürften die Botschaft aufmerksam verfolgt haben. Auch Basels Ständerätin Eva Herzog und Nationalrätin Patricia von Falkenstein waren anwesend.
Energiepolitik: Debatte über neue Atomkraftwerke
Ein Grossteil von Röstis 38-minütigem Referat widmete sich der Energiepolitik, insbesondere der Stromversorgung im Winter. Er erinnerte an die kritische Lage in den Jahren 2022/23, als der Bundesrat eine Strommangellage ernsthaft befürchtete.
Nach einer Betrachtung der kurz- und mittelfristigen Perspektiven sprach Rösti die langfristige Strategie an. Er hält den Bau neuer Atomkraftwerke für mindestens möglich. Diese Aussage steht im Kontext des Volksentscheids von 2017 zum Atomausstieg, der unter «ganz anderen Umständen» zustande gekommen sei.
Hintergrund: Atomausstieg und Energiestrategie
Die Schweizer Stimmbevölkerung hat 2017 die Energiestrategie 2050 angenommen, die den schrittweisen Ausstieg aus der Atomenergie vorsieht. Seitdem liegt der Fokus auf erneuerbaren Energien und Energieeffizienz. Röstis Äusserungen deuten auf eine mögliche Neubewertung der Atomkraft im Kontext der aktuellen Energieversorgungssicherheit hin.
«Heute haben wir eine völlig andere Ausgangslage. Wir müssen in alle Richtungen offen sein», betonte der Bundesrat. Er forderte eine offene Diskussion über die Möglichkeit, neue AKW zu bauen. Diese Position dürfte in der energiepolitischen Debatte der Schweiz für weiteren Gesprächsstoff sorgen.
Beim anschliessenden «Flying Dinner» im Wildt’schen Haus, an dem neben Politikern auch wichtige Wirtschaftsvertreter wie Roche-Verwaltungsratspräsident Severin Schwan teilnahmen, wurden die Themen Bahnausbau und Atomkraftwerke sicherlich intensiv diskutiert.
Regionale Reaktionen und Ausblick
Die Reaktionen auf Röstis Ausführungen in der Region Basel dürften gemischt ausfallen. Während die Absage an das Herzstück eine Enttäuschung darstellt, könnten die zugesagten Mittel für Agglomerationsprojekte und die Debatte über den Rheintunnel neue Perspektiven eröffnen.
Die Forderung nach einer Diskussion über neue Atomkraftwerke wird ebenfalls polarisieren. Sie zeigt jedoch, dass die aktuelle Bundespolitik bereit ist, über alle Optionen zur Sicherung der Energieversorgung nachzudenken, auch wenn diese früheren politischen Entscheidungen entgegenstehen.
Die Verkehrsinfrastruktur und die Energieversorgung bleiben zentrale Herausforderungen für die Schweiz. Die jüngsten Äusserungen von Bundesrat Rösti verdeutlichen, dass pragmatische Lösungen gesucht werden, die die finanziellen Realitäten und die aktuellen Bedürfnisse berücksichtigen.
Die Diskussionen in Basel haben gezeigt, dass die Region weiterhin auf wichtige Infrastrukturprojekte hofft, aber auch die nationalen Prioritäten und Budgets respektieren muss. Der Dialog zwischen Bund und Region wird entscheidend sein, um gemeinsame Lösungen zu finden.





